
Einmal im Jahr ist Burglauer das wichtigste Dorf – mit Sicherheit des Landkreises, aber eigentlich sogar das wichtigste Dorf Frankens, wenn nicht sogar Bayerns. Man bemerkt das, wenn schon rund um die Rudi-Erhard-Halle der Duft von dampfendem Sauerkraut hängt. Die Lauertaler Blasmusik spielt drinnen den Einheizer, die proppenvolle Halle ist ein seliger Ort der Vorfreude.

Das 17. Politiker-Derbläggn mit Fredi Breunig steht an, der fränkische Nockherberg also. Was bedeutet, dass sich vor allem die Polit-Prominenz ein Stelldichein gibt. Die Gesundheitsministerin Judith Gerlach aus Aschaffenburg hat sich im Dirndl fein gemacht, Innenstaatssekretär Sandro Kirchner nebst Gattin haben auf der Ehren-Bierbank Platz genommen. Tischnachbarn sind Landrat Thomas Habermann mit Frau, der Kissinger Landrat Thomas Bold und – um es zu verkürzen – alles, was CSU-mäßig so Rang und Namen hat.
Am Nachbartisch, keinesfalls ein Büßerbänkchen, zeigen die Roten Präsenz. Kein Klaus Ernst, dafür aber der Linke und DGB-Funktionär Frank Firsching aus Schweinfurt. René van Eckert und seine Rhöner SPD-Genossen wissen keine geringere als Ronja Endres, die Vorsitzende der Bayern-SPD, in ihren Reihen. Auf Facebook konnte man erfahren, dass sie schon von Berlin aus im Dirndl nach Burglauer gestartet war, um sich nicht wieder in der Zugtoilette umziehen zu müssen.
Die IHK-Präsidentin Trips als Neuling im Publikum
Hier und da ein (Möchtegern-)Bürgermeister-Kopf aus der Region, Größen der Finanzwelt, die IHK-Präsidentin Caroline Trips als Neuling im Publikum, vor allem aber die Glücklichen aus dem einfachen Volk, die an Karten für die gut 500 Plätze gekommen sind. "Wir könnten die Halle dreimal füllen, so hoch ist die Nachfrage", wusste Moderator Sven Schröter.

Die Ebelsbacher CSU-Stimmenkönigin Dorothee Bär und die SPD-Kollegin Sabine Dittmar mussten aus Berlin verhandlungsbedingt Absagen schicken. Am Ende hätte die Berliner Sondervermögen-Politik garnicht zur Fastenpredigt von Fredi Breunig gepasst.
Bis der Sälzer Kabarettist loslegen kann, vergehen kurzweilige drei Stunden. Das Derbläggn ist ein verweltlichter katholischer Ritus, also werden zuallererst zwei Fässer Kreuzbergbier wie die Monstranz einer Fronleichnamsprozession zur Bühne gebracht. Zweieinhalb Schläge von Hausherr und Bürgermeister Marco Heinickel – und "ogezabbpfd iss!".
Ein famoser Christoph Maul bringt Veitshöchheim-Niveau
Dann betritt Christoph Maul die Bühne. Der Mittelfranke aus Schillingsfürst ist Sitzungspräsident der Veitshöchheimer Fastnacht in Franken. Und was er in gut 30 Minuten ablieferte, war extraklasse. Judith Gerlach bekommt ihr Fett weg, weil sie die gesundheitliche Wirkung von Starkbier in Zweifel zieht, der überall sich hinfläzende Markus Söder wird zur Lachnummer karikiert.

Wunderbar die komischen Geschichten vom angepinkelten Schillingsfürster Christbaum für den Papst bis zum Familienurlaub im Rhön-Park-Hotel, wo sich der Familienvater am Kinder-Buffet bedient, damit er nicht vom arabischen Kichererbsen-Püree essen muss. "Hummus ist für mich immer noch Mutterboden", gibt er sich fränkisch-trotzig, bevor er von seinen Vaterfreuden erzählt, die nicht einmal ein Online-Schwangerschaftskurs trüben kann. Wie schön, dass der Kabarettist und Comedian im November in Waltershausen ein zweites Mal in diesem Jahr in Rhön-Grabfeld gastiert.
Schönaus Bürgermeisterin Sonja Rahm glänzt bei ihrem Debüt
Nicht fehlen darf beim Burgläurer Derbläggn eine Preisverleihung. "Franke mit Rückgrat" heißt die Auszeichnung. Träger des Titels ist heuer der Premicher Landespolitiker Sandro Kirchner. Der geschichtsbewusste Rhöner kann schnell die Jahreszahl 1804 als Zeitpunkt der Vollendung Bayerns nennen, denn damals sei auch Unterfranken zu Bayern gekommen. Schmetternd erklingt sogleich das Frankenlied.
Nach der Pause gleich noch eine Perle. Die Schönauer Bürgermeisterin Sonja Rahm von den Freien Wählern hatte ihre Premiere beim Derbläggn. Dass sie das politische Gstanzl, den bayerischen Spottgesang, so grandios beherrscht, verschlägt dem Publikum den Atem. Dass sie mit drei weiteren Frauen weit in der Unterzahl in der männlichen Bürgermeisterwelt ist, macht sie nicht kleinlaut.
Stattdessen gibt es für ihre Kollegen treffsichere Spottverse. Der Bad Neustädter Bürgermeister sollte sich weniger um sportliche Kraftprotzerei als um mehr politisches Geschick bemühen. Die langen Kreistagssitzungen zermürben auch Sonja Rahm, die sich die Zeit nicht mit Stricken vertreiben will wie die Grüne Birgit Reder-Zirkelbach.
Seitenhiebe auf Landrat Thomas Habermann
Die in Liedform gesetzten Seitenhiebe auf Landrat Thomas Habermann, der seine Partei zu sehr am engen Zügel führt und den Nachwuchs an der Entfaltung hindere, die saßen. "Thomas, jetzt haste deine Hymne", war ihr Schlusswort zu ihrem Lied "CSUler habt Mut", für das es tosenden Applaus gab. Sonja Rahm ist praktisch schon gesetzt für das nächste Derbläggn 2026.

Zu schon vorgerückter Stunde dann der Auftritt von Fredi Breunig als Fastenprediger Elisäus. Der Sälzer hat die wichtigsten Nachrichten aus Rhön-Grabfeld und Drumherum gesammelt und zu einer einstündigen Kette von Kuriositäten aneinandergereiht. Beim Mürschter Heimatspiel wurde ein historischer Heuwagen tatsächlich von der Polizei angehalten: Da muss auch Bürgermeister Michael Kastl noch einmal den Kopf schütteln. Fredi Breunig wundert sich, dass beim ÖPNV-Angebot Callheinz eine Frau am Telefon abhebt. Von Glasfaser-Anschlüssen rät der Fastenprediger ab, weil dann nur noch Tik-Tok-Videos geschaut würden, die der AfD nützen.
Ganz aktuell hat er die niederschmetternde Nachricht dabei, dass das Kreuzberglied aus Wuppertal stammen könnte. Auch mit der Kandidatensuche bei der Rhön-Grabfelder CSU für die Habermann-Nachfolge befasst sich Bruder Elisäus. Über die SPD in den Koalitionsverhandlungen wundert er sich etwas, denn man könnte glauben, sie habe knapp die absolute Mehrheit errungen.
Elisäus mit einer soliden Fastenpredigt
Sein Blick geht auch nach Schweinfurt, wo er sich für das Sachs-Stadion eine Rasenheizung vorstellen kann. Bei einem Wieder-Abstieg der Schnüdel würde eine solche Heizung das Pflanzenwachstum bei landwirtschaftlicher Nutzung des Areals stärken. Auch Bezirkstagspräsident Stefan Funk wird begrüßt, dessen Ehrenamt mit gut 8000 Euro Aufwandsentschädigung versüßt wird.

Für Elisäus ist es ein Jammer, dass die Kissinger Hütte abgebrannt ist, doch er verkündet Hoffnungsvolles mit einem angepeilten Benefizkonzert der wiedervereinigten Kultband "Rhöner Bluat" im Jahr 2026.
Fredi Breunigs pointierter Pressespiegel kam auch in seiner 17. Auflage glänzend an beim Publikum. Wer nicht derbläggd wurde, hatte das Nachsehen. Am Ende ertönt ein inbrünstiges Kreuzberglied. Der Gesang ist bis zum Nockherberg in München zu hören.