zurück
Würzburg
Zahl der Betrugsversuche steigt auch in Unterfranken stark: Kriminelle mit Enkeltrick immer erfolgreicher
Aller Aufklärungsarbeit zum Trotz: Die Meldungen über Enkeltricks und Telefonbetrug reißen nicht ab. Das Polizeipräsidium Unterfranken bestätigt eine Zunahme der Fälle.
So beginnt der Betrug oft: mit einer täuschend echt aussehenden Nachricht auf dem Handy - angeblich von einem Verwandten, in Wahrheit von Abzockern.
Foto: Zacharie Scheurer, dpa | So beginnt der Betrug oft: mit einer täuschend echt aussehenden Nachricht auf dem Handy - angeblich von einem Verwandten, in Wahrheit von Abzockern.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:36 Uhr

Trotz aller Warnungen: Immer wieder fallen ältere Menschen auf Enkeltrickbetrüger am Telefon herein, die ihre Hilfsbereitschaft skrupellos missbrauchen. Die Entwicklung macht der Polizei in Unterfranken Sorgen. Denn ihre Zahlen und jüngste Fälle zeigen: Die Betrüger haben - trotz guter Aufklärungsarbeit von Seniorenverbänden - immer häufiger Erfolg.

Ein aktueller Fall in Würzburg liegt nur wenige Tage zurück. Eine Seniorin hörte Entsetzliches am Telefon: Ihre Tochter habe einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht, nun müsse für sie eine Kaution in Höhe von 100.000 Euro hinterlegt werden. Die Anruferin machte ihr Opfer konfus, die Frau ließ sich überreden, ihr Erspartes einer fremden Geldbotin zu übergeben.

Erst hinterher stellte sich heraus: Nichts daran stimmte, die Seniorin aus Lengfeld war Betrügern durch den "Enkeltrick" aufgesessen - wie davor andere Betroffene in Dettelbach (Lkr. Kitzingen), Bad Kissingen und im Main-Tauber-Kreis. 

Bayerisches Landeskriminalamt: Massive Steigerung der Fälle

Die Anrufer setzen bei der perfiden Masche auf finanzielle Hilfsbereitschaft unter Verwandten und geben sich am Telefon in vielen Fällen als Polizisten aus. Mal ruft vermeintlich die Staatsanwaltschaft an. Mal melden sich scheinbar Tochter oder Sohn per SMS oder WhatsApp-Nachricht. Mal soll ein Verwandter jemanden überfahren haben - und immer geht es um das Ersparte. Den WhatsApp-Betrug erfasst das bayerische Landeskriminalamt etwa erst seit 2022. Allein im vergangenen Jahr sind im Freistaat 11.000 Fälle bekannt geworden. In etwa einem Drittel davon überwiesen die Opfer Geld, insgesamt rund acht Millionen Euro.

Die Zahl der Schockanrufe ist laut Polizeiangaben in den vergangenen fünf Jahren massiv gestiegen. Weil die verschiedenen Varianten dieser Masche aus Telefonzentralen, häufig in Osteuropa, organisiert werden, spricht man von Callcenter-Betrug. Zwar blieb in Unterfranken die Zahl der bekannt gewordenen Versuche 2022 laut Polizeisprecher Enrico Ball annähernd gleich zum Vorjahr, als 2592 Fälle registriert wurden. Doch die Täterinnen und Täter waren dreimal so erfolgreich wie 2021, als sie in 152 Fällen abkassiert hatten. Nach Angaben des Polizeipräsidiums ging es im Vorjahr um 1,4 Millionen Euro, im vergangenen Jahr wurden die Opfer bereits um über vier Millionen Euro betrogen.

Bayernweit fürchtet die Polizei, dass diese Zahl noch einmal steigen wird.  Nur selten werden - wie kürzlich in Bad Kissingen - zumindest die Geldboten erwischt, weil der Angerufene misstrauisch war oder gewarnt wurde. Doch die Abholer sind oft nur für diese Gelegenheit engagiert und kennen selbst die Hintermänner nicht, die einfach weitermachen können.

Enkeltrick: eine altbekannte Masche in immer neuen Varianten

Dabei ist der Enkeltrick eine alte Masche. Der Augsburger Soziologe Christian Thiel, der zu Betrugsfällen forscht, sagt zu den Ursprüngen: "Der Legende nach hat ihn ein bekannter Betrüger zufällig entwickelt." Der Mann habe einen älteren Herrn angerufen und ihm einen billigen Teppich als hochwertig andrehen wollen. Der Senior verwechselte ihn mit seinem Enkel und gab dem Betrüger bereitwillig Geld. Seitdem, so Thiel, kursiere die Masche in immer neuen Variationen. Immer häufiger werden inzwischen Betrugsversuche über das Smartphone und Nachrichten per WhatsApp.

Grundvertrauen ausgenutzt: Täter bauen starken Druck auf

"Herauszufinden, dass der Absender nicht Enkel oder Kind ist, ginge einfach", sagt der Soziologe. Aber damit die Opfer nicht die echten Kinder oder Enkel kontaktierten, würden die Täter sehr viel Druck aufbauen. Nur warum fallen Menschen immer wieder auf die Tricks herein – trotz der Aufklärung? "Wir begegnen anderen mit einem gewissen Grundvertrauen", sagt Thiel. Das nutzten die Täter aus. "Für unsere Forschung haben wir mit Geschädigten gesprochen. Viele konnten nicht verstehen, warum sie den Trick nicht durchschaut haben."

Thiels Rat: "Wenn Ihnen etwas merkwürdig vorkommt – vor allem, wenn es um Geld geht –, sprechen Sie mit einer dritten Person oder mit der Polizei." 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Lengfeld
Bad Kissingen
Dettelbach
Manfred Schweidler
Betrüger
Landeskriminalämter
Millionen Euro
Polizei
Polizeipräsidium Unterfranken
Staatsanwaltschaft Würzburg
Söhne
Unterfranken
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Auf eigenen Wunsch gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ra.kellermann@gmx.de
    erstaunlich aber auch erschreckend dass das immer wieder funktioniert. Der erste Schritt: den angeblich betroffenen Enkel oder das Kind kontaktieren!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • renitenti
    Senioren sparen überall, sonst hätten sie meist nicht so viel Geld. Zuhause sollte man auch nur einen überschaubaren Betrag haben, also warum fällt dies nicht bei der Abhebung auf der Bank auf, wenn solche Summen abgehoben werden. Arbeiten da auch nur noch Roboter, Computer oder so. Meines Wissens müssen hohe Beträge erst bestellt werden oder dauern bei der Auszahlung, da wäre etwas Zeit zur Kommunikation. Banken sollten jetzt wieder interessiert sein, Geld zu behalten, um es teuer als Kredit weiterzureichen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Fällt auch auf, und es werden auch durchaus Leute von Bankangestellten angesprochen, was die hohe Abhebung für einen Hintergrund hat.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Logi
    Den Eltern das Konto zum Abheben auf 1000€ begrenzen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ginola245@gmail.com
    Auf eigenen Wunsch hin gelöscht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten