Eigentlich sollten die sogenannten Lollitests im Kampf gegen das Coronavirus ab Montag, 20. September, an den Grund- und Förderschulen zum Einsatz kommen. So zumindest der Plan des bayerischen Ministeriums für Unterricht und Kultus. Lollitests haben den Vorteil, dass sie gerade für die Kleineren leichter anwendbar sind, da die Kinder für 30 Sekunden an einem Abstrichtupfer lutschen wie an einem Lolli. Alle Abstrichtupfer einer Klasse kommen gemeinsam in einen Behälter - so entsteht eine Sammelprobe, auch Pool-Probe genannt.
Doch Schulleiter in Stadt und Landkreis Würzburg sehen kaum Chancen, am Montag regulär mit den Tests zu starten. Der Grund: Der bürokratische Aufwand ist enorm und gerade für Schulen mit hohen Schülerzahlen kaum in so kurzer Zeit zu bewältigen. "Es ist irre viel zu tun und die Zeit sehr knapp bemessen", sagt beispielsweise die Schulleiterin der Grundschule Versbach, Martina Rothmund. An ihrer Grundschule müssen insgesamt 190 Kinder registriert werden. Der Code zum Einloggen ins vorgesehene Portal des Ministeriums sei erst vor wenigen Tagen zugestellt worden, bei der Anmeldung habe es dann Probleme gegeben, berichtet sie.
Hoher Verwaltungsaufwand
Ähnlich erging es auch dem Schulleiter der Grundschule Estenfeld, Christoph-Rupert Schneider: "Die Zugangsdaten kamen spät und funktionierten erstmal nicht." Erst nach mehreren Anläufen habe es geklappt, "das darf eigentlich bei solch einem Projekt nicht passieren". Beim Eingeben der Daten müssten diese mit dem bereits angelegten Datensatz der Schule verglichen werden, erklärt er, und "neu angegebene Telefonnummern und E-Mails eingefügt werden". Dazu kommt: Für jede Testung - die Kinder sollen zukünftig zweimal pro Woche getestet werden - brauche es einen aktuellen Code für jedes Kind. Ein hoher Verwaltungsaufwand.
Der auf der einen Seite gerechtfertigt ist - wie die Schulleiter empfinden. Denn Ziel sei es, die Schüler und Schülerinnen bestmöglich vor Corona zu schützen. Und da sei man gerade im Grundschul- und Förderschulbereich mit den PCR-Tests gut bedient. Auf der anderen Seite: Die Eile, in der das Staatsministerium mit den Pool-Tests beginnen will, ist ihnen unverständlich. "Wir haben doch keine Not, da sich die Kinder derzeit mit den Antigen-Schnelltests in der Schule selbst testen", erklärt Bettina Wohlleber von der Adalbert-Stifter-Grundschule in der Zellerau. Das hätte man problemlos noch zwei Wochen so weiterführen können und dann - ohne Hektik und gut vorbereitet - mit den Pool-Tests starten können.
Mehr Vorlaufzeit gewünscht
Gerade in der ersten Schulwoche, erläutert Martina Rothmund, sei mit Einschulungen, Elternabenden und weiteren Aktionen, an den Schulen per se viel zu tun. Zudem sei es fast nicht möglich, dass vor Montag alle Einverständniserklärungen der Eltern vorliegen. "Da ist einfach zu wenig Vorlaufzeit gegeben", sagt sie. Die Eltern nämlich müssen in die Pool-Tests ihrer Kinder einwilligen - anbei ein sieben Punkte umfassendes Papier des Ministeriums - klein bedruckt und nicht unbedingt leicht verständlich verfasst. "Besonders für unsere ausländischen Mitbürger ist es schwierig zu verstehen", so Schulleiterin Wohlleber. Es sei angebracht, sich dafür Zeit zu nehmen, "damit auch jeder versteht, was er für sein Kind unterschreibt". Gerne hätte sie mit Kollegen den Test auch schon vorher mal ausprobiert. Aber: Bis zum vergangenen Donnerstagfrüh lagen die Tests nur an wenigen Schulen in Stadt und Landkreis Würzburg vor.
Aus dem Staatlichen Schulamt Würzburg heißt es, dass die meisten Schulen im Laufe des Donnerstags beliefert worden seien. Schulrätin Claudia Vollmar weiß um die Hektik und die Herausforderungen, die die Tests für die Schulen mit sich bringen. Dabei wolle das Schulamt die Schulleitungen unterstützen, sagt sie. Wichtig sei dennoch, das Große und Ganze zu sehen: "Das Wichtigste ist, dass der Präsenzunterricht stattfinden kann und dass die Gesundheit der Kinder geschützt wird."
Den Druck nehmen
Vollmar erläutert, dass das Staatsministerium - "wohl, um etwas den Druck zu nehmen" - die Woche ab 20. September jetzt noch als Probedurchlauf für die Pool-Tests deklariert habe. Auf Nachfrage dieser Redaktion heißt es vom Kultusministerium aus München: "Präsenzunterricht bei maximalem Gesundheitsschutz hat für uns oberste Priorität. Mit den zuverlässigen und gerade für die jüngeren Schülerinnen und Schüler leichter handhabbaren „Lolli-Tests“ können wir das Sicherheitsnetz an Grund- und Förderschulen jetzt noch enger knüpfen."
Aber warum die Eile? "Von der Schulfamilie wurde vielfach gefordert, dass die Pooltestung möglichst früh im neuen Schuljahr beginnt. Diesen Wunsch haben wir in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium aufgegriffen: Bayernweiter Projektstart für die neuen PCR-Pooltests an Grund- und Förderschulen ist deshalb ab nächster Woche (Anmerk. d. Red.: ab 20. September)."
Das bedeute aber nicht, dass es sofort ab Montag mit der neuen Testung losgehen müsse, heißt es aus der Pressestelle des bayerischen Kultusministeriums weiter. Denn: Auch wenn alle Beteiligten ihr Möglichstes gäben, könne es an Schulen aus ganz unterschiedlichen Gründen - beispielsweise wenn einzelne Einverständniserklärungen fehlen, Lieferschwierigkeiten auftreten sollten oder noch nicht alle Daten im System eingegeben wurden - erforderlich sein, noch für eine kurze Übergangszeit die Selbsttests weiter zu verwenden. "Das haben wir den Schulen und den Medien gegenüber immer betont, um die Schulen angesichts des organisatorischen Erstaufwands bei der Umstellung auf die Lolli-Tests nicht unnötig unter Druck zu setzen", so die Antwort des Ministeriums.
Und: Man sei sich bewusst, dass die Vorbereitung des neuen Verfahrens zum Schuljahresbeginn eine Belastung für die Schulleitungen bedeutet. "Unsere Schulleitungen, Verwaltungsangestellten und alle Lehrkräfte leisten damit einen ganz wichtigen Beitrag für einen noch besseren Gesundheitsschutz an den Grund- und Förderschulen."
Am Donnerstag wurden die Lollitests geliefert
Nur ein kleiner Trost für die Schulleiter und Schulleiterinnen. Denn dadurch, dass nach außen der 20. September als Starttermin kommuniziert wurde, stehe man auch unter dem Erwartungsdruck der Eltern, schildert Wohlleber. "Es gibt einige Eltern, die dringend auf die Lolli-Tests gewartet haben und deren Kinder sich nicht am Nasenabstrich in der Schule beteiligten." Auch Schulleiter Schneider aus Estenfeld stellt sich auf Gespräche und Diskussionen mit Eltern ein. Die Sorge, dass am Ende wieder die Schulen den Schwarzen Peter haben könnten, ist da.
Zumindest ein geplanter Probedurchlauf der Lollitest-Fahrtenroute hat weitestgehend gut funktioniert, wie Schulbürgermeisterin Judith Jörg auf Nachfrage berichtet. Dabei sollte geprobt werden, wie die Pool-Tests und Rückstellproben von der Schule ins Labor nach Bamberg kommen. In zehn festgelegten Touren werden die Tests nämlich von den Schulen abgeholt und zu einem Sammelpunkt gebracht. Von dort aus geht es mittels einer vom Gesundheitsministerium beauftragten Firma ins zuständige Labor. Dort werden die Tests bis zum Abend ausgewertet.
Hat man in Würzburg vor den Ferien gar nicht getestet? Und, wenn ja, warum hat man die sechs Wochen Ferien derart verpennt, um das jetzt endlich richtig vorzubereiten???
Vorher: Lehrer und Schüler testen im Klassenzimmer - Ergebnis lag sofort vor, allerdings natürlich mit einer deutlich höheren Fehlerquote.
Jetzt: Lehrer und Schüler testen im Klassenzimmer, registrieren dann jeweils einzelne Codes auf einem speziellen Portal, die Tests werden an der Schule gesammelt, dann abgeholt und mit allen anderen Würzburger Tests an Labore weitertransportiert.
Auch Arbeitgeber/Nehmenr sind seit der Pandemie mit Mehraufwand belastet.