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Fußball: Regionalliga Bayern
Er reist minimalistisch und auf dem Rad durch Neuseeland: Ben Müller verlässt den TSV Aubstadt vorerst
Der Kapitän des TSV Aubstadt geht mehrere Monate lang auf große Fahrt. Im Gepäck hat der 25-Jährige einen leichten Rucksack und schwer zu beantwortende Fragen.
Kapitän Ben Müller verlässt den Fußball-Regionalligisten TSV Aubstadt – zumindest für einige Monate. 
Foto: Anand Anders | Kapitän Ben Müller verlässt den Fußball-Regionalligisten TSV Aubstadt – zumindest für einige Monate. 
Daniel Rathgeber
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:25 Uhr

Das WG-Zimmer in Würzburg ist leergeräumt, die Habseligkeiten sind untergestellt bei der Familie. An diesem Samstag, wenn es in der Fußball-Regionalliga Bayern gegen die Würzburger Kickers hätte gehen sollen, wollte Ben Müller die Mannschaft zum letzten Mal auf das Spielfeld führen – das Spiel wurde am Freitagmorgen abgesagt. Am Montag geht der Kapitän des TSV Aubstadt auf große Fahrt. Wird es ein Abschied auf Zeit sein oder einer auf Dauer? Die Antworten auf diese Fragen stehen noch aus.

Auckland heißt das erste Ziel auf der langen Reise von Ben Müller. Die Millionenstadt auf der Nordinsel ist der Ausgangspunkt des Trips durch Neuseeland. Eine Woche plant der 25-Jährige dort ein, um sich zu akklimatisieren und den Jetlag zu überwinden – zwölf Stunden ist Neuseeland Deutschland voraus. Dort will er auch ein zentrales Puzzlestück seines Trips finden, das ihm noch fehlt: ein Fahrrad. Sein Plan sieht vor, auf jenem Rad die beiden Hauptinseln zu erkunden: "Wenn das klappt, wird es richtig cool."

Ben Müller reist minimalistisch, nimmt nicht mehr mit als er auf dem Rücken tragen kann. Die Packliste für seinen Rucksack: das Allernötigste an Oberbekleidung, ein bisschen was Warmes, ein Handtuch und die Kulturtasche. Außerdem Zelt, Isomatte, Schlafsack und Kissen. Der einzige Luxus-Gegenstand ist ein Mobiltelefon, um den Kontakt zur Freundin, die sich auf den Abschluss ihres Studiums vorbereitet und nicht mitkommen kann, zur Familie und den Kumpels zu halten – und um sich auf seinem Weg durch Neuseeland zurechtzufinden.

Ben Müller will Neuseelands Inseln auf einem Fahrrad erkunden

"Es gibt einen Fahrradweg, der von ganz im Norden in den äußersten Süden führt. Der ist aber vorwiegend für Mountainbikes geeignet, wodurch man nur langsam vorankommt", weiß Ben Müller. Noch etwas lässt ihn daran zweifeln, dass er dieser vorgezeichneten Route folgen wird: "Ich glaube, sie führt nicht zu all den touristischen Highlights, die Neuseeland zu bieten hat und die ich gerne sehen möchte."

So wird es darauf hinauslaufen, dass Müller sich seine ganz eigene Tour zu den Nationalparks und Stränden, zu den Fjorden und Gletschern zusammenstellen wird. "Wenn ich zufällig am Drehort der Herr-der-Ringe-Filme vorbeischlendern sollte, schaue ich mir den auch an", sagt er. Tipps und Empfehlungen habe er jedenfalls reichlich bekommen, einige seiner Freunde haben Neuseeland schon bereist. "Das ist auch ein Grund, warum ich alleine losziehe."

Ende Februar fliegt Ben Müller weiter nach Australien

Drei Monate will Müller in Neuseeland bleiben, Ende Februar geht es weiter nach Australien. Einen Rückflug hat der angehende Lehrer noch nicht gebucht, voraussichtlich wird er im April nach Deutschland zurückkehren. Dann heißt es, sich um ein Referendariat an einer bayerischen Realschule für das kommende Schuljahr zu bewerben. Die erste Lehramtsprüfung hatte er im Frühjahr erfolgreich absolviert.

Den Gedanken von einer großen Reise nach Abschluss des Studiums und vor dem Start ins Berufsleben pflegt Müller schon einige Jahre – und hatte ihn im Februar 2022 bei der Verlängerung seines Vertrags bis zum Ende der laufenden Saison 2023/24 dem Verein mitgeteilt, den konkreten Termin aber damals offen gelassen. Dem neuen Trainer Julian Grell gegenüber habe er sich im Sommer vor Beginn der aktuellen Saison erklärt und ihn wissen lassen, dass er bis zur Winterpause zur Verfügung stehe. 

Vor seinem Wechsel zum TSV Aubstadt (rechts Steffen Behr) spielte Ben Müller für den Würzburger FV in der Bayernliga Nord.
Foto: Rudi Dümpert | Vor seinem Wechsel zum TSV Aubstadt (rechts Steffen Behr) spielte Ben Müller für den Würzburger FV in der Bayernliga Nord.

Vor sechs Jahren war der aus Ansbach stammende und in der Jugend des 1. FC Nürnberg fußballerisch ausgebildete Müller zum Studium nach Würzburg gekommen. "Ich hätte mir keine schönere Stadt zum Studieren vorstellen können", sagt er und kündigt an, nach der Reise wieder nach Würzburg zu ziehen – jedenfalls bis der künftige Unterrichtsort feststeht. Er schloss sich dem Würzburger FV an, spielte zwei Saisons lang für den Klub aus der Mainaustraße in der Bayernliga Nord ("ich hatte dort eine gute Zeit") und wusste Josef Francic zu beeindrucken, der in jenen Tagen den TSV Aubstadt zur Bayernliga-Meisterschaft und in die Regionalliga führte. 

"Ich hätte mir keine schönere Stadt zum Studieren vorstellen können."
Ben Müller vom TSV Aubstadt über Würzburg

"Wir haben einen Sechser gesucht und waren uns sicher, dass er eine Verstärkung für uns sein würde", erinnert sich Francic an den Sommer 2019, als er Müller von einem Wechsel nach Aubstadt überzeugte. Warum er ihn unbedingt wollte? "Er spielt intelligent, ist technisch wie charakterlich stark. Er ist einer, den sich jeder Trainer in seiner Mannschaft wünscht." Die angedachte Führungsrolle habe Müller sofort ausgefüllt, sagt Francic – und tue das bis heute.

Seit seinem Wechsel nach Aubstadt hat Müller kaum ein Spiel verpasst, war unter Francic, Victor Kleinhenz und ist unter Julian Grell der zentrale Spieler des Teams, dessen Kapitän er seit zweieinhalb Jahren ist. Ganz egal, ob im Mittelfeld oder wie zuletzt oft in der Dreierkette als Innenverteidiger. "Ich hatte ein Riesenglück, dass ich zur richtigen Zeit nach Aubstadt gekommen bin", sagt Ben Müller. Von Anfang an habe es Spaß gemacht, Teil der Mannschaft zu sein und für den TSV zu spielen. Zumal um die Mannschaft herum "nach dem Aufstieg eine extrem große Euphorie geherrscht" habe.

In ähnlicher Ausprägung ist sie aktuell beim TSV Aubstadt zu spüren, der am Samstag als Vierter ins Duell mit dem Tabellenführer aus Würzburg geht. Entsprechend schwierig fällt es Ben Müller nun, ade zu sagen. Selbst wenn er im Frühjahr nach seiner Rückkehr nach Deutschland wieder ins TSV-Trikot schlüpfen sollte, sind einige Punkte doch offen. Wird er die Mannschaft noch so wie vorher führen können oder nach fünf Monaten ohne Training nur mehr eine Nebenrolle spielen in einem Team, das im Saisonendspurt voll im Saft stehen wird? Wird es der zukünftige Job als Lehrer überhaupt zulassen, über die Saison hinaus noch auf diesem Level Fußball zu spielen – mit all den zeitintensiven Quer-durch-Bayern-Touren? Sei es in Aubstadt oder anderswo.

Ben Müller weiß auf diese Fragen keine Antworten, er will sie sich im Moment auch gar nicht stellen. Zumal ihn dieser Tage sowieso eher umtreibt, wie er in Auckland eigentlich an ein Fahrrad kommen soll.

 
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