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Würzburg/Bamberg
Wie "Tatort"-Star Andreas Pietschmann in Würzburg zum Schauspieler wurde
Er leidet mit seinen Kickers. Und er freut sich, am Sonntag im "Tatort" den Dialekt seiner Jugend zu sprechen: Ein Interview mit dem gebürtigen Würzburger Andreas Pietschmann.
Am Sonntag, 16. Mai, zeigt die ARD den Franken-'Tatort' mit dem Titel 'Wo ist Mike?' Der gebürtige Würzburger Andreas Pietschmann spielt Mikes Vater.
Foto: Hendrik Heiden, BR | Am Sonntag, 16. Mai, zeigt die ARD den Franken-"Tatort" mit dem Titel "Wo ist Mike?" Der gebürtige Würzburger Andreas Pietschmann spielt Mikes Vater.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:23 Uhr

Als Jugendlicher gehörte Andreas Pietschmann zu den Nachwuchs-Hoffnungen der Würzburger Kickers. Doch schließlich landete der Anglistik- und Romanistik-Student auf der Bühne. Heute gehört der gebürtige Würzburger zu den beliebtesten deutschen Theater- und Film-Schauspielern. Bekannt gemacht haben ihn Fernsehserien wie "GSG 9 - Ihr Einsatz ist ihr Leben", "Ku'damm 59", "Ku'damm 63" oder "Dark". Regelmäßig spielt er auch in Krimis – an diesem Sonntag (20.15 Uhr, ARD) im neuen Franken-"Tatort". Andreas Pietschmann lebt mit seiner Kollegin und Partnerin Jasmin Tabatabai und drei Kindern in Berlin. Im Interview spricht der 52-Jährige unter anderem von den Anfängen im Würzburger Theater Chambinzky, dem Reiz des Fränkischen und seinen Erfahrungen beim Homeschooling.

Frage: Herr Pietschmann, zuerst müssen wir über die Kickers reden. Verfolgen Sie diese wenig erfreuliche Saison?

Andreas Pietschmann: Natürlich verfolge ich das. Ich sehe jedes Spiel. Und ich bin eigentlich Optimist vom Wesen her. Bis zuletzt habe ich gehofft, dass wir den Klassenerhalt doch noch schaffen können.

Sie sagen immer noch: "wir". Wie lange ist das her, dass Sie für die Würzburger Kickers gespielt haben?

Pietschmann: Sehr lange. In der Jugend habe ich, glaube ich, bis 1988 gespielt. Anschließend dann habe ich in der ersten Mannschaft gekickt, bevor ich für ein Jahr ins Ausland ging. Nach der Rückkehr habe ich mich wieder an die Mannschaft herangekämpft. 30 Jahre ist das her. Aber ich sehe mich immer noch als Rothose. Ich schreie zuhause die Bude zusammen, wenn ein Tor fällt. Und ich leide, wenn es schwierig ist, wie jetzt.

Sie haben mit Bernd Hollerbach gespielt. Stehen Sie noch in Kontakt?

Pietschmann: Ja, wir sind immer noch freundschaftlich verbunden. Wir waren in der Jugend gute Kumpels und sind immer gemeinsam auf seiner 80er zum Training gefahren. Und auch in der Ersten haben wir zusammengespielt. Im Laufe seiner Profijahre haben wir uns immer wieder mal getroffen, sei es in Hamburg oder auf Schalke, als er dort mit Felix Magath Trainer war.

Zu Gast an alter Wirkungsstätte: Im Oktober 2019 besuchte Andreas Pietschmann (links) mit seinem Bruder Michael das Heimspiel der Würzburger Kickers gegen 1860 München.
Foto: Silvia Gralla | Zu Gast an alter Wirkungsstätte: Im Oktober 2019 besuchte Andreas Pietschmann (links) mit seinem Bruder Michael das Heimspiel der Würzburger Kickers gegen 1860 München.
Warum ist es bei Ihnen nichts geworden mit dem Profifußball?

Pietschmann: Ich hatte sicher einfach nicht genug Willen und Biss, mich so zu quälen, wie es notwendig gewesen wäre, um Profi zu werden. Da war der Bernd viel zielstrebiger und ausdauernder als ich. Mal ganz abgesehen von seiner Begabung und seiner Athletik.

Was kann der Schauspieler vom Fußballer lernen?

Pietschmann: Das Teamplay. Theater funktioniert wie Fußball nur in der Mannschaft. Man kann den "Hamlet" nicht alleine spielen, da braucht es die Mitspieler. Aber auch die ganzen anderen Gewerke am Theater oder beim Film gehören dazu. Man erschafft gemeinsam etwas. Genauso ist es beim Fußball. Kein noch so überragender Spieler kann ein Spiel alleine gewinnen.

Bei Wikipedia heißt es, dass Sie nach einem Autounfall entschieden hätten, Schauspieler zu werden. Stimmt das?

Pietschmann: Das ist zu verkürzt dargestellt. Ich hatte einen Unfall, der glücklicherweise glimpflich ausgegangen ist. Ich war dann noch am gleichen Abend in Würzburg im Theater. Im Gefühl, eine zweite Chance geschenkt bekommen zu haben, ist dort die Lunte ins Brennen gekommen, ist die Begeisterung fürs Schauspiel erwacht.

Was gab es an dem Abend im Theater?

Pietschmann: Ich habe im Chambinzky die "Feuerzangenbowle" gesehen.

"Dem Chambinzky um Rainer Binz bin ich heute noch sehr dankbar."
Schauspieler Andreas Pietschmann
Wie wird man vom Zuschauer zum Schauspieler?

Pietschmann: Ich kannte die Leute im Chambinzky, habe dort auch gekellnert. Als es hieß, einer der Schauspieler muss aufhören, habe ich gefragt, ob ich die Rolle in der "Feuerzangenbowle" übernehmen kann. Nach einem Gespräch und ein paar Bieren hat der Regisseur Reinhard Mahlberg dann gesagt: Okay, wir versuchen es. Das war der Beginn. Später hat er mir bei der Aufnahmeprüfung für die Schauspielschule geholfen.

Haben Sie auch noch andere Stücke gespielt?

Pietschmann: Ja, ich war im Chambinzky bei mehreren Produktionen dabei. Im Kinderstück "Momo" zum Beispiel war ich Gigi, der Fremdenführer. Es hat wahnsinnig Spaß gemacht. Ich denke gerne an die Zeit zurück. Dem Chambinzky um Rainer Binz bin ich heute noch sehr dankbar.

Bei der Bambi-Verleihung 2010 in Potsdam: Andreas Pietschmann mit seiner Frau Jasmin Tabatabai (links) und der Produzentin Minu Barati-Fischer.
Foto: Britta Pedersen, dpa | Bei der Bambi-Verleihung 2010 in Potsdam: Andreas Pietschmann mit seiner Frau Jasmin Tabatabai (links) und der Produzentin Minu Barati-Fischer.
Sie sind in Würzburg geboren, in Würzburg und Estenfeld groß geworden, waren dort sogar Messdiener. Sind Sie noch oft hier?

Pietschmann: Ich habe noch in Würzburg die Grundschule Bechtolsheimer Hof besucht. Weil die Familie größer wurde, sind wir dann nach Estenfeld rausgezogen. Ich bin aber später weiter in der Stadt zur Schule, ins Wirsberg-Gymnasium, gegangen. Ein großer Teil der Familie, meine Eltern und drei meiner fünf Geschwister leben mit ihren Familien weiter in der Region und ich versuche, sie so oft wie möglich zu sehen.

Die fränkische Herkunft prädestiniert Sie geradezu für eine Rolle im Franken- "Tatort". Hat das beim Casting eine Rolle gespielt?

Pietschmann: Ich weiß es nicht. Ich glaube, die "Tatort"-Macher haben mir die Rolle unabhängig davon angeboten. Ich fand Drehbuch, Rolle und Regisseur interessant und, weil die Dreharbeiten darüber hinaus nahe der alten Heimat stattfinden sollten, habe ich zugesagt. Dann habe ich angeboten, die Figur auf Fränkisch zu spielen. Das hat ihr noch eine andere Farbe gegeben, das war für mich ein zusätzlicher Reiz.

Sie mussten zumindest nicht üben, so das weiche B oder das harte T.

Pietschmann: Fränkisch habe ich seit der Kindheit im Ohr, auch wenn wir in der Familie keinen starken Dialekt gesprochen haben. Dieses Idiom ist in mir drin, das habe ich so viel gehört in den fränkischen Fußball-Kabinen, in vielen Kneipen...

Das Fränkische im "Tatort" ist immer ein großes Thema hier in der Region. Regelmäßig beschweren sich Zuschauer, die Schauspieler würden gar nicht den richtigen Dialekt sprechen.

Pietschmann: Den "Tatort" komplett mit Franken zu besetzen, hielte ich nicht für sinnvoll. Aber das Fränkische ab und zu als Farbe einzusetzen, sorgt für Authentizität, das tut dem "Tatort" gut. Dabei ist es nicht so wichtig, ob es Ober-, Mittel- oder Unterfränkisch ist, ob hier noch der Maa oder schon der Mee fließt. Aber auch in Würzburg oder Bamberg oder Nürnberg leben Menschen aus anderen Regionen und es sprechen nicht alle Fränkisch.

Der neue "Tatort" spielt in Bamberg. Wie war es, fast daheim zu drehen?

Pietschmann: Schön. Das war vertrautes Terrain für mich, obwohl ich in meiner Jugend gar nicht so oft dort war. In Würzburg ist man in einer verdammt schönen Stadt, aber man spürt auch, dass sie zerstört wurde und vor dem Zweiten Weltkrieg noch schöner war. In Bamberg ist das anders, dort geht man wie durch ein Museum spazieren. Es ist einfach wunderschön.

Die Dreharbeiten zum 'Tatort: Wo ist Mike?' in Bamberg: Mikes Vater, gespielt von Andreas Pietschmann, wird von Polizisten festgehalten.
Foto: Hendrik Heiden, BR | Die Dreharbeiten zum "Tatort: Wo ist Mike?" in Bamberg: Mikes Vater, gespielt von Andreas Pietschmann, wird von Polizisten festgehalten.
Die "Tatort"-Macher loben ja immer die Franken, weil sie den Dreharbeiten viel offener begegnen als die Menschen in den Großstädten, wo regelmäßig Filme entstehen.

Pietschmann: Es ist schön, wenn die Leute so aufgeschlossen sind. Das war auch schon so, als wir vor fünf Jahren in Würzburg "Lommbock" gedreht haben, so richtig in der Heimat, an meinem geliebten Marktplatz - auch wenn dort ärgerlicherweise mittlerweile der Blick auf die Festung verbaut ist. Die Passanten haben sich gefreut, ein Filmteam zu erleben. Und mich hat es erinnert an Jugendzeiten, als wir im Café um die Ecke, wie heißt das gleich nochmal, nicht Sternbäck, nicht Brückenbäck…

Sie meinen das Café Brandstetter.

Pietschmann: Genau. Dort haben meine Kumpels und ich nach durchfeierter Nacht frische Hörnchen gekauft und versucht, uns wieder zurechtzurücken.

Welche Rolle hat Corona bei den Dreharbeiten gespielt?

Pietschmann: Wir mussten den Dreh wegen des ersten Lockdowns im März unterbrechen und konnten dann lange nicht weitermachen, weil dieser "Tatort" viel draußen im Wald spielt. Im März waren noch keine Blätter an den Bäumen, also mussten wir mit der Fortsetzung bis Ende November warten. So lange Pausen innerhalb eines Projekts sind für uns Schauspieler normalerweise nicht so angenehm. Aber Andreas Kleinert, der Regisseur, hat uns sehr feinfühlig und sehr präzise alle wieder an die Punkte geführt, an denen wir unterbrochen hatten.

Im Franken-"Tatort" verkörpern sie einen Vater, dessen fünfjähriger Sohn verschwunden ist? Spielt man so eine Rolle anders, wenn man selbst Kinder hat?

Pietschmann: Jein. Als Schauspieler muss man sich ja auch in Welten hineindenken können, die das eigene Privatleben nicht bereithält. Generell gehört es auch zum Handwerk eines Schauspielers, genau trennen zu können zwischen dem privaten Leben und der Rolle, die man spielt. Ich finde das auch wichtig. Aber als Vater von drei Kindern fällt einem der Zugang zu einer solchen Figur und zu den Emotionen, die das Verschwinden eines Kindes auslöst, vielleicht etwas leichter als jemandem, der keine Kinder hat.

Dieser Vater ist ja kein Sympathieträger. Egozentrisch und auch gewalttätig, so will man nicht sein.

Pietschmann: Ja, er ist sehr aufbrausend, er hat eine große Wut in sich, wirkt wie ein großes Kind. Aber dieser Vater hat auch eine weiche, eine verletzliche Seite. Diese zu entdecken, war ein Antrieb für mich. Da ist ein interessanter Zwiespalt in diesem Mann. Man muss nicht immer den Sympathieträger spielen. Auch unangenehme Charaktere gehören zum Leben. Hauptsache, die Figur bietet interessante Facetten und Emotionen.

Sie selbst haben im echten Leben schulpflichtige Kinder. Das war ja ganz günstig, dass Sie und ihre Frau Jasmin Tabatabai wegen Corona weniger zu tun hatten. Konnten Sie beim Homeschooling helfen?

Pietschmann: Ob ich wirklich helfen konnte, müssen Sie meine Kinder fragen. Aber es war natürlich leichter für unsere Familie, dass meine Frau und ich wegen Corona monatelange Arbeitspausen einlegen mussten. Für andere Eltern, die ihren Beruf im Homeoffice weitermachen und parallel die Kinder betreuen und unterrichten mussten, war es viel schwieriger. Da will ich mich nicht beklagen. Auch wenn das Homeschooling schon eine ungewohnte Rolle war und ist.

Apropos Corona. Wie fanden Sie die Aktion #allesdichtmachen von Jan-Josef- Liefers und vielen anderen Kollegen.

Pietschmann: Ich habe nicht alle Videos gesehen, deshalb kann ich kein Urteil fällen, das allen gerecht wird. Grundsätzlich aber teile ich die Kritik nicht, die da an den Schutzmaßnahmen der Politik gegen das Coronavirus einerseits und an der Auseinandersetzung damit durch die Medien andererseits geäußert wurde. Auch die Mittel und den Stil der Aktion finde ich nicht richtig. Dass die Kollegen den Applaus von der falschen Seite, den es gab, nicht haben wollten, glaube ich ihnen. Aber ich hätte mir doch etwas mehr Reflexion und Feingefühl gewünscht angesichts einer Krise, die allen große Anstrengung abverlangt, um Menschen zu schützen, in der so viele Menschen gestorben sind und in der sich seit über einem Jahr viele mit aller Kraft dafür einsetzen, andere zu retten. Aber es bringt auch nichts, weiter aufeinander herumzuhacken. Wir kommen aus dieser Krise nur gemeinsam heraus.

Franken-Tatort "Wo ist Mike" erzählt  beklemmende Geschichten

Worum geht's? Das Verschwinden des fünfjährigen Mike konfrontiert die fränkischen Ermittler mit einem zerstrittenen Elternpaar (Linda Pöppel, Andreas Pietschmann). Neben Vater und Mutter geraten auch der Jugendliche Titus (Simon Frühwirth), der von Wahnvorstellungen getrieben ist, und der Lehrer Glawogger (Sylvester Groth), dem die sexuelle Belästigung von Schülern vorgeworfen wird, in den Fokus der Ermittler. Der Lehrer ist seit kurzem mit Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) liiert. Die Kommissarin ist emotional zerrissen zwischen ihrer Liebe und den Schuldgefühlen, ihrem Job nicht richtig nachzukommen.
Lohnt sich das Einschalten? Ja. Drehbuchautor Thomas Wendrich und Regisseur Andreas Kleinert rücken das Scheitern von Beziehungen in den Mittelpunkt dieses düsteren Krimis, der nicht zufällig in weiten Teilen im Wald spielt. Die Kamera von Michael Hammon sorgt für düstere, beklemmende Bilder. Die Lösung des eigentlichen Falls gerät zeitweise in den Hintergrund, gleichzeitig bleibt dieser "Tatort" bis zum Ende ungewohnt spannend. 
Wann läuft er? Das Erste zeigt den Krimi mit dem Titel "Wo ist Mike?" an diesem Sonntag, 16. Mai, um 20.15 Uhr.
Quelle: micz
 
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    Na, da freut man sich doch mal auf den Franken-Tatort. Bisher konnte ja nur Matthias Egersdörfer fränkisch. Der Rest war eine Katastrophe.
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