Die Glaskeil Kunststoffe GmbH + Co. KG, eines der traditionsreichsten Unternehmen in Würzburg, kehrt der Stadt den Rücken. Im Giebelstadter Gewerbegebiet Airpark will die Firma ihren neuen Standort errichten. Der Gemeinderat dort gab den Plänen in seiner jüngsten Sitzung sein Einvernehmen. Nun muss das Landratsamt über den Bauantrag entscheiden. Für 2023 ist der Umzug geplant, sagt Geschäftsführer Hans Schulze Schwienhorst - 125 Jahre nach der Gründung durch den Würzburger Glasermeister August Keil.
Das 4,5 Hektar große Gelände im Geviert zwischen Levi-Strauss- und Winfried-Herrmann-Straße und vis-à-vis der Bootswerft Bavaria war Teil des früheren US-Militärstützpunkts. Bis 2018 standen dort noch die ehemaligen Munitionsbunker, bevor Glaskeil das Gelände von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erwarb. "Es ist ein guter Schritt für die Zukunft des Unternehmens", sagt Schulze Schwienhorst.
Glaskeil konzentriert sich auf die Verarbeitung von Glas und Kunststoff
Die jüngere Geschichte der Firma ist wechselvoll. Nach dem Umzug in die Nürnberger Straße im Jahr 1974 stieg Glaskeil zu einem der größten Glashändler Deutschlands auf und setzte zunehmend auf die Herstellung von Isolierglas-Scheiben. Was das Unternehmen einst groß gemacht hatte, führte nach der Jahrtausendwende wirtschaftlich in die Sackgasse, sagt der Geschäftsführer. Billiganbieter und Überkapazitäten am Markt hätten die Handelsmargen und damit die Erlöse verdorben. 2008 musste das bis dahin familiengeführte Unternehmen Insolvenz anmelden. Die allermeisten der ehemals bis zu 210 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz.
Die Dortmunder Jaeger-Gruppe, ein Familienunternehmen mit dem Schwerpunkt im Bausektor, übernahm Glaskeil im Herbst des gleichen Jahres und trennte sich zum Neustart vom Glashandel und den Isolierglasscheiben, um sich ganz auf die Verarbeitung und Veredelung von Glas und Kunststoff zu konzentrieren. "Wir haben die Bereiche gestärkt, die Wertschöpfung ins Unternehmen bringen", so Schulze Schwienhorst. 2012 wurde das Portfolio um Montageleistungen und die Herstellung von Fenstern für den Jacht- und Caravan-Bau erweitert, 2018 ging eine Brennanlage zur Herstellung von Einscheiben-Sicherheitsglas in Betrieb
Breit gestreute Kundenstruktur aus verschiedenen Branchen
Seit der Übernahme setze Glaskeil auf eine breit gestreute Kundenstruktur aus unterschiedlichen Branchen - vom Privatkunden über regionale Handwerksbetriebe bis zu industriellen Auftraggebern. "Keiner unserer Kunden macht mehr als drei Prozent Umsatz aus, deshalb sind wir sehr gut vor kundenspezifischen Einbrüchen geschützt", so Schulze Schwienhorst. Auch die Corona-Krise habe Glaskeil deshalb nichts anhaben können. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen 115 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Neuausrichtung ist nun aber zugleich der Grund für den geplanten Standortwechsel. "Unsere große Halle muss man sich wie sieben hintereinander laufende Hallenschiffe vorstellen, so wie das für den Handel mit Glas konzipiert war", sagt der Geschäftsführer. "Moderne Glas- und Kunststoffverarbeitung hat ganz andere Platzansprüche." Auf dem bisherigen Areal seien diese Ansprüche - etwa für die Installation einer modernen Zuschnittanlage - kaum zu verwirklichen. "Deshalb lag der Schritt nahe, nach einem neuen Standort zu suchen."
Im Airpark Giebelstadt plant Glaskeil nun ein Gebäude mit Abmessungen von 217 mal 67 Metern und einer Höhe von rund 13 Metern. Die Nutzfläche der Produktionshalle sei zwar mit 14 573 Quadratmetern nicht viel größer als am bisherigen Standort, dafür aber optimal auf die Arbeitsabläufe zugeschnitten. Zu den Baukosten will sich Schulze Schwienhorst nicht äußern.
"Auch wenn wir kaum mehr Platz haben, wird die Kapazität deutlich höher sein", sagt der Geschäftsführer. Er sieht deshalb den neuen Standort als Grundlage für eine gesunde Entwicklung des Unternehmens. Auch an der Kundenklientel soll sich nichts ändern. "Auch Privatleute, die nur eine einzelne Glasplatte brauchen, können weiterhin zu uns kommen."
Wann es soweit sein wird, steht allerdings noch nicht fest. "Unsere Baufirma steht schon in den Starlöchern", sagt Hans Schulze Schwienhorst. Bis sie anfangen kann, muss aber zunächst das Landratsamt die Baugenehmigung erteilen. Nachdem der Giebelstadter Gemeinderat das Vorhaben einhellig begrüßt hat, hofft der Geschäftsführer auf eine zügige Bearbeitung. Die reine Bauzeit ist auf 14 Monate veranschlagt. "Mein Wunsch wäre, dass wir 2023 das 125. Firmenjubiläum schon in Giebelstadt feiern können", so Schulze Schwienhorst.
Unklar ist derzeit noch, was aus dem bisherigen Standort an der Nürnberger Straße werden soll. "Wir eruieren gerade verschiedene Optionen", sagt der Geschäftsführer, "das Ergebnis ist aber noch offen."