Es dauerte nach dem Abpfiff einige Minuten, bis die Entspanntheit in die Gesichter der Handballer des TSV Lohr zurückgekehrt war. Dabei waren für sie die Voraussetzungen für einen freudvollen Samstagabend bestens gewesen: Die Spessarttorhalle war mit 500 Zuschauern und Zuschauerinnen gut gefüllt. Die Anwesenden wollten beim letzten Saisonspiel in der Abstiegsrunde der Bayernliga den eine Woche zuvor durch den Sieg in Friedberg geschafften Klassenerhalt feiern und bei der Verabschiedung dreier scheidender Spieler dabei sein.
Blöd nur, dass zwischendrin auch noch Handball gespielt werden musste. Und da holten sich die Lohrer bei der 24:33 (7:19)-Heimniederlage eine heftige Abreibung ab. Die Gäste, bei denen der Ligaverbleib ebenfalls eine Woche zuvor klar gemacht worden war, kamen mit der Situation besser zurecht als die Hausherren, obwohl auch sie aufs Feiern eingestellt waren. Das Erlanger Trainergespann coachte mit Anzug, während die mitgereisten Anhänger gewandet waren wie bei einer Prunksitzung zur Faschingszeit. "Wir haben vorher gesagt, wenn wir mit dem sicheren Klassenerhalt nach Lohr fahren, dann tragen wir Anzug", berichtete TVE-Co-Trainer Roland Nixdorf.
Mit einem Transparent zu den Fans
Während Nixdorf das sagte, zogen die Lohrer Spieler mit einem großen, roten Transparent mit der Aufschrift "Klassenerhalt" die Tribüne entlang und ließen sich vom Publikum abklatschen. Und auch TSV-Spielertrainer Maximilian Schmitt zeigte sich versöhnlich, trotz einer ersten Halbzeit, in der sein Team vom Gegner förmlich überrannt worden war: "Wir wollten uns ordentlich von den Zuschauern verabschieden, das haben wir zumindest in der zweiten Hälfte ordentlich geschafft."
Der 31-jährige Spielertrainer, der mit großer Wahrscheinlichkeit auch in der kommenden Saison sportlich beim TSV das Sagen haben wird, wollte auch deshalb nicht überkritisch sein, weil er in sein Urteil mit einbezog, was sich in den vorangegangenen Monaten ereignet hatte: "Was die Jungs in den letzten zehn Wochen vor allem mental leisten mussten, war Wahnsinn." Jedes Spiel habe seine Mannschaft unter extremem Druck gestanden. Da müsse man auch Nachsicht üben können, wenn es dann mit dem Klassenerhalt in der Tasche mal nicht so funktioniere wie gegen den TV Erlangen-Bruck, der sich zeitweise in einen Rausch gespielt hatte.
Vor der Partie hatte TSV-Handball-Abteilungsleiter Klaus Sieß drei Spieler aus dem Kreis der ersten Mannschaft verabschiedet. Eigengewächs Lorenz Schmitt legt aus beruflichen Gründen eine Pause ein, Bernardo Gomes de Almeida, gegen Erlangen-Bruck mit sieben Toren erfolgreichster Werfer seiner Mannschaft, geht zurück in seine portugiesische Heimat.
Und auch Rückraumspieler und Abwehrspezialist Lukas Horky wird nach acht Jahren in Lohr künftig wieder in Tschechien leben. Handball wird der 32-Jährige allerdings weiter in Deutschland spielen – und zwar beim HC Einheit Plauen, der gerade als Meister der fünftklassigen Sachsenliga in die Mitteldeutsche Oberliga aufgestiegen ist. "Da kann ich zweimal in der Woche von Pilsen aus zum Training hinfahren", berichtet Horky, dass er künftig seinen Lebensmittelpunkt wieder in der böhmischen Bierstadt haben wird, aus der er 2015 nach Lohr gewechselt war.
Da es Bier aber nicht nur in Pilsen, sondern auch anderswo gibt, konnten Lohrer Spieler, Mannschaftsverantwortliche und Fans im Anschluss an die Partie feiern. Denn in der Spessarttorhalle wurde die gemeinhin sehr beliebte Sorte des Freibiers ausgeschenkt – und angesichts der Umstände spielten die wenig geglückten 60 vorangegangenen Handballminuten dann nicht mehr die große Rolle.