Freitagabend, München-Giesing: Die Spieler des TSV Aubstadt haben die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen als sie aus der Kabine des Grünwalder Stadions zum Mannschaftsbus schlurfen. Die Blicke leer, die Augen gesenkt. Eine halbe Stunde zuvor war das Spiel der Fußball-Regionalliga Bayern beim FC Bayern München II abgepfiffen worden. Endstand: 2:2 (0:1). Eigentlich, so mag man denken, ein Punktgewinn für den TSV Aubstadt, der um den Ligaverbleib kämpft, bei den Münchenern, die zu den Favoriten auf die Meisterschaft gehören.
Dieses Mal aber war es anders. Der TSV Aubstadt, man kann es nicht anders formulieren, hat leichtfertig zwei Zähler liegengelassen. Drei Minuten vor dem Ablauf der regulären Spielzeit schien der Erfolg der Mannschaft von Trainer Julian Grell nach Toren von Marco Nickel (2., Foulelfmeter) und Max Grimm (67.) so gut wie fix. Er wäre verdient gewesen.
In der Nachspielzeit waren drei Minuten vergangen, da war der Sieg für Aubstadt dahin. Maximilian Wagner (87.) und ein Eigentor von Marcel Volkmuth (90. + 3) ließen die Stimmung bei den Grabfeldern kippen: Fassungslosigkeit statt Vorfreude auf den Überraschungssieg. Fragen und Antworten zur Situation des TSV Aubstadt, der in der Tabelle nach neun Partien im Keller festhängt.
Wie ist die Leistung des TSV Aubstadt beim FC Bayern München II einzuordnen?
Wer Bayern-Trainer Holger Seitz nach dem Spiel lauschte, wie er das Comeback seiner Mannschaft – "Großartige Mentalitätsspieler, die das Wappen des FC Bayern zurecht auf der Brust tragen" – bewertete, der konnte heraushören, welchen Respekt ihm die Leistung des TSV Aubstadt abgenötigt hatte.
Natürlich lässt sich nicht leugnen, dass die mit Top-Talenten gespickten Münchener deutlich feiner Fußball spielten als die Gäste. Die stemmten sich mit hohem Aufwand gegen den Druck und ließen kaum große Torchancen des FC Bayern zu. "Wir hatten 25 Minuten lang große Probleme, Zugriff zu bekommen", fand Julian Grell, "danach hatten wir aber schon in der ersten Halbzeit die ganz klar besseren Gelegenheiten."
Die erste halbe Stunde nach der Pause zählte zum Besten, was der TSV Aubstadt in den vergangenen Wochen abgeliefert hat. Grell hatte mutig umgestellt, wollte mit einem zweiten Angreifer und somit noch konsequenterem Umschaltspiel Gegendruck erzeugen. Immer wieder flitzten vier, fünf Aubstädter los und stressten die Bayern-Defensive. Wie aus dem Lehrbuch fuhr Aubstadt über Loris Maier, Marvin Weiß und Max Grimm den Konter zum 0:2.
Warum kassiert der TSV Aubstadt ständig späte Gegentore?
Gegen Burghausen (0:1) war es die Nachspielzeit, in Ansbach (1:1) die 78. Minute, gegen Nürnberg II (1:1) die 86. Minute, in München die 87. sowie die dritte Nachspielminute. In den vergangenen vier Wochen haben Gegentore in der Schlussviertelstunde den TSV Aubstadt sieben Punkte gekostet. "Wir sind schwerer in die Zweikämpfe gekommen, konnten die Situationen nicht mehr gut verteidigen", geriet Grells Aubstadt am Freitag, insbesondere auf der rechten Abwehrseite, in den letzten Spielminuten in Dauer-Bedrängnis.
Ein Münchener Treffer war dennoch nicht zwingend zu erwarten. Symptomatisch für das Spiel wie für Aubstadts Phase an sich, dass der Ausgleich aus einem Eigentor von Marcel Volkmuth resultierte. Die Frage nach dem Warum lässt sich nur schwierig schlüssig beantworten. Offensichtlich ist, dass kleine Fehler derzeit große Wirkung entfalten. Das liege freilich weder an der konditionellen Verfassung, noch an den Wechseln, wie ihm in München aus dem Fanlager vorgehalten wurde, sagte Grell: "Wenn man eine neue Mannschaft aufbaut, ist es entscheidend, dass alle das Gefühl haben, dazuzugehören. Resultate sind wichtig, aber nicht alles."
Was machen die ständigen Nackenschläge mit der Mannschaft?
"Wir brauchen nicht darüber zu reden. Dieses 2:2 fühlt sich an wie eine Niederlage", bekannte TSV-Kapitän Steffen Behr. Mit dieser Einschätzung verband der 29-Jährige eine Forderung: "Wenn wir 1:0 führen, dann müssen wir die Führung halten können. Wenn wir 2:0 führen, dann müssen wir den Sieg erst recht mitnehmen. Wir müssen reifer, cleverer und erwachsener spielen, um uns für unseren Aufwand zu belohnen."
Worte, die Julian Grell in der anstehenden Trainingswoche sicher ähnlich formulieren wird. Nachkarten nein. Fehler ansprechen, ja. So will der Trainer vorgehen. Und nachfragen, ob sich die jüngsten Negativerlebnisse in den Köpfen der Spieler festgesetzt haben. "Ich glaube es nicht, aber wir werden Gespräche darüber führen. Ich hoffe, dass sie die Spieler antreiben, um nächsten Samstag gegen Aschaffenburg den Bock umzustoßen."
Fußball: Regionalliga Bayern, Männer
FC Bayern München II – TSV Aubstadt 2:2 (0:1)
München: Pavlesic – Brückner (62. Rüger), Dettoni, Breitkreuz, Aznou – Dell'Erba, Denk (71. Wagner), Aseko Nkili – Irankunda (62. Kusi-Asare), Unsöld (62. Scott), Demircan.
Aubstadt: Böhnke – Koch (46. Mrozek), Hüttl, Behr, Hemmerich – Volkmuth, Trunk – Pitter (69. Stahl), Weiß (78. Ott), Maier – Nickel (64. Grimm).
Schiedsrichter: Maximilian Riedel (Horgau). Zuschauende: 624. Tore: 0:1 Marco Nickel (2., Foulelfmeter), 0:2 Max Grimm (67.), 1:2 Maximilian Wagner (87.), 2:2 Marcel Volkmuth (90. + 3, Eigentor).