Was für ein Sprint: Marc Reitmaier rannte wie ein junger Hüpfer auf den Platz, feierte ausgelassen den ersten Sieg im dritten Spiel als Cheftrainer – in letzter Minute. Mit dem 2:1-(0:1)-Erfolg über den TSV Aubstadt gelang dem Fußball-Regionalligisten FC 05 Schweinfurt der erste Punktspiel-Sieg seit dem 3. Dezember und im Abstiegskampf ein ganz wichtiger Befreiungsschlag, den der Coach einer spürbaren Veränderung in der Mannschaft zuordnete: "Wir haben inzwischen eine große Mentalität. Der Teamspirit ist greifbar."
Denn dass das keine fußballerische Feingeisterei war, war dem Coach im Überschwang der Gefühle, nachdem Benjamin Hadzic in der 90. Minute doch noch den Siegtreffer erzielt hatte, selbstverständlich nicht verborgen geblieben ("ein enger Abnutzungskampf"). Auch nicht, dass die Nullfünfer einmal mehr aus dem Nullzustand heraus in Rückstand gegangen war. "Vielleicht brauchen wir das für unser Spiel im Moment. Ein Dauerzustand darf das aber nicht werden. In der letzten Linie dürfen wir nicht so ein Risiko spielen."
Gemeint war der fatale Rückpass von Lukas Aigner, den Aubstadts Philipp Harlaß sich erlief, anschließend Keeper Bennet Schmidt umkurvte und zum 0:1 einschob (22.). Ums Haar hätte Harlaß nachgelegt, doch diesmal rettete Schmidt mit tollem Reflex (27.). "Wir sind einfach nicht wie geplant ins Spiel gekommen", so Reitmaier zum verdienten 0:1-Pausenrückstand. "Wir haben uns in der Halbzeit eingeschworen, dass das noch nicht gelaufen ist."
Vier Punkte zur Relegation, fünf Zähler zu den Abstiegsplätzen
Und tatsächlich hatten die Schweinfurter plötzlich eine ganz andere Präsenz. "Ein Faktor war Adam Jabiri", lobte der Coach die Wucht des wegen seiner Erkältung unter der Woche zunächst geschonten Torjägers. Er verlängerte per Kopf den Traumpass Kristian Böhnleins auf Hadzic. Und der schob cool ein - sein zweites wichtiges Tor binnen acht Tagen nach dem 2:2-Ausgleich in Fürth. "Ich bin erleichtert, dass wir nach all den Rückschlägen der letzten Wochen endlich gewonnen haben."
Der 24-jährige Ex-Klagenfurter wusste sich ganz speziell zu bedanken - bei seinem Trainer: "Ich brauche solche Typen wie Marc, der mich pusht, mir Respekt erweist und mir Vertrauen schenkt. Für solche Menschen gehe ich durchs Feuer." Hoppla. Damit konfrontiert wurde Reitmaier schier ein wenig rot: "Er hat sich diese Behandlung verdient. Dank Leistung - im Training und im Spiel." Resultat des individuellen und des kollektiven Triumphs: Vier Punkte Vorsprung auf die Relegationsränge, fünf auf die direkte Abstiegszone und ein kleiner Sprung auf Platz elf. Fast alle Konkurrenten um den Ligaverbleib haben nämlich verloren - aber eben auch bis zu drei Partien weniger absolviert.
Dass es so ein Herzschlagfinale werden musste, hatte an der schwachen ersten Halbzeit des FC 05 gelegen. Erst, als Aubstadt sich nach der Führung zurückgenommen hatte, kamen die Nullfünfer zu Szenen; meist, wenn TSV-Schlussmann Maximilian Weisbäcker nach Rückpässen sein Team mit Kapriolen in Schnappatmung versetzte. Die einzige echte Chance vergab Pascal Moll (45.). "Ich hatte Abschlüsse gefordert", so Reitmaier - und sah stattdessen überwiegend sinnfreie Strafraumfummelei. Mit dem 38-jährigen Jabiri kam Schwung. Und so zeichnete sich der 05-Treffer nach Chancen von Tim Kraus (51.), Dominic Schmidt (52.) und Malik McLemore (62.) ab. Aigners 18-m-Schuss rutschte schließlich abgefälscht von Ben Müller zum 1:1 ins Netz (63.).
Mit Kraus, Fery und Jabiri drohen dem FC 05 drei Ausfälle im nächsten Derby
"Schweinfurt war am Ende cleverer und cooler", befand TSV-Trainer Victor Kleinhenz, dessen Team nun einen Punkt hinter den FC 05 und noch tiefer in den Abstiegskampf gerutscht ist. Und meinte auch diese Dusseligkeit: Nach dem harten Einsteigen von Kraus gegen Steffen Behr warf sich Innenverteidiger Christian Köttler wie ein Pogo-Tänzer auf Kraus - zurecht Rot für beide (78.). Danach kamen die Seinen besser mit dem freien Platz klar, hätten durch den Ex-05er Max Schebak treffen können (85.) - doch das taten eben die Anderen. Einziger Wehmutstropfen für den FC 05: Neben Kraus drohen auch der nach zehn Minuten angeschlagen ausgewechselte Kevin Fery sowie Jabiri (erneute Oberschenkelblessur in der Nachspielzeit) auszufallen.
Siegtorschütze Hadzic wagte dennoch eine kühne Prognose für das nächste Derby am kommenden Samstag (14 Uhr) beim Tabellenzweiten Würzburger Kickers: "So ein Derbysieg weckt Feuer. Wir können auch Würzburg schlagen." Von ihm wenig später so goldig geherzt, wollte Reitmaier seinen Stürmer damit am Ende des Tages nicht alleine dastehen lassen und kündigte trotz angebrachter Bescheidenheit ("das war heute nur ein Schritt, nicht mehr") provokativ an: "Das wird ein enges Match voller Emotionen, unser Spiel lebt von Emotionen. Wir wollen dort was holen." Wie, weiß der 39-jährige Würzburger offenbar bereits: "Mit kühlem Kopf und heißem Herz."
Derweil bahnt sich eine Verpflichtung bei den Schweinfurtern für die neue Saison an: Martin Halbig, Trainer des Landesligisten FC Fuchsstadt und selbst Ex-Nullfünfer, deutete am Rande des 1:0-Sieges über Höchberg an, dass sein Sohn Dominik, der den Siegtreffererzielt hatte, zum FC 05 kommen könnte: "Der neue sportliche Leiter Andreas Brendler hat Domi kontaktiert, der jetzt mit einem Wechsel liebäugelt."