Was für ein Tor: Malik McLemore sauste rechts auf und davon, schaute kurz hoch und setzte den Ball diagonal exakt in den linken Giebel - drauf war der Deckel auf dem 5:1-(2:1)-Sieg des FC 05 Schweinfurt über einen zwar limitierten, dennoch lange unbequemen FC Pipinsried. Im Abstiegskampf der Fußball-Regionalliga Bayern ein ganz dickes Ausrufezeichen. Ein eminent wichtiges noch dazu, weil sage und schreibe sechs der neun Mannschaften zwischen Platz 8 und 16 gepunktet haben.
"Eine verrückte Liga", wie 05-Trainer Marc Reitmaier anmerkte. Für die in den verbleibenden sieben Partien der Schweinfurter McLemore eine ganz simple Taktik parat hat: "Nicht auf die anderen schauen. Wir müssen uns selber pushen. Jeder muss sein Ego hintenanstellen." Dass er mit gutem Beispiel vorangegangen ist, hat er in den vergangenen zwei Wochen bewiesen: Erst einige Tage suspendiert wegen einiger vorgeblich böser Worte gen Trainer, dann begnadigt, beim 4:3 in Nürnberg stark und am Samstag wiederum, inklusive Traumtor. "Das war ein Missverständnis, wir haben gesprochen. Marc hat mir das Vertrauen geschenkt und ich wollte das rechtfertigen."
Den Ball spielt Reitmaier zurück: "Malik ist ein super solider Typ, der einfach Fußball spielen will. Stattdessen musste er auf der Tartanbahn laufen. Es ging darum zu zeigen, dass Niemand, kein Trainer, kein Spieler, kein Platzwart oder sonst wer über dem Verein stehen darf." Die Botschaft scheint nicht nur beim Ex-Fürther angekommen. "Jeder hat jetzt verstanden, worum es geht", so McLemore zum in dieser Saison überhaupt erst dritten Sieg-Doppel. "Das Ergebnis eines Prozesses", sagt der Coach. "Gerade noch rechtzeitig. Vor ein paar Wochen waren wir am Boden. Ich habe der Mannschaft vermittelt, was Abstiegskampf ist - eben nicht Füßchen, Füßchen."
Vier von fünf Schweinfurter Treffern entspringen einer Flügel-Aktion
Jetzt ist der FC 05 fürs Erste um drei Stufen auf Platz 13 geklettert. Angesichts eines einzigen klitzekleinen Pünktchens plus auf die beiden Relegationsränge freilich nicht mehr als ein nettes "Standbild" (Reitmaier). Ein Standbild, in das die nächste Woche Bewegung bringen könnte: Am Samstag geht es zum punktgleichen und nur um ein Tor schlechteren VfB Eichstädt (ebenfalls 40 Zähler, 1 Spiel mehr), dann am Dienstag und Samstag zu Hause gegen Hankofen-Hailing (30, 1 weniger) und Ansbach 44 (1 mehr).
"Wir stehen jetzt mental gut da. Wir wollen im Erfolgsflow bleiben", fordert Reitmaier noch mehr Konsequenz in der Defensive ("endlich die Null durchdrücken") und eine Weiterentwicklung des diesmal starken Flügelspiels, dem vier der fünf Treffer entsprungen sind: "Wir haben uns sehr viele Chancen erspielt, aber anfangs zu wenige genutzt. Das müssen wir besser finalisieren." Wie's gehen kann, hat Benjamin Hadzic gezeigt, der sich als Mittelstürmer sichtbar wohler fühlt als auf der Außenbahn. Zum 2:0 war er per Flugkopfball Abnehmer einer Moll-Flanke (34.), beim 3:1 nach einer Schwarzholz-Flanke Nutznießer der feinen Vorarbeit von Tim Kraus (66.). "Er hat fleißig trainiert, obwohl er Schmerzen hatte", lobte Reitmaier den Doppelpacker. "Und da ist sogar noch mehr Potenzial."
Benjamin Hadzic hat nach Doppelpack jetzt sieben Tore, Pascal Moll zehn
Sieben Treffer hat Hadzic, erst im Spätsommer nachverpflichtet, jetzt auf dem Konto. Pascal Moll, der sich wiederum auf dem Flügel besser zurecht findet als in der Mitte, steht jetzt bei zehn Toren - das jüngste ist das 4:1 gegen Pipinsried, ein wuchtiger Kopfball nach mustergültiger Flanke von Kristian Böhnlein (78.). Letzterer wiederum hatte mit seinem Abstauber zum 1:0 eröffnet, nachdem FCP-Keeper Daniel Witetscheck einen Moll-Schuss von links nicht hatte festhalten können (16.).
"Wir sind inzwischen viel direkter in unseren Aktionen mit Ball", kommentierte McLemore besser greifende Mechanismen. Reitmaier hat das Schweinfurter Spiel vereinfacht. Da wird viel gekämpft, viel gelaufen und einfach gepasst - alles sehr geradlinig, schnörkellos. Neun Tore in zwei Partien sind kein Zufall. Überhaupt hat der FC 05 in allen sechs Partien unter dem neuen Trainer getroffen.
Kleiner Wermutstropfen: wieder so ein viel zu leichtes Gegentor
Aber: Da war auch wieder, dieses viel zu leichte Gegentor, als Benedikt Lobenhofer bar jeder Bewachung einen Dzemailji-Pass zum 2:1 vollenden durfte (40.). Zwei Minuten später verpasste er in der zweiten von zwei Gästechancen aus acht Metern den Ausgleich. Szenen, die Reitmaier ärgerten - und zugleich zuversichtlich stimmten: "Nicht lange her, da hätten wir alle gedacht, dass wir gleich noch mehr kriegen. Aber dieses Gefühl ist weg. So langsam entwickelt sich ein Selbstverständnis in der Mannschaft."
In der Tat kam diese unbeeindruckt aus der Kabine und erledigte die Pflichtaufgabe gegen den Tabellenvorletzten mit gewisser Souveränität. Dass Selbstverständnis und Souveränität auf tönernen Füßen stehen, weiß Reitmaier: "Deswegen brauchen wir in Eichstätt, wo es bestimmt kein schönes Spiel geben wird, zum ersten Mal in dieser Saison den dritten Sieg in Folge. Das, und nur das können wir selbst beeinflussen."