Wer in Bayern einen Film drehen möchte, dem wird von der Bayerischen Filmförderung geholfen. 40 Millionen Euro lässt sich der Freistaat die Filmförderung jährlich kosten. Und ein "Contact Guide" auf der Webseite der Film Commission Bayern lässt auch keine Wünsche bezüglich der geeigneten Drehorte offen. Eine Szene in der Straßenbahn, im Hauptbahnhof oder doch lieber in einem Schloss oder Schwimmbad? Alles wird hier angeboten und vermittelt. Allerdings ist dabei fast immer eine Kontaktadresse in München angegeben - nie eine aus Unterfranken. Mit einer Ausnahme: Wenn man nach einem Gefängnis sucht, findet man Kontakte zum Strafvollzug in Würzburg oder Aschaffenburg. Taugt die Region nur für eine Knastserie?
Franken als Schlusslicht bei den Drehtagen
Auch ohne Blick in die Datenbank wird das Nord-Südgefälle bei Filmproduktionen im Freistaat deutlich. Vorabendserien aus Bayern spielen ausschließlich in München oder südlich davon. So klagte 2019 der "Donaukurier" aus Ingolstadt, dass in Filmen aus Bayern ausschließlich München und das bayerische Oberland als Kulisse dienten: "Bloß in nördlicher Richtung - da schaut's mau aus." Schon Ingolstadt im Norden Oberbayerns käme praktisch nicht mehr vor.
Belegt wird dies von der offiziellen Statistik der Drehtage in Bayern im Vor-Corona-Jahr 2019, die der Film- und Fernsehfonds Bayern (FFF Bayern) veröffentlicht hat. Von insgesamt knapp 4000 Drehtagen fiel die Klappe an 3500 Tagen in München oder dem südlichen Oberbayern. Den Rest der Tage teilt sich das gesamte übrige Bayern. Unterfranken bildet mit acht Drehtagen und keiner einzigen von der bayerischen Filmförderung geförderten Produktion das Schlusslicht. Insgesamt kommen Unter-, Ober-, und Mittelfranken auf etwas über drei Prozent aller Drehtage in Bayern. Dabei geht es um mehr als eine Frage der Eitelkeit: Denn die Film und Fernsehdrehs in Bayern bescherten laut der Pressestelle des FFF Bayern allein dem Hotel- und Gaststättengewerbe im Jahr 2019 einen Umsatz in Höhe von mehr als 28 Millionen Euro.
Der Würzburger Journalistik-Professor Kilian Moritz listet allein 21 Serienproduktionen des Bayerischen Rundfunks (BR) auf, die in München oder in Oberbayern spielen. Das geht von dem legendären "Monaco Franze" über den "Pumuckl" bis hin zu neueren Produktionen wie "Dahoam is dahoam". Beim ZDF schaut es keinesfalls besser aus. Kommt eine Vorabendserie aus Bayern, kommt sie aus Oberbayern. Das begann mit dem "Königlich bayerischen Amtsgericht" und zieht sich über "Frühling" mit Sophia Thomalla hin zu den "Rosenheim-Cops".
Warum wird nie fränkischer Dialekt gebabbelt?
"Das sind alles Serien aus Südbayern und teils oder überwiegend im Münchner TV-Bairisch gesprochen", so Moritz und fügt hinzu: "TV-Serien aus Franken - ich kenne nur eine einzige." Von 2006 bis 2008 drehte der BR die Jugendserie "Endlich Samstag!" für den ARD-Kinderkanal "KiKa" in Bamberg. "Aber ist in dieser Serie auch mal Bamberger oder fränkischer Dialekt zu hören?", fragt Moritz. "Leider Fehlanzeige: außer dem Akzent des italienischen Eisverkäufers sprechen die Schauspieler Hochdeutsch." Natürlich habe Franken keinen einheitlichen Dialekt, räumt Moritz ein. "Aber warum sollte in einer TV-Serie nicht auch einmal Spessarter, Rhöner oder eine anderer fränkischer Dialekt gebabbelt werden?"
Der oberfränkische Filmemacher Michael von Hohenberg hätte diese Schieflage ein wenig beheben können. Er produziert seit 2019 mit bekannten Schauspielern und Amateurdarstellern im Fichtelgebirge die Comedy-Polizeiserie "Siebenstern". Mit dabei unter anderen der Franken-Tatort-Kommissar Andreas Leopold Schadt, Giovanni Arvenah (Marienhof, SOKO München), Hubert Burczek (Endlich Samstag, Der Bulle von Tölz), Norbert Neugirg von der Altneihauser Feierwehrkapell'n, Christina Baumer (Tatort, Hubert ohne Staller) und Nadine Badewitz (Franken-Tatort). Der Bayerische Rundfunk habe eine Beteiligung an der Serie abgelehnt, so von Hohenberg. Jetzt kann man die Serie kostenpflichtig im Internet streamen. Auch ein Kinofilm ist geplant.
Der Film- und Fernsehfonds Bayern (FFF Bayern) wird vom Freistaat und zahlreichen Rundfunksendern getragen. Mit 55 Prozent ist der Freistaat der größte Einzelinvestor. Zum FFF Bayern gehört die Film Commission Bayern, die in- und ausländische Produktionsfirmen bei Dreharbeiten in Bayern unterstützt, bei der Locationsuche und der Beschaffung von Drehgenehmigungen vermittelt. Politisch ist das Konstrukt dem Ministerium für Digitales zugeordnet, dem mit der Aschaffenburgerin Judith Gerlach (CSU) eine Unterfränkin vorsteht.
Auf Nachfrage teilt deren Sprecherin Daniela Schürf mit, dass die bayerische Filmförderung und die Film Commission Bayern alle Regionen unterstützen würden, sich als Drehort zu entwickeln. Vielfalt und Diversität gehörten zu den Förderzielen. Die Sprecherin verweist auf eine viertägige Inspirationsreise 2019 durch Unterfranken. Bei diesem "Drehbuchcamp" habe man Filmschaffenden und Drehbuchautoren die Region und ihre markanten Orte näher bringen wollen.
Filmregion Fichtelgebirge erfolgreich
Als es den oberfränkischen Filmemacher Michael von Hohenberg, früher selbst viel in München tätig, in seine alte Heimat zog, sei er in München eher belächelt als unterstützt worden, sagt er. 2003 gründete eine Filmproduktion in Weißenstadt bei Wunsiedel, die seit einem Jahr als "Movie Office Filmservice GmbH" firmiert, und initiierte 2012 die "Filmregion Fichtelgebirge". Von Hohenberg produziert und bietet strukturelle und technische Hilfe für Filmdrehs an. Im Coronajahr vor allem Hygienekonzepte, auch für den SWR.
Auf Anfrage teilt die Pressestelle des BR mit, Ziel sei es, die kulturelle Vielfalt Bayerns möglichst breit abzubilden. Dies gelinge in weiten Teilen des Programms sehr gut, "in anderen dagegen nicht in dem Umfang, den wir uns selbst wünschen". Es gebe deutschlandweit nur ganz wenige, wirklich starke Filmstandorte, die über eine entsprechende Ausstattung mit Produktionsfirmen, Studios und technischer Infrastruktur verfügen würden, um kosteneffizient produzieren zu können. Aus diesem Grund würden in und um München deutlich mehr Filme und Serien als im Rest des Landes produziert. Hier zeichne sich jedoch spürbar ein Veränderungsprozess ab, so der BR, der sich auf dem Bildschirm erst nach und nach widerspiegele.
Tatort aus Franken
Er habe den Eindruck, dass Filmdrehs außerhalb von München oder Oberbayern über viele Jahre eher unerwünscht gewesen seien, sagt von Hohenberg. Nur langsam stelle sich ein Umdenken ein. Man dürfe aber nicht immer nur auf die anderen zeigen: Er habe 2013 bei den beteiligten Landkreisen auch viel Überzeugungsarbeit für die "Filmregion Fichtelgebirge" leisten müssen. Dann aber habe es sogar ein Budget der beteiligten Landkreise gegeben, um mit aktiver Akquise Filmprojekte anzulocken. So sei es gelungen, in sechs Jahren Drehs für über 25 Spiel- und Kinofilme in die Region zu bringen.
Wenn es gute Stoffe gebe, die etwa im Norden Bayerns spielen, sei der BR dafür offen und setze sie gerne um, so die Pressestelle auf Nachfrage. Leider komme das weniger oft vor, als die Film- und Serien-Verantwortlichen des BR sich das wünschen würden. Auch beim Film- und Fernseh-Fonds Bayern würden kaum Drehbücher aus der Region eingereicht. Dennoch würde der ländliche Raum zunehmend mehr entdeckt. Paradebeispiel sei der "Tatort Franken", der seit 2015 auf einem der wichtigsten und und publikumsstärksten Sendeplätzen der ARD vertreten sei. Aktuell liefen die Dreharbeiten zum achten Fall.
Dass es nicht genügend Drehbücher aus Franken gebe, sei oft eine Ausrede, hier nicht drehen zu wollen, sagt von Hohenberg. Viele bestehende Drehbücher könnten auch in Franken umgesetzt werden, das beweise ja nicht zuletzt der sehr erfolgreiche Franken-Tatort. Allerdings habe man dafür beim BR die lose Folge der Franken-Krimis aufgegeben.
Nichtsdestotrotz: Du meine Güte, wenn das unsere wichtigsten Probleme sind...
Aber ich nehme an, dass besonders für die billig gemachten Vorabendserien es durchaus eine Rolle spielt, wie weit der Drehort von der Produktionsfirma entfernt liegt. Und die Bavaria Filmstudios oder die TMG liegen halt nun mal direkt in Oberbayern. Und viele Soaps spielen in Köln in der Nähe von RTL...
„Mit unseren Programmen im Fernsehen, Radio oder auf BR.de erreichen wir alle Menschen in Bayern. Egal, ob Sie in der Nähe von Lindau, Rosenheim, Abensberg, Cham, Kulmbach, Schwabach oder in Aschaffenburg wohnen...“ Da steht nix von wegen: „Wir produzieren TV-Serien nur rund um München, weil da der Anfahrtsweg kürzer ist.“ In den journalistischen, nachrichtlichen Bereichen bildet der BR ganz Bayern hervorragend ab und hat seit Jahrzehnten Regionalstudios in ganz Bayern (schon seit 1977 in Würzburg!). Auf die Idee, auch mal in Nordbayern TV-Serien zu produzieren (in denen auch regionale Dialektfarben zu hören sind), ist beim BR bislang noch niemand gekommen.
Glauben Sie keinem Bild das Sie von Oberbayern sehen!
Das sind Bilder aus vergangenen Zeiten. Ich wohnte lange gleich nebendran, im Allgäu und zog weg, weil es schrecklich wurde:
> Stundenlanges Stehen im Ausflugs-Stau im Großraum München
> Ausflugs-Massenbetrieb mit übelster & teuerster Gastronomie
> zerstörte Landschaft & endlose Neubausiedlungen
> Wandern fast nur noch auf Asphalt
> Massentierhaltung
> Güllewiesen ohne Blumen & beißender Amoniak-Gestank
> niedrige Lebensqualität bei höchsten Immobilienpreisen
i. Vgl. dazu hat meine Heimatregion SW Goldstandard: moderate Immopreise, gute Jobs in und um SW, intakte Landschaft v. Fränk. Saale/Bad Kissingen über Südthüringen & Haßberge bis zum Steigerwald-Weinland.
Es ist gut, dass es den Herdentrieb, auch bei der Wohnortwahl, gibt. Dadurch werden Landschaft & Preise meiner Heimatregion nicht versaut.
Also: weiterdrehen in Oberbayern bis zum Abwinken
Nur: ARD und ZDF machen in der Spitze ein extrem einfältiges Programm. Das fängt bei den Produktionsorten an (SWR: Baden-Baden, WDR: Köln, NDR: Hannover/Hamburg, rbb: Potsdam, Erfuhrt, Berlin) und hört bei der Besetzung der Gäste bei den Politiktalks auf.