Das war ein Tiefschlag für das Schlusslicht. 11:1 lautete das Eckenverhältnis zugunsten der Würzburger Kickers. Am Ende aber verloren die Unterfranken das Heimspiel gegen den SV Darmstadt 98 mit 1:3 (0:1) und damit ein weiteres Stück Rest-Hoffnung im Abstiegskampf. "Wir waren zu naiv in den entscheidenden Situationen", ärgerte sich Sportvorstand Sebastian Schuppan am Ende: "Wir haben Darmstadt die Tore aufgelegt und selbst in den entscheidenden Situationen nicht den Killerinstinkt. Das ist bitter."
Die Konstante in den Spielen unter dem neuen Trainer Ralf Santelli bleibt die ständige Veränderung. Er habe nun einmal für alle Positionen mehrere geeignete Spieler, hatte der 52-Jährige dieser Tage erklärt und seit Amtsantritt auf Rotation gesetzt. Zum einen, um die Belastung angesichts zweier Englischer Wochen zu verteilen, zum anderen wohl auch, um möglichst vielen Akteuren das Gefühl zu geben, ein wichtiger Bestandteil des Teams zu sein. Bei jeder Partie unter seiner Leitung wechselte Santelli die halbe Startelf. Nur einige kamen überhaupt nicht zum Zug, wie Sturm-Oldie Stefan Maierhofer, den in der vergangenen Woche auch Rückenbeschwerden plagten oder der Schweizer Mittelfeld-Mann Nzuzi Toko, der am Mittwoch genauso wie der Österreicher auf der Tribüne Platz nahm.
Verständlich waren die Wechselspiele diesmal nach dem jämmerlichen Auftritt beim 0:4 beim FC St. Pauli allemal. Ein anderes Gesicht wollte das Team zeigen, hatte Mittelfeldmann Daniel Hägele vor der Partie betont. An dessen Seite hatte Santelli diesmal Dominik Meisel in das defensive Mittelfeld beordert. Dazu rückte Patrick Sontheimer nach abgesessener Gelbsperre wieder in die Mannschaft. Auch Kapitän Arne Feick, Flügelstürmer Rajiv van La Parra und der rechtzeitig von seiner Muskelverletzung genesene Torhüter Hendrik Bonmann waren im Vergleich zum Samstag neu in der Startelf.
Was die von Hägele nach dem Spiel auf St. Pauli kritisierte Einstellung der Rothosen-Akteure angeht, gab es drei Tage später nichts zu bekritteln. Am Wollen, an der Laufbereitschaft, an der Zweikampfhärte mangelte es den Kickers nicht. Und doch schlichen sie nach 45 Minuten geknickt zur Halbzeitansprache in die Kabine. Auch im vierten Spiel unter Santelli ging der Gegner mit 1:0 in Führung.
Nicht, dass sich die Darmstädter den Vorsprung zur Halbzeit verdient gehabt hätten. Die Kickers waren in einer zerfahrenen Partie das aktivere Team. Die Rothosen hatten durch Marvin Pieringer, der von van La Parra freigespielt am herauseilenden Carl Klaus scheiterte, und Sontheimer, der mit zwei Schüssen den SV-98-Keeper nicht überwinden konnte, auch drei Torgelegenheiten.
Und die Gäste? Denen reichte ein Konter zur Führung, weil bei Mathias Honsaks Abschluss Kickers-Abwehrmann Lars Dietz den Ball unabsichtlich, aber eindeutig mit der Hand ablenkte. Schiedsrichter Christof Günsch pfiff sofort Elfmeter. Der war unstrittig, für Ärger bei den Kickers sorgte diesmal, dass sie am Beginn des Angriffs ein Foul an Tobias Kraulich gesehen haben wollten. Dass sich Gäste-Torjäger Serdar Dursun von den Diskussionen nicht beeindrucken ließ, durfte nicht überraschen. Der Elfmeter-Treffer war das 19. Saisontor des vom designierten Zweitligisten Schalke 04 umworbenen Angreifers.
Mit dem Pausenrückstand und einiger Wut im Bauch ging es also in die Halbzeit und in Durchgang zwei, in dem sich am allgemeinen Bild nicht viel änderte. Auch wenn bei den Versuchen der Rothosen immer wieder mal die eine oder andere Ungenauigkeit einschlich, die Kickers waren das offensivfreudigere, das engagiertere Team. Und den Ausgleich in der 63. Minute hatten sich die Hausherren dann auch richtig verdient. Die Gäste hatten gerade eine Serie von drei Eckbällen überstanden. Dietz hätte schon da beinahe per Kopf getroffen.
Doch die Lilien konnten sich überhaupt nicht mehr aus der Umklammerung befreien, und als Dietz ein Schuss von Ro0lf Feltscher zum 1:1 in den Kasten ablenkte, war das längst hochverdient. Die Kickers wollten nun mehr, wurden aber von einer unnötigen Hinausstellung ausgebremst. Der sehr auffällig agierende van La Parra ärgerte sich offenbar in der 67. Minute nach einem ausgebliebenen Pfiff kurz zuvor an der Strafraumkante, ging dann mit gestrecktem Bein im Mittelfeld in einen Zweikampf mit Matthias Bader. Schiedsrichter Günsch schickte den bis dahin besten Würzburger mit Gelb-Rot zum Duschen. "Das darf ihm nicht passieren", so Sportvorstand Schuppan.
Trotzdem hatten die Rothosen kurz darauf die Chance, in Führung zu gehen. Aber Pieringer, der zuvor die Flanke von Rolf Feltscher mit der Brust heruntergepflückt hatte, brachte den Ball aus kurzer Distanz nicht an Klaus vorbei (69.).
Es war, das kann man wohl feststellen, kein Würzburger Glückstag. Und Abwehrmann Tobias Kraulich dürfte am Ende einer derer gewesen sein, die besonders unglücklich waren. Seine verunglückte Abwehraktion ermöglichte Darmstadts Tim Skarke den strammen Flachschuss zum 2:1 für die Gäste. Die Kickers stürmten mit dem Mute der Verzweiflung, kassierten aber noch zwei Tore. Das erste von Dursun wurde wegen eines Fouls an Kickers-Keeper Bonmann nach Videobeweis aberkannt. Felix Platte sorgte mit seinem Kontertreffer in der Nachspielzeit dann aber für den dritten Darmstädter Treffer und großen Frust im Kickers-Lager. Die Hoffnung auf den Klassenerhalt abschreiben, will Trainer Santelli aber noch nicht: "So lange es möglich ist, werde ich dran glauben."