
Mit den Worten: "Das Katzenleid in Unterfranken wird immer größer und wir kommen nicht hinterher. Wir sind die ganze Zeit nur am Rotieren und es wird trotzdem immer schlimmer", beschreibt Inka Sörries vom Verein Katzenhilfe in und um Würzburg ihre ehrenamtliche Tätigkeit. Bis in die frühen Morgenstunden sind Mitglieder des Vereins in Stadt und Landkreis Würzburg unterwegs und halten Ausschau nach streunenden Katzen. Regelmäßig finden sie vor allem in den ländlichen Hotspots Unterpleichfeld, Gelchsheim und dem Ochsenfurter Gau verwahrloste, verletzte oder kranke Katzen sowie ganze Würfe, die sie in ihren Pflegestellen aufpäppeln. Ein Großteil der gefundenen Tiere ist nicht kastriert, wodurch die Anzahl an Streuner jährlich zunehme.
Das Tierheim Würzburg betreute 2020 rund 181 Fundkatzen, 2021 waren es 183 und 2022 160, informiert die Leiterin Anja Schneider. Im Moment sei die Anzahl der Katzen überschaubar. Das ändere sich in den Sommermonaten, wenn Katzen sexuell aktiv sind. "Es kommen immer ganz viele Waisenkätzchen, wo die Mütter nicht auffindbar sind. Die werden unter uns Pfleger je nach Kapazität aufgeteilt", sagt Schneider. Dazu kommen "ganze Würfe mit verwilderten Jungkatzen", die auf Bauernhöfen geboren werden und in der Regel krank sind. Ein Fulltime-Job, denn die Katzen benötigen intensive Pflege und sind schwer vermittelbar. Dabei gibt es in den Augen der Tierschützer eine Lösung für das Problem.
"Der Trend geht zur Einführung einer Katzenschutzverordnung"
Abhilfe schaffen würde eine Katzenschutzverordnung, die ab 1. April beispielsweise in Aschaffenburg in Kraft tritt und bereits in vielen weiteren Städten und Gemeinden umgesetzt wird. In Stadt und Landkreis Würzburg gibt es derzeit keine Pläne nachzuziehen, das bestätigen die zuständigen Pressestellen auf Nachfrage. Eine solche Verordnung würde bedeuten, dass frei lebende Katzen kastriert, gechippt und registriert werden müssen. Dadurch könne eine unkontrollierte Vermehrung verhindert, aber auch die Besitzerinnen und Besitzer von ausgebüxten Katzen schneller ermittelt werden.
"Meiner Meinung nach ist es heutzutage unumgänglich, der Trend geht zur Einführung einer Katzenschutzverordnung, da muss auch Würzburg nachziehen", sagt Anja Schneider. Es sei dem Tierschutzverein Würzburg sowie der Katzenhilfe und ihren regelmäßigen Kastrationsprogrammen zu verdanken, dass das Problem noch nicht "völlig ausgeufert" ist, verdeutlicht sie. In den Sommermonaten arbeite die Katzenstation an der Kapazitätsgrenze und müsse teilweise Aufnahmestopps für Abgabetiere verhängen.
Inka Sörries von der Katzenhilfe Würzburg spricht von einer akuten Situation im Landkreis. "Zwischen 2019 und 2022 stammten 40 bis 60 Prozent der versorgten unterfränkischen Katzen aus dem Landkreis und vereinzelt aus der Stadt Würzburg." Trotzdem sei es auch mit Blick auf die Stadt wichtig, präventiv tätig zu werden. Im Stadtbild fielen Katzen eher auf, während sie auf dem Land zum Landschaftsbild dazugehören würden. Niemand hinterfrage dort eine streunende Katze, erklärt die Ehrenamtliche.
Katzenschnupfen ist nicht mit menschlichem Schnupfen vergleichbar
Je höher die Katzendichte, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich Krankheiten wie Katzenschnupfen oder Katzenaids weiter verbreiten. Unkastrierte Katzen haben laut Sörries ein höheres Ansteckungsrisiko als kastrierte Katzen, denn sie hätten häufiger Risikokontakte durch Kämpfe oder den Fortpflanzungsakt. "Ein Risiko besteht aber durchaus auch für andere Tiere oder den Menschen – besonders in Form von Parasiten wie zum Beispiel Würmern", ergänzt sie.

Was es für eine Katze bedeutet, wenn sie an Katzenschnupfen erkrankt, erklärt Anja Schneider, Leiterin des Tierheims Würzburgs. "Das variiert von einem leichten Schnupfen, wo sie nur niesen oder tränende Augen haben, bis zu einem massiven Katzenschnupfen. Da hat die Katze eiternde Augen und die Nase ist verkrustet." Erfolgt keine Behandlung, bleiben die Bakterien im Auge und die Katzen werden blind oder verlieren die Augen ganz. "Oft ist es gepaart mit einer Herpesinfektion, die bekommen sie im Maulraum und können nichts mehr fressen. Solche Katzen sterben unbehandelt. Das ist nicht mit unserem Schnupfen vergleichbar", führt sie aus.
Inzucht zwischen Katzen kann unter anderem zu Missbildungen führen
Dabei spreche medizinisch nichts gegen eine Kastration, sagt Tierarzt Dr. Thomas Schober. Er besitzt eine eigene Praxis und behandelt mehrmals pro Woche die Tierheimtiere. Pro Jahr kastriert er im Schnitt 350 bis 400 Katzen. "Das findet unter Vollnarkose statt und dauert circa zehn bis fünfzehn Minuten." Bereits vor der Operation erhält die Katze ein Schmerzmittel, danach befindet sie sich in einem beheizten Aufwachzimmer und ist am nächsten Tag wieder einsatzbereit, erklärt er. "Eine Kastration macht vor allem aufgrund des genetischen Pools Sinn", sagt Schober. "Wenn jetzt acht Katzen auf einem Bauernhof nicht kastriert sind und sie vermehren sich, dann hat man Inzucht dabei. Das führt zu Missbildungen oder einer Herabsetzung des Immunsystems."
In seine Praxis kommen nur wenige, die sich dazu entscheiden, ihr Tier nicht zu kastrieren. 99 Prozent seien sich laut Schober darüber im Klaren, dass sie ihre Katze kastrieren möchten. Immer mal wieder höre er zwar das Gegenargument, dass kastrierte Katzen ihr Wesen verändern würden, für ihn ist das aber ein "Pseudo-Argument von Laien." Er erklärt: "Eine unkastrierte Katze kann wesentlich anstrengender sein, als eine kastrierte, weil sie dauernd den Hormonzyklus durchläuft und da verändern sie sich immer mal wieder vom Wesen her." Eine kastrierte Katze bleibe hingegen auf dem Status Quo.
Stadt und Landkreis Würzburg setzten auf Freiwilligkeit
Stadt und Landkreis setzten bei der Frage der Kastration auf Freiwilligkeit. "Probleme an einzelnen Anwesen konnten auf freiwilliger Basis, auch unter Einbindung der Tierschutzorganisationen durch gezielte Kastrationsaktionen gelöst werden", informiert das Veterinäramt des Landkreises Würzburg. Zumal die Verordnung laut Veterinäramt nur dann in Erwägung gezogen werde, wenn frei lebende Katzen aufgrund der hohen Populationsdichte erheblichen Schmerzen oder Schäden ausgesetzt sind. Für den Landkreis Würzburg seien solche Probleme nicht bekannt.
Dieser Aussage schließt sich auch Christian Weiß, Pressesprecher der Stadt Würzburg, an und ergänzt: "Bereits bei den ersten Anzeichen von größeren Populationen werden die Katzen durch Tierschutzverbände eingefangen und kastriert." Um das zu gewährleisten, arbeiteten alle Beteiligten eng zusammen. Unter anderem unterstützte die Stadt Würzburg sowohl die Katzenhilfe in Form einer Kastrationspauschale als auch das Tierheim bei der Pflege von Fundtieren finanziell.
Eine Unterstützung, für die die Tierschützer zwar dankbar sind, doch die Mittel würden nicht ausreichen. "Für Fundtiere bekommen wir eine Kleinigkeit, aber das reicht hinten und vorne nicht", sagt beispielsweise die Leiterin des Tierheims. Auch hier würde eine Katzenschutzverordnung helfen.