Die Würzburger Kickers stehen erstmals in dieser Saison an der Tabellenspitze der Regionalliga Bayern. Der hart erkämpfe 3:2-Erfolg beim starken FV Illertissen könnte ein Schlüsselmoment in dieser Spielzeit sein, weil die Rothosen, die die Meisterschaft als Saisonziel ausgerufen haben, vielen Widerständen trotzten. "Wenn du so ein 50:50-Duell, in dem du eigentlich nicht gut im Spiel bist für dich entscheidest, tut das besonders gut", sagte Siegtorschütze Dominik Meisel nach Schlusspfiff.
Der FV Illertissen ist für die Würzburger Kickers ein Schreckgespenst. Daran konnte auch der 6:0-Auswärtssieg in der vergangenen Saison nichts ändern. Die beiden Niederlagen in den Toto-Pokal-Halbfinalspielen sind allen, die es mit den Rothosen halten, bis heute in schmerzhafter Erinnerung. Diese wurde an diesem Mittwochabend auch noch frisch gehalten. Denn im Vöhlin-Stadion, wie die recht stimmungsfeindliche Sportanlage nach dem einst die Stadt beherrschenden Adelsgeschlecht heißt, laufen, das war angesichts der hochaushohen Stahlrohrtürme für die TV-Kameras nicht zu übersehen, schon längst die Vorbereitungen für das Erstrunden-Spiel im DFB-Pokal-Wettbewerb am kommenden Samstag gegen Fortuna Düsseldorf. Jenen Jackpot also, den die Kickers durch ihre Halbfinal-Niederlage gegen den FVI im Frühjahr verspielt hatten. Und das Spiel, das dafür verantwortlich war, dass die Regionalliga-Partie vorverlegt wurde.
Wer erwartet hatte, die Illertissener würden in Erwartung des Höhepunkts am Samstag gegen die Kickers womöglich halblang machen, der hatte sich freilich komplett getäuscht. Es war das Engagement der Hausherren, deren bissige Zweikampfführung, die den Rothosen vom Start weg Probleme machten. Die Kickers bekamen, ähnlich wie im Frühjahr, als auf das 0:2 im Pokal-Wettbewerb noch ein Heim-1:1 in der Liga folgte, lange Zeit keinen Fuß auf den Boden. Das Spiel rauschte 45 Minuten, so schien es, an den Würzburgern vorbei, ohne dass sie richtig Zugriff auf Ball und Gegner bekamen.
Ganz im Gegenteil: die Gastgeber, bei denen mit Abwehrmann Kevin Frisorger ein Ex-Kickers-Akteur in der Startelf stand und mit dem während der Vorbereitung verletzten Angreifer Franz Helmer ein weiterer auf der Bank saß, dominierten die Begegnung in der ersten Halbzeit mit ihrer einfachen, aber sehr flinken und intensiven Spielweise. Und die Schwaben gingen in Führung: Ausgerechnet Daniel Hägele, der bislang in dieser Saison so abgeklärte Ruhepol in der Abwehr, vertändelte leichtfertig den Ball gegen den pfeilschnellen Yannick Glessing, der den Würzburger Defensivchef scheinbar mühelos abschüttelte und zum 1:0 für die Hausherren einschoss (33.). Das erste Würzburger Gegentor in dieser Regionalliga-Saison.
Die Kickers, bei denen Trainer Marco Wildersinn diesmal Thomas Haas anstelle von Fabrice Montcheu als Rechtsverteidiger in der Startelf aufbot, wankten nun sichtlich und hätten sich nicht beschweren können, wenn der Rückstand bei mehreren Torchancen der Hausherren bis zum Seitenwechsel noch angewachsen wäre. Mit dem 0:1 nach 45 Minuten waren die Rothosen nach der bislang schlechtesten Halbzeit dieser Saison gut bedient.
Aber, das wurde nach dem Seitenwechsel schnell deutlich: diese Kickers haben auch in einem solchen Spiel noch manchen Pfeil im Köcher. Der eine sind Standardsituationen. Ein Freistoß von Ivan Franjic bereitete nur zwei Minuten nach Wiederanstoß den Ausgleich vor. Wie schon beim 2:0-Sieg in Augsburg als er im Anschluss an eine Ecke einköpfte, war es wieder Marius Wegmann, der diesmal an seiner einstigen Wirkungsstätte den Ausgleich erzielte (47.). "Das war ganz wichtig. So hatten wir direkt nach der Halbzeit einen Moment der uns hochgezogen hat", stellte Kickers-Mittelfeld-Renner Dominik Meisel fest.
Eine Szene, die die Kräfteverhältnisse auf dem Spielfeld kippen ließ. Denn plötzlich fanden die Kickers einen Zugang zu dieser Begegnung und auch den Weg zum gegnerischen Tor. In der 58. Minute ging das nach einer Balleroberung in der eigenen Hälfte rasend schnell. Ivan Franjic bediente Benjika Caciel auf der rechten Außenbahn, der fand in der Mitte den mitgesprinteten Dardan Karimani – 2:1 für die Kickers. Die Partie schien gedreht.
Doch so schnell gab Illertissen bei seiner Pokal-Generalprobe nicht klein bei. Ein lang in den Strafraum getretener Freistoß, sorgte noch einmal für Aufregung im Kickers-Strafraum, Hägele brachte seinen Gegenspieler mit einem Schubser aus dem Gleichgewicht. Schiedsrichter Christian Dietz (Kronach) zögerte keine Sekunde und zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt. Ex-Drittliga-Akteur Daniele Gabriele schnappte sich den Ball und verwandelte gegen Kickers-Torhüter Vincent Friedsam, der zwar die richtige Ecke geahnt hatte, den Ball aber nicht erreichen konnte zum 2:2 (63.).
Doch die Kickers konnten noch einmal, ganz im Stil einer Spitzenmannschaft, zusetzen und Dominik Meisel schoss im Anschluss an eine Ecke im Fallen zum 3:2 für die Gäste ein (77.). Nun gaben sich die Kickers in einem hart umkämpften Spiel keine Blöße mehr, gewährten den verbissen kämpfenden Hausherren keine weitere Chance zum erneuten Ausgleich.
Fußball, Regionalliga Bayern Männer
FV Illertissen – Würzburger Kickers 2:3 (1:0)
Würzburg: Friedsam – Haas (70. Montcheu), Wegmann, Hägele, Kurzweg – Franjic (84. Wessig), Zaiser, Meisel (70. Junge-Abiol) – Caciel (84. Scholz), Sané (90. Sausen), Karimani.
Illertissen: Thiel – Zeller (78. Held), Frisorger, Omore, Jeck, Fundel – Kilic, Pudic (87. Helmer), Mannhardt – Gabriele (78. Pöschl), Glessing.
Schiedsrichter: Christian Dietz (Kronach).
Zuschauerinnen und Zuschauer: 590.
Tor: 1:0 Yannik Glessing (33.), 1:1 Marius Wegmann (47.), 1:2 Dardan Karimani (58.), 2:2 Daniele Gabriele (63., Foulelfmeter), 2:3 Dominik Meisel (77.).