Es ging nur um diesen einen Moment. Wer weiß schon, wie dieser 31. Drittliga-Spieltag weiter verläuft. Und dass die Tabelle nicht bald ohnehin gehörig durcheinander gewirbelt wird, ist, angesichts der unsicheren Lage beim insolventen Kontrahenten Türkgücü München, ohnehin nicht unwahrscheinlich. Trotzdem wäre es für die Würzburger Kickers so unendlich wichtig gewesen, einmal und sei es auch für ein paar Stunden, das Gefühl zu haben, einmal nicht auf einem Abstiegsplatz zu stehen. Zuletzt war das nach dem fünften Spieltag der Saison der Fall gewesen, als die Rothosen das einzige Mal in dieser Saison und übrigens auch der vorangegangenen Zweitliga-Saison über den Strich gesprungen waren. "Vielleicht waren wir selbst von der eigenen Courage überrascht, dass wir plötzlich den nächsten Schritt machen können" sagte Kickers-Trainer Ralf Santelli am Freitagabend nach der 0:1-Niederlage gegen Viktoria Köln.
Nach nun bald zwei Jahren am Stück im tiefsten Tabellenkeller hätte es schon eine große Symbolkraft gehabt, wenn die Kickers es geschafft hätten, die Abstiegsregion endlich mal zu verlassen. Voraussetzung dafür war freilich ein Heimsieg. Dass die Kölner nur eines der vorangegangenen fünf Drittliga-Spiele verloren hatten, dürfte bereits eine Warnung gewesen sein. Doch am Dallenberg herrschte bei Spielbeginn nach drei Pflichtspielsiegen in Serie zu Spielbeginn eine kaum zu überhörende Aufbruchsstimmung. So leidenschaftlich wie an diesem Abend wurden die Kickers schon lange nicht mehr vom Publikum unterstützt. Schon vor Spielbeginn hatte Trainer Ralf Santelli die Zuschauer klatschend zur Anfeuerung animiert.
Würzburger Kickers geraten gegen Viktoria Köln früh in Rückstand
Die Stimmung hat sich, das kann niemand leugnen, gedreht. Der Glaube, den Klassenerhalt doch noch schaffen zu können, war plötzlich wieder zu spüren, bekam nach sechs Minuten eine gehörige Delle. Ex-Erstliga-Akteur Marcel Risse hat ohnehin den Ruf, einer der besten Standardschützen der Liga zu sein. Und genau das stellte er bei einem Freistoß, den er vom linken Flügel in den Strafraum schlug, unter Beweis. Der Ball rauschte durch zu Moritz Fritz, der den Ball zunächst an die Latte lenkte, dann aber geistesgegenwärtig reagierte und den Abpraller selbst aus kurzer Distanz in den Kasten köpfte. Zuvor hatte allerdings ein Kölner im Abseits gestanden, das Tor war somit irregulär.
Der frühe Rückstand für die Kickers, die in der Startphase passiv und fahrig wirkten und stets schnell das Spielgerät wieder verloren. Die vielen langen Bälle fanden nur selten einen der Roten in der gegnerischen Hälfte. "Das war die schlechteste Anfangsphase, die ich, glaube ich, je erlebt habe. Wir sind überhaupt nicht in die Zweikämpfe gekommen", ärgerte sich Linksverteidiger Peter Kurzweg, der nach überstandener Covid-Erkrankung für den nun seinerseits Corona-positiven Louis Breunig in die Startelf rotiert war.
Die Kölner, bei denen der Ex-Würzburger Patrick Sontheimer im defensiven Mittelfeld agierte, hatten mit Fernschüssen von David Philipp und Jaml Siebert weitere gute Möglichkeiten, ehe die Santelli-Elf nach etwa 25 Minuten so langsam besser ins Spiel fand. Abwehrmann Christian Strohdiek hatte die beste Würzburger Chance vor der Pause. Doch sein Schuss wurde von Kölns Seokju Hong knapp vor der Torlinie per Kopf geklärt (34.).
Zuschauer am Würzburger Dallenberg zu Wiederanpfiff hoffnungsvoll
Als es in die Pause ging, hatten die 2643 Zuschauer die Hoffnung auf einen weiteren Kickers-Erfolg im Abstiegskampf noch längst nicht verloren. Schließlich hatten die Würzburger auch beim Toto-Pokal-Erfolg in Schweinfurt (4:1) und dem Liga-Sieg gegen Dortmund (3:1) zur Halbzeit mit 0:1 in Rückstand gelegen. Und mit Marvin Stefaniak saß ein Hoffnungsträger nach seiner Corona-Infektion zumindest wieder auf der Bank. Für einen längeren Einsatz reichten seine Kräfte allerdings nicht. Der Winter-Neuzugang wurde eine Viertelstunde vor Schluss eingewechselt. Kaum auf dem Platz führte er sich gleich mit einem starken Freistoß ein, den Kölns Keeper Moritz Nicolas grade noch mit den Fingerspitzen um den Pfosten lenkte.
Am Spielstand hatte sich bis dahin nichts geändert, weil Köln in Person von Yussuf Amyn kurz nach Wiederbeginn die Chance zum 2:0 vergab, als Kickers-Keeper Hendrik Bonmann im Eins-gegen-eins-Duell der Sieger blieb. Auf der anderen Seite lag der Ball sogar nach einem Kopfball von Fanol Perdedaj im Tor, doch der schwache Schiedsrichter Tobias Schults (Betzigau) versagte dem Treffer die Anerkennung. Ob Perdedaj tatsächlich im Abseits stand, war auch auf den Fernsehbildern nicht wirklich zu erkennen (52.). "Beide Torsituationen kannst oder musst du sogar anders herum geben", stellte Santelli fest: "Aber im Fußball kann man immer über bestimmte Situationen diskutieren."
Die Kickers erhöhten im gleißenden Flutlichtschein die Schlagzahl und hatten durch Marvin Pourié zwei gute Torchancen: In der 57. Minute traf er nach einem Alleingang nur das Außennetz des Kölner Tores. In der 80. Minute strich sein Kopfball nach einer Stefaniak-Hereingabe über das Tor. Doch diesmal sollte es nicht sein. Das Bemühen der Rothosen wurde nicht belohnt. Und so stehen sie auch nach 31 Saisonspielen dort, wo das Santelli-Team am Ende dieser Saison auf gar keinen Fall mehr verharren will: auf einem Abstiegsplatz. "Es wird sich am letzten oder vorletzten Spieltag entscheiden", zeigte sich Santelli auf der Pressekonferenz nach der Partie überzeugt. "Man darf auch nach diesem Spiel nicht übersehen, was wir schon erreicht haben."
1:0 für Köln irregulär da Ball mit dem Arm gespielt wurde ,wie bei Magenta TV deutlich zu sehen war u. zudem aus einer Abseitsstellung heraus erzielt wurde.
Ausgleich für die Kicker keine Abseitsposition sondern gleiche Höhe,...auch bei Magenta TV klar zu sehen u.somit ein einwandfrei erzieltes Tor.
In Wü sind immer die Schiris schuld, nie die eigene Mannschaft
Das bekannte Zitat des großen römischen Dichters Ovid passt heute leider zum Spiel der Kickers. Nach hilflosen zwanzig Anfangsminuten (folglich mit dem 0:1 bestraft) berappelte sich die Mannschaft allmählich, ohne jedoch einen Treffer zu erzielen.
Das änderte sich in der zweiten Halbzeit, als die Kickers gute Chancen hatten und durch Perdedaj ein eher korrektes Tor erzielten, als es das vom schwachen Schiedsrichter zugestande 1:0 der Gäste war. Aber aller Aufwand - vom Publikum frenetisch unterstützt - brachte keine Resultatänderung. Freilich waren die vielen technischen Fehler nach wie vor nicht zu übersehen. Einen Lichtblick brachte die Einwechselung Stefaniaks, der sofort gefährlich wurde und dem Aufbauspiel endlich Konturen verlieh.
So muss der Kickers-Elf mit Ovid zwar leidenschaftlicher Einsatz attestiert werden, die spielerischen Mittel blieben jedoch vielfach begrenzt. Bleibt die klamme Hoffnung auf den Klassenerhalt.
Egal, ändern kann man es eh nimmer. Mund abwischen und sich auf das Pokalspiel akribisch vorbereiten.
Erst mit Stefaniak kam Struktur ins Spiel der Kickers! Ansonsten erreichten diverse Spieler bei Weitem nicht ihre Normalform!