
Wenn sich am Samstag, 8. Februar, der TV Marktsteft und der SV Michelfeld ab 20 Uhr zum Derby in der Oberliga gegenüberstehen, dann empfängt das Team aus der rund 1500 Einwohner zählenden Stadt die Handballer aus dem rund drei Kilometer entfernten Ortsteil, in dem 400 Menschen wohnen. Doch so nah sich die Kontrahenten räumlich sind, in einem Punkt unterscheiden sie sich wesentlich. Während der gastgebende TVM bei seinen Heimspielen kein Harz verwenden darf, spielt der SV Michelfeld zu Hause mit der klebrigen Masse an den Händen. Und das, obwohl beide Teams dieselbe Spielstätte nutzen – nämlich die Mehrzweckhalle in Marktsteft.
Die gleiche Halle und die gleiche Liga, aber unterschiedliche Bedingungen – das wirkt auf den ersten Blick kurios, hat aber einen handfesten Grund. Den beschreibt Bürgermeister Thomas Reichert, der selbst in seiner badischen Heimat beim TuS Hofweier und beim TuS Schutterwald Handball gespielt hat und in dessen Zuständigkeitsbereich die in kommunalem Eigentum befindliche Spielstätte fällt, so: "Es gibt ein vom Stadtrat genehmigtes Reinigungskonzept, bei dem die Spieler des SV Michelfeld die Harzflecken selbst beseitigen. Wenn dann wirklich noch einer zurückbleibt, erledigt das dann der Putzdienst, der am Montagmorgen vor dem Schulsport in die Halle kommt."
Der Bürgermeister muss nach eigenen Worten gleich mehrere Dinge im Blick haben: "Prinzipiell muss ich bestrebt sein, dass das städtische Eigentum pfleglich behandelt wird, aber auch, dass unsere Vereine ihren Sport unter guten Bedingungen betreiben können."

Der TV Marktsteft hat seinerseits eine Nutzung von Harz, das für eine bessere Kontrolle des Balles beim Wurf sorgt, aber klebrige Rückstände am Boden und an den Wänden hinterlässt, nicht beantragt, auch wenn "das einige im Verein gerne wollen", so TVM-Vorsitzender Sebastian Schneider, der aber entgegnet: "Ich bin kein Freund davon. Meinem Kenntnisstand nach entstehen da jährlich Kosten von 2000 bis 12.000 Euro. Der Verein hat 700 Mitglieder, die nicht alle Handballer sind und die diese Kosten für zwei oder Mannschaften mittragen müssten."
Ein Netz voller Bälle ohne Kleber
So müssen Gästevereine beim TV Marktsteft zum Aufwärmen vor dem Spiel Bälle ohne Haftmittel dabeihaben. Wären sie mit Harz bedeckt, "würde ich dem Verein die Reinigungskosten in Rechnung stellen", so Schneider, der aber ergänzt. "Bisher gab es da nie Probleme." Auch der SV Michelfeld verfügt nach Auskunft seines Vorsitzenden Harald Dennerlein über ein Netz unverharzter Bälle, mit denen in dieser Woche zur Vorbereitung auf die Umstände trainiert wird und die am Samstag zum Aufwärmen benutzt werden.
Grundsätzlich ist es so, dass der Bayerische Handball-Verband (BHV) laut Spielordnung die Nutzung von Harz auf Bezirksebene untersagt hat. In den höchsten Klassen im Freistaat bei den Männern, Frauen und der Jugend – den Regionalligen – ist sie allerdings obligatorisch, da Leistungs-Handball ohne Haftmittel nicht mehr vorstellbar ist. Zwischen den Klassen auf Bezirksebene und den Regionalligen sind die Oberligen (früher Landesligen) angesiedelt. In denen haben die Vereine die Option, eine Nutzung von Harz zu beantragen, so wie es der SV Michelfeld getan hat.
Großer Unterschied beim Ballgefühl
Der Handballer des TV Marktsteft spielen indes zu Hause ohne die klebrige Masse an den Händen, ebenso wie die Liga-Konkurrenten von der SG Kernfranken, vom SC Eching und vom HSV Hochfranken. "Handball mit Harz und ohne unterscheidet sich stark", gibt Schneider zu. So ist etwa das Gefühl beim Torwurf oder im Passspiel ziemlich unterschiedlich, weil der Ball mit dem Haftmittel einfach immer einen Tick länger an der Hand kleben bleibt.
So tun sich Teams, die in eigener Halle kein Harz benutzen, auswärts beim Spiel mit dem Kleber oft schwer. Und Mannschaften, die eigentlich mit der Masse an den Händen spielen dürften, bekommen Probleme, wenn sie sie nicht verwenden dürfen. So geschehen beim Marktstefter Relegationsspiel gegen den Abstieg im Mai 2023. Da unterlag der TVM im Hinspiel mit Haftmittel in Oberbayern beim Eichenauer SV mit 21:26, um sieben Tage später das Rückspiel ohne Kleber mit 32:25 für sich zu entscheiden und sich so den Klassenerhalt zu sichern.

Doch das Harzverbot beim TVM bietet nach den Worten von Sebastian Schneider nicht nur Vorteile: "Wenn du höherklassige Spieler haben willst und die erfahren, dass sie nicht harzen dürfen, dann kommen die nicht."
Und Kollege Dennerlein vom SV Michelfeld macht klar, dass er die Nutzung auf Betreiben seiner Spieler beantragt hat: "Die wollen mit Harz spielen. Dem haben wir als Verein Rechnung getragen und das Reinigungskonzept entworfen." Sogar, wenn das mit Arbeit verbunden ist: "Die Spieler sind nach dem Training oder dem Spiel immer eine halbe Stunde mit dem Putzlappen und Sprühdose unterwegs", so Dennerlein. Eine Tätigkeit, die sich die Michelfelder aufgrund des Harzverbots beim Lokalrivalen am Samstag einmal sparen können, wenn das Derby um 21.30 Uhr abgepfiffen sein wird.