Es hätte schön werden können: Eine neue Wallfahrerunterkunft mit 160 Betten auf dem Kreuzberg, naturnah gebaut, mit Gründächern, als erster Schritt für eine Neukonzeption auf dem in die Jahre gekommenen Areal. Investitionen im zweistelligen Millionenbereich waren vorgesehen, Baubeginn sollte noch heuer sein. Doch nun wird nichts aus dem Projekt, alles ist auf Eis gelegt.
"Die Pläne sind fertig. Aber die Entwicklungen seit dem Ukraine-Krieg, auch was den Bausektor betrifft, haben uns nachdenklich gestimmt. Momentan ist das Projekt gestoppt", so Pater Cornelius Bohl, Provinzial der Franziskaner in Deutschland. Von München war er extra auf den Kreuzberg gekommen, um die schlechte Nachricht zu verkünden.
Die Kosten sind unkalkulierbar geworden
"Die Kostenentwicklung bei Großprojekten dieser Art ist derzeit unkalkulierbar, das Risiko können wir nicht verantworten", so der oberste Vertreter der Franziskaner in Deutschland. Dem Kloster Kreuzberg geht es also wie vielen anderen Bauwilligen, die derzeit nicht wissen, ob ihre Berechnungen der Preisentwicklung standhalten werden und deshalb zögern.
Das Kloster-Areal mit seiner Mischung aus spirituellem und touristischem Zentrum ist in die Jahre gekommen und vor allem ein Stückwerk unterschiedlichster Bauphasen und Nutzungen. Der Neubau eines Wallfahrerzentrums wäre ein erster großer Schritt für eine Neukonzeption gewesen. 160 schlichte Übernachtungsmöglichkeiten hätte der Neubau bieten sollen. Geplant waren turmartige, in den Hang gebaute Gebäude auf der Fläche der aktuellen Gästeparkplätze schräg unterhalb des Bruder-Franz-Hauses beziehungsweise der Hundezwinger.
Der Brandschutz geht vor
"Wir sind nicht hier, um Bier zu verkaufen, sondern um Wallfahrer aufzunehmen", sagt Provinzial Pater Cornelius, der auf die 400-jährige Tradition der Franziskaner auf dem Kreuzberg verweist und die noch viel ältere Geschichte des Berges als Kultstätte. Doch gerade die Beherbergung der Wallfahrer ist zurzeit nur eingeschränkt möglich. Der Brandschutz ist das große Problem am Kreuzberg. Nach der letzten Begehung wurde beschlossen, die Massenlager zu schließen. Über die Jahre seien mehr oder weniger Schwarzbauten entstanden, die heutigen Vorschriften bei weitem nicht genügen würden.
Statt bis zu 400 Plätzen für Pilger hat das Kloster durch die Schließungen nur noch 130 Betten in etwas hochwertigeren Unterkünften. Für die Mehrzahl der rund 20 großen Wallfahrten im Jahr reiche dies, rechnet Guardian Korbinian Klinger vor. Aber fünf große Pilgerzüge mit rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern benötigen mehr Platz.
Den sollten die neuen Häuser mit ihren 160 Plätzen bieten. "Aber auch Radlergruppen oder Jugendgruppen hätten eine kostengünstige Übernachtungsmöglichkeit", so der Provinzial. Solche Jugendgruppen hätten auch das spirituelle Angebot der Franziskaner auf dem Kreuzberg bereichern können, das war die Hoffnung des Guardians für die Weiterentwicklung als spiritueller Ort.
Die Reißleine wurde im März gezogen
Die Finanzierung und Abwicklung sollte über die Franziskaner Kloster Betriebe GmbH erfolgen, deren Gesellschafter die Deutschen Franziskaner sind. Das vorläufige Moratorium für das Projekt wurde bereits im März beschlossen, als die Entwicklungen durch den Ukraine-Krieg, Rohstoff-Knappheit und Preissteigerungen immer deutlicher wurden. Bischof Franz Jung und Rhön-Grabfeld-Landrat Thomas Habermann sind mittlerweile informiert, sie beide eint ein vitales Interesse an der Zukunft des spirituellen und touristischen Zentrums der Rhön.
Zu viele Fragezeichen stehen im Raum. "Wie entwickeln sich die Wallfahrten in Zukunft, bleiben die großen weiter so groß?", fragt Provinzial Pater Cornelius. Man wolle in Ruhe überlegen, wie es weitergehen könne. Man stehe auch in der Verantwortung für rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Eine Baustelle, die zwei Jahre ruht, weil Material oder Personal fehlen, das gäbe bei den Gästen auch einen Aufschrei", formuliert es der Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe, Christian Weghofer. Er sieht für das Gastgewerbe noch nicht das Ende des Pandemie-Tunnels. Auch das müsse man im Auge behalten.
Gewaltiger energetischer Sanierungsbedarf
Weghofer hat mit allerlei Widrigkeiten zu kämpfen. Denn ein großer Investitionsstau herrscht auch bei der energetischen Sanierung des Komplexes. "Die Stromleitung zum Kreuzberg ist zu schwach, deswegen laufen die Geschirrspüler zum Beispiel mit Gas", erklärt Weghofer. Gas und Heizöl sind die maßgeblichen Energieträger. Möglicherweise ist der Umstieg auf Holzpellets eine Alternative, aber die Verknüpfung aller Gebäudeteile stellt sich als schwierig dar. Moderne Wärmepumpen-Systeme kommen wegen der alten Bausubstanz wohl nicht infrage. Und dann muss das Energiekonzept die neue Wallfahrer-Unterkunft schon einbeziehen, deren Verwirklichung eigentlich nur aufgeschoben sei.
Als nüchternes Bauprojekt will es Guardian Korbinian Klinger nicht sehen. "Es soll der Anfang sein eines Gesamtentwurfes. Wir wollen dem Berg ein Stück Würde zurückgeben, wo Umwelt, Menschen und Spiritualität zur Einheit werden", formuliert es der Geistliche. Er will eine stimmige Gesamtausrichtung für das Areal. "Ich komme aus Oberbayern. Dass man in Biergärten auf Teerboden sitzt, gibt es dort nicht", so Guardian Klinger mit einem Augenzwinkern.
Es geht in kleineren Schritten weiter
Aktuell werden sich die Verantwortlichen also mit kleineren Schritten begnügen müssen. Die großen, professionell organisierten Wallfahrten wie die Karlstädter sind informiert und suchen sich selbstständig Ersatzquartiere in der Umgebung. Vonseiten des Klosters müsse man da keine Hilfestellung leisten, sagt Pater Korbinian.
Bleibt noch ein Straßenbauprojekt, das im Zusammenhang mit den Planungen für den Kreuzberg steht. Das Klosterareal wird von einer Straße durchschnitten, die die privaten Anwesen am Weiler Kreuzberg erschließt und als Zufahrt für den Anlieferverkehr dient. Kreuzberg-Besucher, Wanderer und Pkw teilen sich an manchen Tagen sehr beengt den Platz.
Auch deshalb gibt es Pläne, diese Kreisstraße etwas unterhalb des Klosters zu verlegen, wobei keine detaillierten Entwürfe öffentlich sind. "Das ist auch eine Frage der Sicherheit", hält Provinzial Pater Cornelius ein solches Projekt weiter für sinnvoll, wenn auch nicht alles entscheidend für die zukünftige Entwicklung. Im Kreistag gibt es aber auch Gegenwind für eine neue Trasse.
Einen massiven Einschnitt in das Waldgebiet durch von Steuergeldern finanzierten Strassenbau rechtfertigt das nicht.
Aber die Straße wird kommen, denn steter Tropfen höhlt den Stein…….