Als eine "saftige Ohrfeige für alle, die dort mitgewirkt und versucht haben, mit viel Einsatz friedlich ein sichtbares Zeichen zu setzen", benannte Michael Groha, Vorsitzender der IG BAU Mainfranken, die Tat. Unbekannte Täter zerstörten im Juli das Denkmal für die Opfer von Hanau am Würzburger Dallenberg. Weiß auf schwarz waren ihre Porträts und Namen am Treppenaufgang zur Konrad-Adenauer-Brücke neben der Straßenbahnhaltestelle am Dallenbergbad zu sehen. Groha wolle das Denkmal wieder erneuern, sagte er kurz nach der Zerstörung. Was ist nun der aktuelle Stand?
Jugendbildungsreferent IG Bau sieht Zusammenhang mit weiteren Zerstörungen
Am 19. Februar 2020 wurden in Hanau aus rassistischen Gründen neun Menschen mit ausländischen Wurzeln getötet. An die Opfer sollte das Mahnmal auch in Würzburg erinnern. Dahinter stehen der Bezirksverband Mainfranken der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau), der Kulturverein des Würzburger Wagenplatzes, die Bipoc-Hochschulgruppe, Antifa Würzburg und weitere engagierte Einzelpersonen. Das Mahnmal sei noch nicht komplett fertig erneuert, "beispielsweise fehlt noch das IG Bau-Logo und wir schauen uns nochmal die Details an", sagt Jonas Schneider, Jugendbildungsreferent der IG Bau Franken, auf Anfrage. Bis Ende dieser Woche soll es aber fertig gestellt werden. "Uns war wichtig, dass die Gesichter der Menschen schnellstmöglich wieder zu erkennen sind."
Schneider sieht einen Zusammenhang zu den Zerstörungen des Anti-Rassismus-Graffitis in der Zellerau und den Zerstörungen der Regenbogen-Markierungen in der Innenstadt. "Das sind alles die gleichen Täter, das weiß ich, weil ich diese Leute schon viel zu lange beobachte", ist er sich sicher. Zudem wisse er, dass auch das vermehrte Anbringen rechtsradikaler Sticker und Graffitis in Würzburg von dieser Gruppe verübt wird. Dass die Polizei wie bereits berichtet, kein vermehrtes Anbringen feststellen konnte, sehe er als "lachhaft" an. "Hier merkt man, wie blind die Polizei ist."
Seiner Meinung nach habe sich diese Gruppe vergrößert, seitdem der nicht zugelassene Direktkandidat der AfD, Hans-Jörg Müller, nach Würzburg gezogen ist. "Wir haben Naziterroristen in Stadt und Landkreis Würzburg leben und das wollen viele nicht wahrhaben."
Zerstörung als anti-muslimische Tat?
Währenddessen laufen die Ermittlungen des zuständigen Staatsschutz-Kommissariats weiter. Wie Philipp Hümmer, Pressesprecher der Polizei Unterfranken, jedoch auf Anfrage mitteilt, gebe es noch keine neuen Erkenntnisse. Auch auf die Frage, ob die Polizei Zusammenhänge zu weiteren Zerstörungen in Würzburg sehe, ist die Antwort undeutlich. "Im Rahmen der Ermittlungen wird stets auch ein Zusammenhang zu weiteren gleichgelagerten Fällen geprüft", so Hümmer.
Sophia Sigloch ist Teil der Bipoc-Hochschulgruppe, die ebenfalls maßgeblich die Erneuerung des Mahnmals vorangetrieben hat. Bipoc ist eine Abkürzung für Black, indigenous People and People of Color. Es ist eine selbstgewählte Bezeichnung und ein kollektiver Begriff für Menschen, die sich als nicht-weiß definieren. Sigloch sieht die Zerstörung als einen Schlag ins Gesicht. "Wir fühlen uns von strukturellem Rassismus und Faschisten bedroht. Durch die Zerstörung des Denkmals haben wir gemerkt, dass diese rechten Strukturen sehr wohl in Würzburg vorhanden sind." Sigloch sei sich sicher, dass es sich hierbei um eine anti-muslimische Tat handelte.