"Wir sind einer Täuschung erlegen", stellt Marcus Ramsteiner, Leiter der Realschule Höchberg, ernüchtert fest. "Vor nicht allzu langer Zeit wurde noch über den 'Freedom Day' geredet." Er schaut mit Sorge auf die Infektionszahlen. "Was passiert, wenn sie weiter steigen?"
An seiner Schule sind in den vergangenen Wochen einige positive Corona-Fälle aufgetreten. Erstmals musste auch eine ganze Klasse in Quarantäne geschickt werden – was eintritt, sobald zwei Schüler einer Klasse positiv getestet werden. "In den vergangenen eineinhalb Jahren hatten wir insgesamt drei Corona-Fälle an unserer Schule – jetzt sind es manchmal drei Fälle am Tag", sagt der Schulleiter.
Schulleiter sieht Schulen nicht als Treiber des Infektionsgeschehens
Die Kontaktnachverfolgung von positiv getesteten Schülern nehme massiv Zeit in Anspruch: "Oft haben wir den ganzen Tag damit zu tun." Zu den Aufgaben der Schule gehöre unter anderem, Kontaktlisten auszufüllen, E-Mails an die Kontaktpersonen der Kategorie 1 zu verschicken und die Mitschüler der betroffenen Klasse sieben Tage lang täglich zu testen.
Gleichzeitig sei klar, dass Schulen nicht der Treiber des Infektionsgeschehens seien. "Mir ist kein Fall von Corona bekannt, der innerhalb der Schule weitergegeben wurde", sagt Ramsteiner, der dies als Zeichen dafür wertet, dass die Hygiene- und Schutzmaßnahmen greifen.
Von der technischen Seite her sieht er seine Schule auf Distanzunterricht zwar gut vorbereitet, "da herrscht eine gewisse Routine auf Lehrer- und Schülerseite". Aber: "Mir fehlt die Fantasie, wie Schüler und Lehrer mit einer weiteren Schulschließung umgehen sollten, das würde uns allen nicht gut tun", ist er überzeugt – zumal die Schäden, die die Zeit der langen Isolation bei den Jugendlichen hinterlassen hätten, noch nicht voll ersichtlich seien.
Man habe alle Hände voll zu tun, dass die Schüler wieder im Schulalltag Fuß fassten. Routinen fehlten, die Jugendlichen wüssten zum Teil nicht mehr, wie sie sich motivieren oder für eine Schulaufgabe vorbereiten sollten. "Es geht darum, wieder das Lernen zu lernen", so Ramsteiner. Eine Schulschließung würde alle zurückwerfen. "Ich habe die große Hoffnung, dass dies nicht passiert“, sagt der Schulleiter. "Ich glaube, eine flächendeckende, längere Schulschließung kommt nicht mehr in Frage."
Statt langfristiger Pläne: den Status Quo managen
An der Höchberger Realschule hat man sich entschieden, die in der Weihnachtszeit üblichen Veranstaltungen abzusagen: Adventskonzerte in der Aula sollen nicht stattfinden, und auch das als Ersatz geplante Weihnachtsdorf auf dem Pausenhof fällt aus. "Wir halten das für fair und verantwortungsvoll – nicht alles, was man darf, muss man ausschöpfen", so Ramsteiner.
Derselben Meinung ist Michael Hümmer, Leiter der Mittelschule Ochsenfurt: "Man muss nicht alles ausreizen, was die Gesetzeslage erlaubt." Man plane aktuell so, dass man eine Veranstaltung auch kurzfristig absagen könne. Insgesamt würden auch neue Formate, wie beispielsweise ein Videoangebot für den Elternsprechtag, ausprobiert. Weit in die Zukunft plane man gerade nicht: "Es geht darum, den Status Quo zu managen", so Hümmer.
Die Schutzmaßnahmen an den Schulen zeigen Wirkung
Momentan sei die Lage an seiner Schule noch relativ ruhig. Zu Beginn des Schuljahres seien einige wenige Schüler positiv auf Corona getestet worden; aktuell gebe es einen bestätigten positiven Fall. Bisher habe sich gezeigt, dass es bei Infektionen innerhalb der Schule keine starke Verbreitung der Viren gebe. Und trotzdem: "Die Werkzeuge für Distanzunterricht haben sich etabliert – falls eine Klasse in Quarantäne müsste, sind wir vorbereitet", sagt Hümmer.
In den Klassenzimmern werde regelmäßig gelüftet, die Räume der Abschlussklassen seien mit Luftfiltern ausgestattet, im nächsten Jahr erhalte man außerdem feste raumlufttechnische Anlagen. "Das Kollegium ist sehr vorsichtig", so Hümmer. "Schutzmaßnahmen wie Lüften und die Maskenpflicht werden sehr ernst genommen."
Auch der Ochsenfurter Schulleiter plädiert dafür, dass der Präsenzunterricht aufrecht erhalten wird: "Das ist der bessere Weg." Er habe den Eindruck, dass gerade die unteren Klassenstufen während des Lockdowns viel Zeit mit Social Media und vor dem PC verbracht hätten. Diesem veränderten Freizeitverhalten wolle man entgegenwirken, "da haben sich viele Defizite aufgestaut", sagt Hümmer. Aus dem Kollegium höre er außerdem, dass die Schüler es sehr positiv fänden, wieder in der Gruppe zu sein.
"Wir haben das Schuljahr relativ normal begonnen", blickt Thomas Blendinger, Leiter der Grundschule Eisingen-Waldbrunn auf die vergangenen Monate zurück. "Es gab ein zartes Pflänzchen Hoffnung und das Gefühl, auf dem Weg Richtung 'Jetzt wird es wieder gut' zu sein."
Auch wenn es an seiner Schule aktuell keinen Corona-Fall gebe, mache er sich Sorgen, wie sich die Pandemie auf die Schülerinnen und Schüler auswirken könnte. "Wir sind sehr angespannt, was da eventuell auf uns zukommt", so Blendinger.
Ministerpräsident Markus Söder hat den Präsenzunterricht an Schulen immer wieder als "allerhöchste Priorität" bezeichnet – doch angesichts der politischen Gesamtsituation fragt sich Blendinger, wie viel Bestand diese Aussage hat. Was die Technik angehe, fühle man sich gerüstet: "Wäre die Schule ab morgen geschlossen, wüssten jeder im Kollegium genau, was er zu tun hat", sagt Blendinger. Digitaler Unterricht per Padlet hätte sich in der Vergangenheit eingespielt. "Wir sorgen uns eher, wie Eltern auf eine erneute Schulschließung reagieren würden – und was das für die Familien und die Kinder bedeuten würde."
Klar sei, dass Distanzunterricht den Präsenzunterricht und dessen soziale Komponente nicht ersetzen könne. Vor allem zahlenmäßig große Klassen hätten nach dem Lockdown Probleme gehabt, wieder zueinander zu finden und sich an die Regeln zu halten. Gemeinschaft müsse erst wieder als Normalität erlernt werden, so Blendingers Beobachtung. Er hält es für wichtig, dass sich wieder ein routinierter Tagesablauf etablieren kann.
Späte Testergebnisse stören den Schulbetrieb
Ein Störfaktor sei, dass die Ergebnisse der Pooltests teils zu spät zurückgemeldet würden – wohl wegen Überlastung, so Blendinger. Wenn am Morgen getestet werde, sei normalerweise am Abend desselben Tages das Ergebnis da, auf das man sofort reagieren könne. "Kommt das Ergebnis erst später, müssen die Schüler am nächsten Morgen noch zusätzlich einen Schnelltest machen", erklärt Blendinger. Dies störe den Betrieb und sorge dafür, dass 15 bis 20 Minuten der ersten Unterrichtsstunde verloren gingen.
Dass nun erneut in der Weihnachtszeit Einschränkungen bevorstehen, bedauert der Schulleiter. "Adventsfeiern können eventuell nicht wie geplant stattfinden oder müssen, falls sich der Rahmenhygieneplan ändert, ganz ausfallen." Trotzdem würden kleine Aufführungen mit den Schülern vorbereitet: "Notfalls führen wir es nur einer anderen Klasse vor – oder uns selbst", sagt Blendinger. Spontan reagieren sei das Gebot der Stunde – "das haben wir in den vergangenen eineindreiviertel Jahren ja gelernt".
Alles, was bisher an Maßnahmen unternommen wurde, geschah auf Eigeninitiative mancher Lehrer, der Schulen, deren Träger, also der Städte und Gemeinden oder privater Initiatoren, wie zum Beispiel Elternbeiräte. Offiziell aus dem Kultusministerium kamen nur Durchhaltebriefchen. Deren Strategie scheint zu sein, wenn man nur lange genug wartet, geht das Problem von alleine wieder weg, dann kann man wieder weitermachen, wie die letzten 100 Jahre. Nur scheint diese Kalkulation nicht aufzugehen. Es wird Zeit, dass sich mal was bewegt.
Verantwortung sieht anders aus. "Zivilcourage" auch!
30 Kinder sitzen mehere Stunden zusammen in einem geschlossenen Raum, Luftfilter gibt es an den meisten Schulen nicht und selbst der direkte Banknachbar eines infizierten Kindes muss nicht mal mehr in Quarantäne.
Inzidenzen in Bayern nach Altersgruppe KW 45/2021:
0-5 Jahre: 291
6-11 Jahre: 1146
12-15 Jahre: 1054
16-19 Jahre: 836
20-34 Jahre: 662
35-59 Jahre: 585
60-79 Jahre: 331
80+ Jahre: 305
Quelle: https://www.lgl.bayern.de
Die höchsten Inzidenzen genau im Schulkind-Alter.
"... dieses Jahr gibt das Kultusministerium 'Präsenzunterricht um jeden Preis' vor. Kinder sind tolle Spreader, oft asymptomatisch aber absolute Virenschleudern. [...] Sobald das da einer hat, fallen die anderen Familienmitglieder die Tage danach wie Dominosteine."
Quelle: Mitarbeiter der Corona Taskforce im Hotspot Rottal-Inn
https://www.reddit.com/r/de_IAmA/comments/qy5yvi/comment/hlefzbw/
Möglicherweise ist bei den anderen Altersgruppen die Dunkelziffer höher, denn genau die Schulkinder werden engmaschig und zwingend getestet.
Ältere Personen werden eben nicht getestet, bei leichter Erkältung geht man - mitunter aus Angst vor den Folgen - lieber nicht zum Arzt.
Und: im Gegensatz zu Schülern (gerade unter 12) können sich die meisten impfen. Und viele tun es ja auch.
Es wird höchste Zeit, dass sich Kinder impfen lassen können, wen schon die Erwachsenen keinen Bock haben.
Es ist korrekt, dass sich die genannten Zahlen auf ganz Bayern und das Zitat des Mitarbeiters des Gesundheitsamts sich auf den Landkreis Rottal Inn mit Inzidenzen > 1000 beziehen.
Sollten Sie überprüfbare öffentlich zugängliche Daten des Infektionsgeschehens der letzten Wochen und Monate innerhalb der Würzburger Schulen haben, würde ich mich zu einem Link zu der Quelle freuen.
Meine Prognose für Dezember / Januar: Lockdown für alle, egal ob geimpft oder ungeimpft inkl. Schließung der Schulen, wobei sich die Politik damit sehr schwer tun wird, bis begriffen wird, das es keine andere Möglichkeit gibt.