Fast zwei Monate ist der tödliche Messerangriff von Würzburg her, eine Vernehmung des Täters steht aber weiterhin aus. "Sie konnte bisher nicht durchgeführt werden", bestätigt auf Anfrage die Generalstaatsanwaltschaft in München, bei der die Ermittlungen zusammenlaufen. Neue Erkenntnisse zum Tatmotiv habe man bislang nicht, sagt Oberstaatsanwalt Klaus Ruhland.
Bei der Gewalttat am Würzburger Barbarossaplatz hatte am 25. Juni ein Mann aus Somalia offenbar wahllos drei Frauen erstochen und fünf weitere Menschen lebensgefährlich verletzt. Passanten drängten den Angreifer ab, er wurde von der Polizei in einer Seitengasse festgenommen. Die Tat hatte deutschlandweit für Entsetzen gesorgt.
Pflichtverteidiger: Täter "psychisch außerordentlich angeschlagen"
Nach Recherchen dieser Redaktion war der 24-Jährige drogenabhängig, hatte wahnhafte Störungen und war in den vergangenen drei Jahren bereits fünf Mal zur Behandlung in der Psychiatrie, zuletzt Mitte Juni in Würzburg.
Dreieinhalb Wochen nach seinem Amoklauf in der Würzburger Innenstadt wurde er im Juli vom Gefängnis in ein psychiatrisches Krankenhaus außerhalb Unterfrankens verlegt. Dass dort bis heute noch keine Vernehmung stattfinden konnte, liegt nach Darstellung seines Pflichtverteidigers Hanjo Schrepfer am labilen Gesundheitszustand des Täters. Dieser habe sich, so sein letzter Eindruck, nicht nennenswert verbessert.
"Er wirkt psychisch außerordentlich angeschlagen", sagt Schrepfer. Der Zustand des 24-Jährigen sei sehr schwankend. Deshalb könne er eine länger dauernde Vernehmungssituation derzeit nicht verantworten, so Schrepfer auf Anfrage. Erst müssten die Ärzte das Krankheitsbild hinreichend unter Kontrolle bringen. Er wolle sich in Kürze persönlich wieder ein Bild vom aktuellen Zustand des Somaliers machen, so der Pflichtverteidiger.
Unterdessen laufen die Ermittlungen der 130-köpfigen Sonderkommission weiter. Zahlreiche Zeugen werden befragt – nicht nur mit Blick auf die Attacke als solche, sondern auch im persönlichen Umfeld des Täters. Dessen Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat sollen unabhängig voneinander zwei Sachverständige klären.
Ermittlungen sollen bis Herbst abgeschlossen werden
Wann ihre Ergebnisse vorliegen? "Sie brauchen ihre Zeit", heißt es von der Generalstaatsanwaltschaft. In eineinhalb bis zwei Monaten sollten die endgültigen Gutachten vorliegen. Ziel sei es, die Ermittlungen bis zum Herbst abzuschließen, so Sprecher Ruhland. Sollte der Täter für schuldunfähig erklärt werden, wird er wohl dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.
Einen möglichen extremistischen Hintergrund der Tat will die Generalstaatsanwaltschaft zwar weiterhin nicht ausschließen. Für eine endgültige Bewertung sei es zu früh. Allerdings haben alle Ermittlungen, Vernehmungen und Auswertungen – etwa von Handys und Speicherkarten – offenbar keinerlei Hinweise auf ein islamistisches Motiv gebracht. Pflichtverteidiger Hanjo Schrepfer sieht sich nach erneuter Akteneinsicht in seiner ersten Einschätzung bestätigt: "Im Hintergrund stehen hier psychiatrische Erkrankungen, die sich zugespitzt haben in dieser abscheulichen Tat."