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Salz
Er saß mehr als 16.000 Kilometer auf dem Fahrrad - in einem Jahr: Fredi Breunig zwischen Sucht und Passion
Fredi Breunig, Kabarettist aus der Rhön, bringt es im Jahr auf eine Kilometer-Anzahl, die ganze Rad-Gruppen nicht einmal gemeinsam schaffen. Was treibt ihn an?
Der Kabarettist und die Lust am Radfahren: Fredi Breunig (re) nahm Reporter Michael Nöth mit hinauf zum Rhöner Sehnsuchtsort, auf den Kreuzberg.
Foto: Heiko Becker | Der Kabarettist und die Lust am Radfahren: Fredi Breunig (re) nahm Reporter Michael Nöth mit hinauf zum Rhöner Sehnsuchtsort, auf den Kreuzberg.
Michael Nöth
 |  aktualisiert: 14.04.2025 07:00 Uhr

Sieben Grad im Saaletal, kalte Schneeluft - an Tagen wie diesen sieht man nicht gerade viele Radfahrer unterwegs. Nicht mal in der Rhön. Wen man sieht: Fredi Breunig. Der 65-Jährige fährt Fahrrad, ob es regnet oder schneit, ob es kalt ist oder warm. 16.800 Kilometer auf dem Sattel sind dabei im vergangenen Jahr zusammengekommen. Rein rechnerisch 42 Kilometer pro Tag. "Das hat vielleicht auch was mit Sucht zu tun", sagt der drahtige Rentner aus Salz im Landkreis Rhön-Grabfeld. "Das Schöne aber ist, dass diese Sucht gesund ist."

Fredi Breunig ist nicht nur gesund. Vor allem ist er fit. Das beweist der 65-Jährige beim Bergan-Treten zwischen Premich und Waldberg hier oben in der Rhön. Auf die Fragen des Reporters, der mit E-Bike mitfährt, antwortet der Frankenwürfel-Träger des Jahres 2013 ohne Atempausen, ohne seine hohe Trittfrequenz zu minimieren. "Genau das war mein Plan", sagt Breunig. "Auf dem Rad so fit zu sein, dass ich in meiner Freundes-Gruppe nicht immer der letzte bin!"

Heirat, Hausbau, Hobbys, Kinder - und erst mal keine Zeit mehr fürs Rad

Und radelnd blickt der 65-Jährige zurück. "Zwischen 1990 und 1995 bin ich mit dem Rennrad Touren um Bad Königshofen gefahren." Danach kamen Heirat, Hausbau, Hobbys mit Fasching und Kabarett, Kinder, Job - und damit wenig Zeit fürs Radfahren.

Erst zehn Jahre später sei er wieder verstärkt in die Pedale getreten. "Damals als typischer Schönwetter-Sportler: Fahren von März bis Oktober, über den Winter kein Kesselfleisch und kein Schäufele ausgelassen, sodass ich im nächsten Frühjahr wieder Buße tun musste auf dem Rad", erzählt Breunig auf der kleinen Radtour. "Schwache Oberschenkel und schmerzender Hintern, in der Gruppe immer der Letzte. Das hat mich genervt."

Kabarettist Fredi Breunig nimmt Reporter Michael Nöth (re) mit auf Tour zu seinen Lieblingsorten in der Rhön.
Foto: Heiko Becker | Kabarettist Fredi Breunig nimmt Reporter Michael Nöth (re) mit auf Tour zu seinen Lieblingsorten in der Rhön.

Den Winter 2017/18 sei er durchgefahren, erinnert sich Breunig: "Für Schnee damals war's zu mild." Sein jährliches Kilometer-Pensum steigerte er kontinuierlich - von anfangs 2000 auf 4000, 5000, 7000 und schließlich 12.000 Kilometer pro Jahr.

Beachtliche Zahlen und durchaus zeitintensiv. "Der Durchbruch zu den Zehntausendern kam, als ich im vergangenen Jahr in Rente ging!", erläutert Breunig, stramm unterwegs am Dorfausgang von Waldberg. Seine Frau Marianne nehme seine Rad-Passion gelassen, lacht er im Sattel: "Sie hat mich ja vor Jahren zum Radeln gebracht, als sie sagte: Willst du nicht mal wieder was für deine Gesundheit tun!"

Zu Unterfrankens höchstem Gipfel: Fredi Breunigs Blick schweift über Täler und Wälder der Rhön

Zum Wohlbefinden gehört für den 65-Jährigen auch, den Blick auf dem Weg zum Kreuzberg über Täler und Wälder der Vorrhön hinweg bis tief hinein ins Grabfeld schweifen zu lassen. "Ganz hinten, dort an der Heldburg. Bis dahin fahre ich immer meinen 100 Kilometer. 50 hin und 50 zurück, alles Asphalt, alles schön flach!" In diesem Jahr hatte der ambitionierte Fahrradfahrer diese Strecke schon im Februar bewältigt. Mit seinem neuen Rennrad - "ein echtes Profi-Rad!" - und in neuer Rekordzeit, sagt Breunig stolz. "3 Stunden, 10 Minuten für die 100 Kilometer statt knapp 4 Stunden davor!"

Da saust er lang - zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter: Fredi Breunig auf seinem Fahrrad unterwegs in der Rhön.
Foto: Heiko Becker | Da saust er lang - zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter: Fredi Breunig auf seinem Fahrrad unterwegs in der Rhön.

Das neue Bike, ein "Spezialized S-Works Tarmac SL8", hat er vom deutschen Rennstall Redbull Bora-Hansgrohe erstanden. "Ich wusste, dass die Profi-Räder nach einer Saison verkauft werden. Du musst sie halt so nehmen, wie sie angeboten werden", erzählt Breunig. Rahmen-Größe aussuchen und bestellen - das sei noch schnell gegangen. Es habe aber mehrere Anfragen und Telefonate gedauert, bis das Zweirad-Schmuckstück nach Salz geliefert wurde. 6,8 Kilo leicht, eine hohe Übersetzung - profimäßig eben.

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"Ein Schnäppchen", bilanziert der Qualitätsmanager im Ruhestand, "10 000 Euro günstiger als der Neupreis!" Immerhin kostete ihn das neue Profi-Rad noch 7000 Euro. "Viel Geld, aber wenn man fast jeden Tag auf dem Bock sitzt, absolut jeden Cent wert!"

Ohne Pause kurbelt er sich mit seinem Mountainbike, auch ein S-Works, den Pilgerweg hinter Waldberg entlang bis zum Guckas-Pass. Trink-Pause? "Die machen wir am Kreuzberg", gibt der 65-Jährige vor und tritt ohne langsamer zu werden den Schotterweg hoch zum Gipfel und zu den drei Kreuzen.

Sehnsuchtsort Kreuzberg, Blick über die Rhön: Fredi Breunig und Michael Nöth (li) an den drei Kreuzen. 
Foto: Heiko Becker | Sehnsuchtsort Kreuzberg, Blick über die Rhön: Fredi Breunig und Michael Nöth (li) an den drei Kreuzen. 

Beim Blick über die Rhön gerät der Sälzer ins Schwärmen: "Wir haben es doch schön hier. Du setzt dich aufs Rad und bist in kürzester Zeit in der Ruhe der Natur!" Tumult mag Fredi Breunig nicht. Deshalb zieht es ihn immer unter der Woche zum Kreuzberg. "Du weißt genau, im Kloster ist täglich geöffnet und nicht so viel Betrieb wie am Wochenende."

Im Sommer geht es hinauf zum Sehnsuchtsort Kreuzberg - mehrmals in der Woche

Zwei bis dreimal fährt er in den Sommer-Wochen zu seinem Sehnsuchtsort. Eines der 17 Radschlösser, die dauerhaft hier oben am Schloss-Gatter hängen, gehört ihm. Dann schließt er sein Rad ab, bestellt sich eine Maß Bier und ein Käsebrot bevor es zurückgeht, wieder hinab.

Er hat dabei auch schon böse Überraschungen erlebt, sagt Fredi Breunig. Schnee, zehn Zentimeter hoch auf seinem Sattel im April, Eises-Kälte und Wasser in den Schuhen. Das alles nimmt er hin. Er hat seine Ausrüstung diesen Extrem-Situationen angepasst und beteuert: "Ich war schon 30 Jahre nicht mehr krank."

Seine Fitness hat er sich wortwörtlich selbst erarbeitet. "Im Internet bin ich auf den FTP-Test gestoßen, hab mich in die Grundlagen der Trainingslehre und der funktionellen Schwellenleistung eingelesen, ein Pulsmessgerät samt Gurt sowie einen Watt-Messer gekauft und über KI einen Trainingsplan erstellt."

Haben sich die Pause mit Radler-Maß im Kloster verdient: Kabarettist Fredi Breunig (re) auf Tour mit Reporter Michael Nöth zum Kreuzberg. 
Foto: Heiko Becker | Haben sich die Pause mit Radler-Maß im Kloster verdient: Kabarettist Fredi Breunig (re) auf Tour mit Reporter Michael Nöth zum Kreuzberg. 

Breunig hat sich auf diese Weise eine Grundlagenausdauer erarbeitet, die ihn locker über die Rhöner Hügel, Alpenpässe oder Berge auf Mallorca bringt. Im September will er mit drei Freunden aus seinem Geburtsort Großeibstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) nach Andalusien fahren, ein Alpencross ist ebenfalls in Planung.

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Breunig träumt davon, die drei legendären Tour-de-France-Pässe Mont Ventoux, Alpe d'Huez und Tourmalet zu bewältigen. Das Stilfser Joch hat er schon hinter sich. Dafür tritt er gerne ausdauernd in die Pedale. Mit seiner MTB-Gruppe aus Salz mittwochs oder an den Wochenenden mit Rennrad-Freunden. Oft aber auch alleine.

Da gerate er in den kreativen Flow. Fällt ihm etwas Gutes für seine kabarettistischen Auftritte ein, bremst auch Fredi Breunig tatsächlich mal ab. Dann spricht er schnell den Gedanken aufs Handy. Und flugs geht die Fahrt schon weiter.

Fahrrad-Putzen nicht nötig, der Eintrag ins Fahrtenbuch schon

Daheim stellt er dann sein Bike ab - "Mit der Radpflege nehm' ich es nicht so genau, geputzt wird erst, bevor es peinlich wird!" - und schaut aus seinem Arbeitszimmer hoch zum Kreuzberg. Und denkt sich: "Gerade war ich doch noch dort oben!"

Fredi Breunig notiert sich jede seiner Fahrten in einer Excel-Tabelle. Die weist für dieses Jahr schon im März eine schon beachtliche Kilometer-Zahlen aus: 1650 km auf dem Rennrad, 1200 km auf dem Gravel-Bike und 884 km auf dem MTB.

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Am Kreuzberg war er bis Mitte März schon 15 Mal. Im vergangenen Jahr kam der Dauer-Radler auf 60-Kreuzbergfahrten. Toppen müsse er das nicht: "Es kommt, wie es kommt. Aber 50 sollten heuer wieder drin sein."

Breunig hat sich angewöhnt, zum Ausgleich nach jeder, aber wirklich jeder Fahrt ("Selbst nachts nach 23 Uhr") Muskelübungen mit Training für Bauch und Rücken zu machen. Zur Rad-Fitness gehörten eben Disziplin und geschmeidige Muskeln am ganzen Körper. 

Sieben Grad im Saaletag, kalte Schneeluft, alles andere als Fahrrad-Wetter - an solchen Tagen stellt sich bei Fredi Breunig nach der Tour echte Zufriedenheit ein. "Etwas für die Gesundheit gemacht, schöne Natur-Eindrücke gesammelt und interessante Begegnungen gehabt. Schöner kann ich mir mein Leben als Rentner nicht vorstellen."

Wie der Autor die Recherche erlebt hat

Michael Nöth
Foto: Angie Wolf | Michael Nöth
Ich folge Fredi Breunig schon lange. Nicht nur in den Sozialen Medien. Wir sind beide nahezu gleich alt und haben uns vor Jahrzehnten erstmals getroffen: Ich als Ferienarbeiter, er als Auszubildender bei der Münnerstädter Glaswarenfabrik. Und uns verband schon immer die Liebe zum Sport.
Fredi Breunig war freier Mitarbeiter der Sportredaktion im Grabfeld, ich der zuständige Redakteur. Auch seine zweite Karriere als Kabarettist nach seinem beruflichen Aufstieg beim MGlas-Nachfolger Nipro zum "Global Regulatory Affairs and Compliance Leader" habe ich redaktionell eng verfolgt: Das Derbläggn als Bruder Elisäus, die Auftritte bei Fastnacht in Franken und bei der Närrischen Weinprobe waren feste Termine im Redaktionskalender.
Jetzt, da wir beide im Ruhestand sind, beeindruckten mich seine Rad-Fahrten. 16.800 Kilometer in einem Jahr - was treibt ihn an? Wie hat er sich die Fitness dafür erarbeitet, was sagt seine Frau dazu? Das sind Fragen, die mich beschäftigt haben. Ich habe sie ihm gestellt - natürlich bei einer Fahrt mit dem Rad hinauf zum Kreuzberg. Und damit ich ihm dabei nicht allzu weit hinterher treten muss, habe ich mich aufs E-Bike gesetzt.
 
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