
Na toll! Als ob nicht alles schon verworren genug wäre. Gut 50 TV- und Kino-Promis üben unter #allesdichtmachen "satirische" Kritik an den Anti-Corona-Maßnahmen, und das Netz steht Kopf. Rechte und "Querdenker" jubeln, gleichzeitig gibt es jede Menge Häme und Kritik - nicht nur von Kollegen. Der Moderator Tobias Schlegl, der auch Notfallsanitäter ist, twittert: "Die Schauspieler*innen von #allesdichtmachen können sich ihre Ironie gerne mal tief ins Beatmungsgerät schieben." Und Nora Tschirner fragt: "Wird's schon boring im Loft und im Brandenburger Landhaus?"
Was war geschehen? Stars wie Ulrich Tukur, Meret Becker, Richy Müller, Heike Makatsch, Jan Josef Liefers, Wotan Wilke Möhring oder Ulrike Folkerts hatten am Donnerstagabend kurze Videostatements auf Youtube gestellt, in denen sie mit überdeutlich ironischem Unterton aufrufen, kritiklos die Regierung zu unterstützen, sich weiterhin jede Menge Sorgen zu machen und ansonsten die Klappe zu halten.
Es gäbe genügend Zielscheiben für geharnischten Sarkasmus
Jan Böhmermann, der sich möglicherweise ein wenig besser mit den Wirkmechanismen von Satire auskennt, hat inzwischen den Hashtag #allenichtganzdicht eingeführt. Die Internetseite der Aktion – www.allesdichtmachen.de – war am Freitag nicht mehr erreichbar, die Seite www.allesdichtmachen.com sehr wohl. Yannick Hahn, Vorsitzender der SPD Berlin Mitte, hatte die Adresse direkt mit der Corona-Dokumentation "Charité intensiv" des RBB verlinkt. Und schreibt dazu: "Mögen sich viele Querdenker*innen und Schaupieler*innen dorthin verlaufen".
Ironie gegen das Corona-Management in diesem Land? Kann man machen. Sollte man sogar öfter machen. Es gäbe genügend Zielscheiben für geharnischten Sarkasmus auch und gerade im Interesse der Kultur. Die konstante Missachtung und Geringschätzung von Kunst und Kunstschaffenden etwa. Unflexibilität da, wo man differenzieren müsste, Inkonsequenz und Wankelmut da, wo klare Vorgaben wichtig wären. Und jede Menge Krisenmanager, die es auch nicht besser wissen als all die Gemanagten da draußen.
Aber die als Kunstaktion deklarierte Ironie unter #allesdichtmachen ist überheblich und wohlfeil. Und nicht selten sachlich schlicht falsch. Wenn Jan Josef Liefers den Medien dankt, dass sie dafür sorgen, "dass kein kritischer Disput uns ablenken kann von der Zustimmung zu den sinnvollen und immer angemessenen Maßnahmen", möchte man ihn fragen, wo er denn bitte die letzten 14 Monate verbracht hat? Kein Wunder, dass er dafür von genau denen beklatscht wird, die behaupten, wir lebten in einer Diktatur. Da hilft dann leider auch kein nachträgliches "Ich habe mit Rechts nichts am Hut".
Die 53 Promis bedienen aufs Feinste die rechte Opfer-Rhetorik
Die 53 Promis kommen rüber wie beleidigte Leberwürste und bedienen dabei aufs Feinste die rechte Opfer-Rhetorik. Dabei zeigen sie einen eklatanten Mangel an Mitgefühl für all jene, die sich tatsächlich Sorgen machen, und diffamieren all jene auch und gerade aus ihrer Branche, die die Maßnahmen mittragen – obwohl es sie möglicherweise an den Rand der Existenz bringt. Und obwohl sie nicht so komfortabel untergebracht sind wie die Herrschaften der ersten Liga der deutschen Film- und Fernsehunterhaltung. Gar nicht zu reden von denen, die selbst erkrankt sind, jemanden verloren haben oder gestorben sind.
Heike Makatsch hat ihr Video inzwischen zurückgezogen und eine Art Entschuldigung gepostet: "Wenn ich damit rechten Demagogen in die Hände gespielt habe, so bereue ich das zutiefst." Auch Meret Becker und Ken Duken haben sich distanziert. Was als nächstes kommt, ist leider vorhersehbar: Es wird einen genüsslichen Aufschrei geben, von wegen Meinungsdiktatur des Mainstreams. Allein schon deshalb hier ein klares Fazit: Danke für gar nichts!
Demnächst verhängen unsere von purer Panik getriebenen Politiker ja vielleicht noch ein paar andere sinnfreie Maßnahmen wie das tägliche Tragen von Windeln für alle Erwachsenen, Maskenpflicht zuhause, etc. Ein Vorschlag für die Politiker: #Niemehraufmachenundnochlangsamerimpfen.....
Eine Meinung zu akzeptieren heißt nicht, sie teilen zu müssen.
Wenn Herr Wiedemann berichtet, wie gewisse Kreise auf diese "Satire" reagieren und er dann das ganze kommentiert (es ist ja klar als Kommentar gekennzeichnet), ist das doch OK.
Ca. 50 Künstler haben ihre Meinung "satirisch" geäußert. Manche Leute veröffentlichen, daß sie das gut finden, manche veröffentlichen, daß sie das nicht gut finden.
Eben freie Meinungsäußerung.
Tolle Performance, danke, hoffentlich werden Menschen trotzdem etwas selbstsicherer.
Nur wer lernt, mit Gefahren umzugehen, wird überleben, wie lange will mann noch sich verstecken und aussitzen?
Diese 50 Künstler werden sich keinen Kopf machen müssen, ob Sie ihre Miete bezahlen, am Samstag beim Bäcker und Metzger was zum essen für ihre Kinder was einkaufen können und das ÖNPV-Ticket leisten können.
Nebenbei, niemand wird hier kriminalisiert. Eine Hetze kann ich ebenfalls nicht erkennen. Vielleicht sollten Sie die Meinung, die hier geäußert wird, tolerieren. Das prangern Sie ja an. Keiner verlangt von Ihnen, dass Sie derselben sein sollen. MP, gerne wieder!
Etwas zu tolerieren heißt nicht, dem zustimmen zu müssen.
Soll Herr Wiedemann in einem Kommentar nicht sein Meinung sagen dürfen?