Sie schienen das Schild nicht gesehen zu haben: Hinter der Trainerbank hing die Reklame für den Brauereigasthof "Trompete". Attacke blies der FC 05 Schweinfurt aber erst ganz spät. Zu spät, um den arg limitierten VfB Eichstätt zu bezwingen und doch noch den ersten Auswärtssieg 2022 in der Fußball-Regionalliga Bayern einzutüten. 0:0 also – ein angemessenes Resultat für den Achten der Auswärtstabelle. Es bleibt also bei drei Siegen in der Fremde, in 14 Anläufen. Weniger Auswärtserfolge haben lediglich der abstiegsgefährdete SV Schalding-Heining (2) und Liga-Schlusslicht TSV 1860 Rosenheim (0).
Dennoch sprach 05-Co-Trainer Jan Gernlein von "einem guten Auswärtsgesicht diesmal". Er vertrat an der Außenlinie den Magen-Darm-erkrankten Chefcoach Tobias Strobl und war mit kleinen Dingen zufrieden. Mit der Null hinterm Doppelpunkt zuvorderst. Man habe das Hoch-und-Weit-Gekicke auf dem traditionell unterirdischen, da extrem holprigen Eichstätter Platz "bewusst angenommen, um nicht mit wenig zielführendem Kombi-Fußball dumme Fehler und ein Gegentor zu riskieren". Oha: Der amtierende und mit Titelverteidigungs-Ambitionen gestartete Meister schafft sich angesichts der sportlichen Bedeutungslosigkeit des Restprogramms tagesaktuelle Minimalst-Ziele, nachdem die größeren allesamt verfehlt worden sind.
Tim Kraus mit einigen feinen Diagonalbällen
Tatsächlich war es so, dass Eichstätt gegen die fürwahr gut stehende Schweinfurter Viererkette keinen Stich machte – wenngleich Philipp Federl in der Nachspielzeit ums Haar noch das 1:0 für den VfB erzielt hätte; 05-Keeper Bennet Schmidt, der statt Kapitän Luis Zwick im Tor stand und mit einem fehlerfreien Tag ein positives Signal für die Zukunft sendete, lenkte gerade noch zur Ecke. Das wäre aber nicht verdient gewesen. Von zwei Mannschaften, die sich nach zehn angriffslustigen Anfangsminuten lange nicht mehr weh taten, waren die Gäste zumindest die ballsicherere – wenn auch nicht unbedingt deutlich präziser. Einzig Tim Kraus im zentralen Mittelfeld schlug einige sehenswerte Diagonalbälle auf die Flügel.
Turbulent wurde es erst in der Schlussphase. Neben dem zur Pause für den wacker aber wenig effektiv rackernden Edin Hyseni gekommenen Adam Jabiri stürmte in den letzten 20 Minuten auch noch der leicht am Knie angeschlagene Meris Skenderovic – mit der nötigen Wucht. Erst musste Eichstätts Rechtsverteidiger Florian Lamprecht einen Kraus-Kopfball auf der Linie klären (85.), dann rette der überragende VfB-Schlussmann Felix Junghan binnen einer Minute erst stark gegen Kristian Böhnlein (89.), gar sensationell gegen Skenderovic (89.) und nochmal flink gegen Jabiri (90.). "Wenn mir jemand erklären kann, wie man die reinmacht, nehme ich das gerne an", sagte Gernlein angesichts der jeweils tadellos ausgeführten Abschlüsse.
Später Lerneffekt: Sicherheit statt Überschwang
Seine Enttäuschung hielt sich in Grenzen. "Wir müssen in unserer jetzigen Situation nicht mehr jedes Spiel mit aller Gewalt gewinnen, sondern ein Augenmerk darauf haben, die Mannschaft weiterzuentwickeln." Da bleiben Stammkräfte eben mal draußen und es darf Taktisches geübt werden. Vor einigen Wochen wäre beispielsweise ein Malik McLemore nicht nur in der ersten Halbzeit als Linksverteidiger zu mutig gewesen; so aber beschränkte er sich nach der Pause überwiegend aufs die Bewachung von Julian Kügel, den Gernlein "als Zielspieler des Gegners" ausgemacht hatte – und über den fast jeder VfB-Angriff lief. Sicherheit statt Überschwang – beinahe hätte es zu dem so oft ersehnten dreckigen Sieg genügt.
Es war ein kleiner Lernprozess einer oftmals zu ungestüm in ihr Unheil stürmenden Mannschaft, der viel zu spät kommt, allenfalls mit Blick auf die kommende Saison Bedeutung hat. In der dann Schmidt den wohl im Sommer scheidenden Zwick als Nummer eins ersetzen wird. Bis Rundenschluss wird rochiert zwischen beiden, nächste Woche zu Hause gegen Memmingen wird der Ex-Freiburger erneut zwischen den Pfosten stehen. Gut möglich, so deutete Gernlein an, dass auch die jetzige Nummer drei, Nico Stephan, einen Punktspiel-Einsatz bekommen wird.