Ute Koncsik aus Würzburg kann nur mit dem Kopf schütteln, wenn das Thema "Zölibat" wieder einmal hohe Wellen in der katholischen Welt schlägt. Die jüngsten Äußerungen dazu von Benedikt XVI., des 2013 von seinem Amt zurückgetretene Papstes, sind für sie nicht nachvollziehbar. Ute Koncsik ist über 50 Jahren verheiratet - mit dem griechisch-katholischen Priester Endre József Koncsik aus Ungarn. Dort dürfen angehende Geistliche vor ihrer Weihe vor den Traualtar treten.
Weil die katholische Kirche durch die kommunistische Regierung großen Repressalien ausgesetzt war, flüchtete das Priesterehepaar 1990 mit seinem Sohn nach Würzburg. Bis 2013 war Endre Koncsik als Vizeoffizial der Diözese tätig. Seine Berufung und seine Arbeit als Geistlicher habe nie unter seiner Ehe gelitten, sagt Koncsik.
Genau dies befürchtet jedoch Joseph Ratzinger durch eine Lockerung des Zölibats, den er jetzt öffentlich verteidigte. Dass sich der emeritierte Papst zu dem heiklen Thema priesterliche Ehelosigkeit äußerte, wurde als Affront gegen Papst Franziskus gewertet. Am Dienstag indes distanzierte sich Benedikt XVI. jedoch von der Co-Autorenschaft des bereits vor der Veröffentlichung vieldiskutierten Buches über Priestertum und Zölibat - nicht aber von seinem Beitrag darin. Herausgeber ist Kurienkardinal Robert Sarah. Laut Erzbischof Georg Gänswein, Privatsekretär des emeritierten Papstes, sollen Namen und Bild von Benedikt auf dessen Wunsch vom Bucheinband entfernt werden. Ebenso Teile im Buch, die er nicht mitverfasst habe.
"Da ich aus einer großen Priesterfamilie stamme, habe ich einen sehr guten Einblick", sagt Endre Koncsik. "Auch verheiratete Priester leben in der Hingabe an Gott und versorgen ihre Gemeinden. Unsere Pfarrhäuser in Ungarn sind durchgehend offen, so dass man uns auch in Problemfällen erreichen konnte." Auch in Würzburg habe die Familie ihm den Rücken freigehalten. "Durch meine eigenen Erfahrungen im Familienleben kann ich die Probleme der Menschen ganz anders verstehen und helfen",so Koncsik.
"Wir haben stets alle Aufgaben gemeinsam gemeistert", sagt auch Ute Koncsik. Als Pfarrersfrau sei sie oft die erste Ansprechpartnerin gewesen und nicht immer der Priester als Respektsperson. "Mit der Frau - oft auch Beichtmutter - lässt es sich leichter reden. In Ungarn schätzt man die Pfarrersfrauen. Sie sind die Seele des Hauses."
Endre Koncsik sieht noch einen weiteren Vorteil in der Möglichkeit der Priesterehe: "In meiner ungarischen Diözese gibt es keinen Priestermangel, den gab es noch nicht einmal im Kommunismus!" Seit dem Ende dieser Ära gebe es sogar mehr Bewerber, als man im Priesterseminar aufnehmen könne, so Koncsik. "Demzufolge wählt der Bischof die besten Kandidaten aus, die dann oft auch in Rom studieren. So hat jede Gemeinde ihren eigenen Pfarrer, was ja für die Weitergabe des Glaubens und der kirchlichen Tradition von großer Bedeutung ist."
Der Würzburger Theologe Wunibald Müller hofft, dass sich Papst Franziskus von den Einlassungen seines Vorgängers Benedikt XVI. nicht beeindrucken lässt und bewährte verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden können. "Damit wird das Ende des Pflichtzölibats eingeleitet", sagt er auf Nachfrage. "Ich sehe das, was Joseph Ratzinger tut, als ein letztes Aufbäumen, um die Abschaffung des Pflichtzölibats zu verhindern." Müller ist sich sicher: "Es wird ihm aber nicht gelingen. Und das ist gut so. Auch weil er ohnehin oft nicht mehr gelebt wird." Zudem sei der Pflichtzölibat die Ursache für großes Leid und stellt einen Risikofaktor für sexuellen Missbrauch dar, so Müller.
Aufrichtiges Beileid den Pfarrern, die unter der Bunkermentalität der Männeramtskirche leiden
und bei denen im Alter noch mehr unter der Einsamkeit leiden.
Über die Zeit hinweg hat sich die römisch-katholische Kirche immer irgendwie – beinahe unmerklich – an die jeweilige Zeit angepasst. Vielleicht wäre genau jetzt der richtige Zeitpunkt, wieder eine kleine Anpassung zuzulassen …
Und es würde den Priestern die Arbeit und Ihr Leben ja auch erleichtern. Ein evangelischer Pfarrer kann aus eigener Erfahrung über das Thema Ehe zu seinen „Schäfchen“ sprechen – einem katholischer Priester fällt es ungleich schwerer, ernst genommen zu werden …
Wer weiß – vielleicht würde eine gewissen „Normalisierung“ zu diesem Thema ja auch einen Beitrag dazu leisten, die Zahl der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche sinken zu lassen … und das alleine wäre ja schon ein sehr guter Grund, finde ich.
können das ja gleich gar nicht nachvollziehen, dass eine Ehefrau eine seelische Entlastung für einen Pfarrer bedeutet.
Wie soll man sich der katholische Lehre verbunden fühlen, wenn sie ganz offensichtlich nicht mit der Realität in Einklang gebracht werden kann?
Ja – es mag sein, dass sich evangelische Pfarrersleute auch mal streiten. So wie das so ziemlich alle Menschen gelegentlich machen, die ein gemeinsames Leben führen. Und trotzdem tun sie es … 😉
Soll das ein Argument für ein Zölibat sein? „Damit man sich als Priester nicht mit seinem Ehepartner streiten muss …?“.
Im Ernst jetzt?