
In allerletzter Sekunde sind die Würzburger Kickers dem möglichen vorzeitigen Abstieg aus der Zweiten Fußball-Bundesliga entgangen. Nach dem 2:2-Ausgleich in der Nachspielzeit beim Karlsruher SC bleibt - egal wie die Konkurrenz an diesem Wochenende spielt - eine Resthoffnung. Die Partie fasste Trainer Ralf Santelli zutreffend zusammen: "Unterm Strich sind wir mit dem Punkt gut bedient."
Die Meldung war am Freitagmorgen um fünf Minuten vor zehn gekommen. Da teilten die Würzburger Kickers mit, dass der zweite Corona-Testdurchlauf ohne positives Ergebnis geblieben war. Zu den beiden vom Verein nicht namentlich genannten Spielern, bei denen das Virus nachgewiesen worden war und die seither in häuslicher Quarantäne sind, war kein weiterer Fall hinzugekommen. Die zuständigen Behörden gaben daraufhin grünes Licht. Das Spiel auf der Karlsruher Stadionbaustelle konnte stattfinden.
Die Arena im Wildpark verbindet mit den Würzburgern eine besondere Geschichte. Schließlich waren die Kickers am 3. November 2018, damals noch in der Dritten Liga, der letzte Gegner des KSC im alten Rund. Nach dieser Begegnung war begonnen worden, das Stadion abzureißen. Die neue Arena, die - so viel lässt sich erkennen - eng und steil werden dürfte, ist inzwischen zur Hälfte fertig. Bei der Partie am Freitagabend trugen die Badener ein Sondertrikot, das an das alte Stadion erinnerte.

Anders als in den vergangenen Wochen war Kickers-Trainer Ralf Santelli diesmal von seinem Rotationsprinzip abgerückt. Im Vergleich zum 1:3 gegen Darmstadt fehlte nur der Gelb-Rot-gesperrte Rajiv van La Parra in der Startelf, für ihn rückte David Kopacz ins Team. Aus dem Spieltagskader war nur Dominic Baumann diesmal nicht dabei.
"Die Frische", meinte Santelli, könne ein Vorteil für die Karlsruher sein. Für die war die Begegnung mit den Rothosen nämlich das erste Spiel nach einer zweiwöchigen Corona-Quarantäne. Ob das nun ein Vor- oder Nachteil für die Kickers war? Am Ende unerheblich, denn die Kickers machten letztlich die gleichen Fehler wie so oft in dieser Saison.
Unnötiger Rückstand
Mit dem Wort unnötig war der Würzburger 0:1-Rückstand nach 26 Minuten passend umschrieben. Die Kickers waren keineswegs schlechter im Spiel als die Karlsruher, die vor ihrer Zwangspause in sechs Heimspielen in Serie ohne eigenes Tor geblieben waren. Gegen die Kickers endete diese Serie, als die Rothosen-Abwehr zunächst den Ball nicht aus der Gefahrenzone brachte. Als Philip Heise den Ball in den Strafraum lupfte, wollten die Abwehrspieler gerade herausrücken und die Gegenspieler ins Abseits stellen. Daniel Hägele war dabei zu spät dran, in seinem Rücken schlich sich Kyoung-rok Choi davon und der Südkoreaner bugsierte den Ball per Direktabnahme in den Kasten. Im sechsten Spiel unter der Leitung von Trainer Santelli lagen die Kickers zum sechsten Mal 0:1 hinten.
Es flammte aber noch einmal Hoffnung auf. Denn wenn sich die Würzburger in den letzten Wochen in einer Disziplin verbessert haben, dann bei Standardsituationen. Ein Eckball von Rolf Feltscher brachte den Ausgleich. KSC-Keeper Marius Gersbeck hatte daneben gegriffen, Kickers-Leihstürmer Marvin Pieringer sprang umringt von drei Karlsruhern am höchsten und köpfte zum 1:1 ein. Es war Pieringers vierter Saisontreffer und der erste seit Januar. Damals hatte er in seinen ersten beiden Partien im Würzburger Dress dreimal getroffen.
Die Hoffnung auf den Klassenerhalt ist quasi verschwunden
Schon damals standen die Kickers am Ende der Zweitliga-Tabelle. Doch die Hoffnung auf den Klassenerhalt ist inzwischen quasi verschwunden, und in der Nachspielzeit der ersten Hälfte gab es den nächsten Nackenschlag für die Rothosen – an dem sie freilich eifrig mitwirkten. Als KSC-Kapitän Jerome Gondorf im Mittelfeld zu einem Sprint anzog, stellte sich ihm kein Gäste-Akteur in den Weg. Weder Arne Feick, noch Dominik Meisel oder Tobias Kraulich stoppten den Lauf des Karlsruhers, der für Tim Breithaupt auflegte. Dessen 16-Meter-Schuss ließ Kickers-Keeper Hendrik Bonmann nach vorne abprallen, Dominik Kother staubte ab: Karlsruhe führte mit dem Pausenpfiff 2:1.
Die Würzburger blickten nach 45 Minuten also schon ganz tief in den Abgrund, brachen aber nicht völlig auseinander. Aber ein wirkliches Aufbäumen war zunächst auch nicht zu erkennen. Und die Karlsruher? Die waren nach Ablauf ihrer Quarantäne womöglich doch nicht ganz so frisch, wie es Kickers-Coach Santelli vor der Partie noch vermutet hatte. Die Gastgeber taten schlichtweg nicht viel mehr als unbedingt nötig. KSC-Trainer Christian Eichner holte nach 65 Minuten die beiden Torschützen vom Feld. Eine Aktion, die stellvertretend stand für den Schongang, den die Gastgeber nun eingelegt hatten.
Die Kickers bemühen sich zunächst glücklos
Die Kickers mühten sich, fanden aber wie so oft in dieser Saison nicht den Weg zum Tor. Stellvertretend für das glücklose Bemühen stand die Chance von Pieringer, der sich zunächst mit einem feinen Dribbling in eine gute Position gebracht hatte, dann beim Schussversuch aber ausrutschte (65.). In der Schlussphase packten die Kickers dann tatsächlich noch einmal die Brechstange aus, doch der KSC wurde lange nicht für seine Passivität bestraft. "Wir sind einfach zu selten in Abschlusssituationen gekommen. Die finale Aktion hat oft gefehlt", analysierte Santelli.
Als schließlich gegen zwanzig nach acht die Sonne über dem Karlsruher Wildpark unterging, war die Hoffnung der Kickers auf den Klassenerhalt auf ein Minimum gesunken. Bis KSC-Keeper Gersbeck die Würzburger noch einmal ins Zweitliga-Leben zurückholte. Er legte bei einer völlig verunglückten Aktion in der Nachspielzeit den Ball für Lars Dietz vor, der traf zum 2:2-Ausgleich. "Das war ein Geschenk für mich. Das nehme ich gerne an", sagte der Torschütze nach der Partie und merkte mit Blick auf die Tabellensituation an: "Wir müssen einfach unsere Hausaufgaben machen. Wir gucken auf uns selbst und schauen, was dann dabei herauskommt."