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Fußball
Bernd Hollerbach hofft auf den Würzburger Klassenerhalt: "Die Kickers waren immer Fighter"
Der beim belgischen Erstligisten VV St. Truiden unter Vertrag stehende Rimparer über die Chancen seines Ex-Klubs im Abstiegskampf, Felix Magath und Investorenklubs.
Der Mann mit der Mütze: Bernd Hollerbach gibt als Trainer der VV St. Truiden Anweisungen.
Foto: Vincent Van Doornick, Imago | Der Mann mit der Mütze: Bernd Hollerbach gibt als Trainer der VV St. Truiden Anweisungen.
Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:58 Uhr

Am vergangenen Wochenende bejubelte Bernd Hollerbach mit dem belgischen Erstligisten VV St. Truiden einen 1:0-Derbysieg beim KRC Genk. In den nächsten Wochen geht es für den Tabellenzehnten noch um den Sprung auf Platz acht und die Teilnahme an den Play-off-Spielen um die Teilnahme an der Europa Conference League. Seit vergangenen Sommer ist der 52-Jährige Chefcoach beim Klub aus der belgischen Provinz Limburg tätig, bei dem mit Ex-Dortmund-Spieler Shinji Kagawa auch ein aus der deutschen Bundesliga bestens bekannter Akteur spielt. Unsere Fragen zum Fußball im Nachbarland, dem Schicksal seines Ex-Klubs Würzburger Kickers und dem Berlin-Engagements seines einstigen Wegbegleiters und Mentors Felix Magath, dessen Co-Trainer Hollerbach einst war, hat der in Rimpar aufgewachsene gebürtige Würzburger schriftlich beantwortet.

Frage: Die Saison verlief für Ihren Klub bislang wechselhaft. Derzeit stehen Sie knapp hinter den Play-off-Rängen. Wie zufrieden sind Sie bislang mit dem Abschneiden?

Bernd Hollerbach: Die letzten zwei Jahre ist der Verein immer knapp am Abstieg vorbeigeschlittert, daher sind jetzt alle sehr zufrieden, dass wir jetzt sogar noch die Chance haben, in die Play-offs einzuziehen. Unser Ziel, den sicheren Klassenerhalt, haben wir bereits erreicht. Ich habe immer gesagt, wir wollen die Großen ärgern, das ist uns öfter gelungen (lacht).

Wie lange ist Ihre Mission dort angelegt? Wollen Sie längerfristig in St. Truiden arbeiten?

Hollerbach: Ich bin lange genug im Fußball, um zu wissen, dass man längerfristige Planungen selten selbst in der Hand hat. Jetzt bin ich hier, es läuft gut, was die Zukunft bringt, werden wir sehen.

Die belgische Nationalmannschaft sorgt seit Jahren für Furore. Wie ist das Niveau in der Liga?

Hollerbach: Die meisten belgischen Nationalspieler spielen in den Top-Ligen Europas. Die Jupiler Pro League hat ein sehr gutes Niveau, das sieht man auch bei den Spielen in den europäischen Wettbewerben. Top-Vereine wie RSC Anderlecht, Standard Lüttich, Club Brügge, KRC Genk oder Royal Antwerpen könnten sicherlich auch in der Bundesliga eine gute Rolle spielen.

Dass Sie im Winter den Ex-Dortmunder Shinji Kagawa verpflichtet haben, sorgte auch in Deutschland für Aufmerksamkeit. Wie kam es dazu, und warum kommt er bislang nur zu Teilzeiteinsätzen?

Hollerbach: Es ist ja kein Geheimnis, dass die Anteilseigner des Klubs in Japan sitzen, daher gibt es natürlich immer gute Verbindungen zu Spielern, die dort einen Namen haben. Wir haben mittlerweile sieben Japaner in der Mannschaft. Shinji ist aufgrund seiner Zeit in den Top-Ligen Europas einer, den alle kennen. Über seine fußballerische Klasse brauchen wir nicht zu diskutieren, er ist aber auch eine echte Identifikationsfigur für die jungen japanischen Spieler in unserem Kader. Er war leider bei seiner letzten Station in Saloniki oft verletzt, hat die letzten Monate nicht gespielt. Er kämpft sich jetzt wieder heran, wird Stück für Stück mehr Einsatzzeit bekommen. Aber den guten alten Shinji werden wir wahrscheinlich erst wieder in der neuen Saison sehen.

St. Truiden ist bereits Ihre zweite Station in Belgien. Wie heimisch fühlen Sie sich im Nachbarland schon? Was gefällt Ihnen dort?

Hollerbach: Würzburg und die Umgebung war und bleibt meine Heimat. Aber in Belgien lässt es sich sehr gut leben, das habe ich schon bei meiner ersten Station in Mouscron sehr zu schätzen gelernt. Die Leute sind nett, es gibt hervorragendes Essen, ich kann mich nicht beklagen.

Vermissen Sie auch etwas?

Hollerbach: Eine gute Brotzeit im Geschäft meiner Eltern.

Bernd Hollerbach bejubelt den Derbysieg über den KRC Genk.
Foto: Vincent Kalut, Imago | Bernd Hollerbach bejubelt den Derbysieg über den KRC Genk.
Wie wertvoll ist die Auslandserfahrung für Sie als Trainer? Was haben Sie in Belgien gelernt?

Hollerbach: Jede Erfahrung bringt dich weiter, überall. Jeder Verein ist anders strukturiert, in Deutschland und im Ausland. Wenn du woanders bist, erlebst Du eine andere Sprache, eine andere Kultur, das erweitert den Horizont. In unserer Mannschaft spielen Jungs aus ganz unterschiedlichen Ländern zusammen, auch im Management und bei den Gesellschaftern sind wir sehr international unterwegs. Ich habe mich als Moderator zwischen allen Beteiligten auf jeden Fall weiterentwickelt, ich könnte in Zukunft durchaus als Botschafter bei den Vereinten Nationen anfangen (lacht).

Ist die Rückkehr in den deutschen Fußball kurzfristig oder langfristig Ihr Ziel?

Hollerbach: Mein Ziel war und ist es immer, Mannschaften, die ich betreue, besser zu machen und weiter zu entwickeln. Der Ort oder das Land sind mir dabei nicht so wichtig. Es gibt viele schöne Plätze auf der Welt.

Was muss ein Klub bieten, damit ein Engagement Sie reizt?

Hollerbach: Ich bin ein bodenständiger Typ, kann nur Verantwortung übernehmen, wenn ich im sportlichen Bereich das Sagen habe. Gute finanzielle Möglichkeiten sind immer hilfreich, aber ein guter Trainer kann auch mit limitierten Bedingungen einiges erreichen. Wichtig ist, dass alle Beteiligten den Realismus für das Machbare nicht verlieren. Ich bin kein Freund davon, beim Antritt von großen Zielen zu sprechen. Bevor der Erfolg eintritt, muss erstmal hart gearbeitet werden. Dafür stehe ich.

Hinter Ihrem Klub steht ein japanischer Investor. Das erkennt man auch an der Zusammensetzung des Kaders. Inwiefern beeinflusst das Ihre Arbeit?

Hollerbach: Im Grunde genommen sind uns die Japaner von der Mentalität her im Job sehr ähnlich, denn sie sind fleißige und verlässliche Partner, halten sich an ihre Zusagen. Natürlich will unser Investor DMM japanische Spieler in Europa platzieren, was ja auch gut funktioniert. Beispiele wie Kamada, Endo oder Tomiyasu, die bei Top-Klubs spielen, haben ihre ersten Schritte hier bei uns gemacht. Mein Job ist es am Ende, mit dem vorhandenen Kader vernünftige Ergebnisse zu erzielen, denn dann sind alle happy. So wie gerade beim Derbysieg gegen den KRC Genk.

Wie bewerten Sie mit Ihren Erfahrungen mit investorengeführten Klubs in Belgien die deutsche 50+1-Regel?

Hollerbach: Es gibt immer gute und schlechte Beispiele, überall. In Uerdingen oder aktuell bei Türkgücü München sieht man, was passiert, wenn Investments nicht nachhaltig angelegt sind, sondern die Investoren eher nach Lust und Laune entscheiden. Am Ende ist die 50+1-Regel eine, die für die Ligen in Deutschland ein hohes Maß an Sicherheit garantiert. Und das ist in diesen bewegten Zeiten viel wert.

In Deutschland kam zuletzt die Diskussion auf, ob die Einführung von Play-offs für mehr Spannung sorgen könnte. In Belgien gibt es schon länger einen solchen Modus. Wie sind die Erfahrungen? Was spricht aus Ihrer Sicht dafür und was dagegen?

Hollerbach: Der Modus, das erlebe ich hier, sorgt schon für mehr Spannung. Denn es ist wie in der Champions League, so richtig kribbelig wird es ja erst nach der Vorrunde. Durch die Play-offs hast du immer einen Schuss Alles-Oder-Nichts-Pokalfeeling mit dabei, das ist gerade in Ligen, die von sehr wenigen Vereinen dominiert werden, reizvoll. Auf der anderen Seite ist es sicherlich nicht ganz fair, dass eine Mannschaft, die in Summe über die ganze lange Saison am besten dasteht, in den Play-offs durch schlechte Tage alles Erreichte verspielen kann. Aus meiner Sicht ist die Bundesliga mit ihrem Modus immer noch gut aufgestellt, man sieht ja auch an der Spitzengruppe, mal abgesehen von den Bayern, dass es da einige gibt, die sich immer wieder auf Augenhöhe duellieren. Für den besonderen Kick sorgt zudem weiterhin der Pokalwettbewerb, die meisten der in diesem Jahr um den Titel Spielenden, hatte sicher kaum jemand auf der Rechnung. Ich drücke natürlich in alter Verbundenheit dem HSV die Daumen.

Verfolgen Sie den Weg der Würzburger Kickers noch? Wie sehr würde Sie der Abstieg in die Regionalliga schmerzen, nachdem Sie mit dem Klub 2015 den Aufstieg in den Profifußball realisiert hatten und der Klub seitdem dort unterwegs war?

Hollerbach: Na klar verfolge ich die Kickers weiterhin. Ich habe mich gefreut, dass Ralf Santelli mit den Jungs zuletzt wieder Erfolge feiern konnte. Es sind noch genug Spiele, um den Abstieg zu verhindern. Ich persönlich fände es extrem schade, wenn sich die Kickers wieder aus dem Profifußball verabschieden würden. Ich weiß noch genau, wie die Stadt, die ganze Region danach gelechzt hat, endlich wieder auf Deutschlands Landkarte des Profi-Fußballs dabei zu sein. Den Durchmarsch von der Regionalliga in die 2. Liga mit unseren Mitteln zu schaffen, war etwas ganz Besonderes. Diese Freude, diese Euphorie, das werde ich nie vergessen.

Aufstiegsjubel: Bernd Hollerbach nach dem Sieg im Zweitliga-Relegationsspiel beim MSV Duisburg mit dem damaligen Torjäger Elia Soriano.
Foto: Markus Römer, Scheuring | Aufstiegsjubel: Bernd Hollerbach nach dem Sieg im Zweitliga-Relegationsspiel beim MSV Duisburg mit dem damaligen Torjäger Elia Soriano.
Wie sehen Sie die Chancen im Kampf gegen den Abstieg?

Hollerbach: Das wird schwer, obwohl mit Türkgücü ja höchstwahrscheinlich ein Konkurrent hinter die Kickers zurückgestuft wird. Aber die anderen Teams, die da gegen den Abstieg spielen, sind alle nicht von Pappe, die werden mit allen Mitteln kämpfen. Aber die Kickers waren immer Fighter, wenn sie das wieder in jedem Spiel auspacken, dann geht was. Ich drücke unseren Rothosen auf jeden Fall beide Daumen!

Dass Felix Magath bei Hertha BSC als Trainer verpflichtet wurde, hat viele überrascht. Sie auch?

Hollerbach: Mir war klar, dass Felix nicht die nächsten Jahre bei einem guten Wein zu Hause sitzen würde. Dazu liebt er den Fußball zu sehr, hatte große Lust, wieder was zu machen. Dass er die extrem schwierige Herausforderung bei der Hertha annimmt, spricht für ihn. Aber wenn es einer als Trainer hinbekommt, dann einer wie er, das hat er in der Vergangenheit bei verschiedenen Stationen bewiesen. Es wird spannend sein, zu beobachten, wie er der alten Dame Hertha in den nächsten acht Spielen Beine machen wird. Ich wünsche ihm, dass seine Mission in der Hauptstadt erfolgreich verläuft.

Bernd Hollerbach als Co-Trainer des FC Schalke 04 an der Seites seines damaligen Chefs Felix Magath.
Foto: Soeren Stache, dpa | Bernd Hollerbach als Co-Trainer des FC Schalke 04 an der Seites seines damaligen Chefs Felix Magath.
 
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  • micha.fries@t-online.de
    Ein sichtlich gereifter und sympathischer Bernd Hollerbach, der seinen Weg geht!
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  • reutjo
    Im "Vinzentinum" (Schule)

    hängt heute noch sein Fussballer-Foto ( Einer von uns ) an der Wand in seinen ehemaligen Klassenzimmer!
    Ist natürlich sehr lange her..... aber vllt. kommt ja mal wieder ein Nach-folger von dort auf ein Fussballfeld. Der Bolzplatz dort ist zwischenzeitlich verbessert." B. H. " erlernte auf den alten Schulhof dort " das "ackern"in den Pausen; wo auch mal Fensterglas schussgewaltig zu Bruch ging !
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  • kaih@bonn-online.com
    Super, die Frage zum Schluss zu Magath und Hertha (die Hollerbach im Übrigen richtig professionell, also nichtssagend, beantwortet). Warum keine Frage zu Magath und den Kickers? Bloß den armen Holle nicht in Verlegenheit bringen?
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  • euroknacki
    Gute Freunde kann niemand trennen und übrigens hat er nur T. Fischers Wunsch erfüllt, die Regionalliga ist nah!!
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