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Würzburg
Onlinehandel und leere Innenstadt: Mit diesen kreativen Konzepten wollen Einzelhändler aus Würzburg die Stadt verändern
Einzelhändler in Würzburg müssen sich etwas einfallen lassen, um Kundschaft in ihr Geschäft zu locken: Drei ganz verschiedene Ansätze, um dem Onlinehandel zu trotzen.
Wie kann man Menschen wieder in die Innenstadt Würzburg locken und den stationären Handel beleben?
Foto: Silvia Gralla | Wie kann man Menschen wieder in die Innenstadt Würzburg locken und den stationären Handel beleben?
Gina Thiel
 |  aktualisiert: 22.01.2025 02:39 Uhr

Heute ist vieles anders als früher: Immer mehr Menschen kaufen lieber online, denn da kann rund um die Uhr geshoppt werden und die Ware kommt bequem nach Hause. Vor allem die junge Generation verzichtet auf einen Stadtbummel und auch ein prachtvoll dekoriertes Schaufenster ist längst keine Garantie mehr für ein volles Geschäft.

Immer mehr Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern in Würzburg ist das bewusst. Sie reagieren mit kreativen Ideen, um Einkaufen zu einem Gesamterlebnis zu machen und auch ihr Selbstverständnis hat sich geändert. Aber was kann man sich darunter konkret vorstellen?

Modeladen "Neverlnd" in Würzburg veranstaltet regelmäßig Events 

Jannis Thein hat vor gut einem Jahr den Modeladen "Neverlnd" am unteren Markt in Würzburg eröffnet. Ihm ist bewusst, dass ein prachtvoll dekoriertes Schaufenster allein keine Garantie mehr dafür ist, dass Kundinnen und Kunden sein Geschäft besuchen. Seine Zielgruppe sind junge, an Mode interessierte Menschen. Doch die shoppen hauptsächlich online. Wie überzeugt man sie vom stationären Handel?

"Ich verstehe mein Geschäft nicht als reinen Modeladen, sondern als Treffpunkt, in dem Gleichgesinnte zusammenkommen", erklärt der 25-Jährige. So versucht er, durch regelmäßige Events mit DJs, gastronomischem Angebot und ausgefallen Aktionen eine Gemeinschaft aufzubauen. "Wir hatten schon ein paar Mal einen Tätowierer auf unseren Events. Wer Kleidung ab einem bestimmten Wert kauft, bekommt ein Gratis-Tattoo dazu."

Im Februar 2024 hatte Jannis Thein seinen Modeladen 'Neverlnd' am unteren Markt in Würzburg eröffnet.
Foto: Daniel Peter | Im Februar 2024 hatte Jannis Thein seinen Modeladen "Neverlnd" am unteren Markt in Würzburg eröffnet.

Er überlegt sich genau, welche anderen Interessen seine Kundinnen und Kunden neben Mode noch haben oder welche Orte sie besuchen, und versucht, diese miteinander zu verbinden. "Die Leute, die zu uns kommen, wissen, dass sie hier Menschen treffen, die sie von anderen Veranstaltungen kennen". Thein wünscht sich, dass mehr Einzelhändler dieses Denken aufgreifen. Viele kleine Events an einem Tag oder spannende Aktionen würden die Menschen viel eher dazu bewegen, die Innenstadt zu besuchen, als nur eine einzelne Veranstaltung.

Zukunftshaus in Würzburg will Menschen online vom stationären Handel überzeugen

Doch das ist gar nicht so einfach. Events müssen beworben werden, damit sie auch auf Resonanz treffen und sind mit Kosteninvestitionen verbunden. Dass der daraus entstehende Umsatz den Aufwand und die Kosten des Events deckt, ist nicht garantiert. Vielleicht ist Thein aktuell noch einer der wenigen Einzelhändler in Würzburg, die auf diese Methode setzen.

Dass Geschäfte ihrer Kundschaft mehr als nur Produkte anbieten müssen, haben auch die Initiatoren des Zukunftshauses in Würzburg verstanden und aufgegriffen. "Wir stehen stellvertretend für eine Gruppe Menschen mit einer klaren Einstellung und die vertreten wir hier", erklärt Ulrich Emmerich, Vorstand des Zukunftshauses. Nachhaltigkeit steht dort im Mittelpunkt.

Das Sortiment sei zwar breit und reiche von Kleidung über Lebensmittel bis hin zu Büromaterial, im Zukunftshaus finde man aber ausschließlich Produkte, die die Umwelt möglichst wenig belasten –zum Beispiel Gürtel aus alten Fahrradreifen oder Handtaschen aus alten Airbags. In den Tauschräumen des Zukunftshauses können Menschen außerdem ungenutzte Gegenstände und Kleidung mit anderen tauschen.

Das Zukunftshaus setzt auf verschiedene Säulen, um die Menschen mit dem Thema Nachhaltigkeit vom stationären Handel zu überzeugen.
Foto: Daniel Peter | Das Zukunftshaus setzt auf verschiedene Säulen, um die Menschen mit dem Thema Nachhaltigkeit vom stationären Handel zu überzeugen.

Menschen mit Nachhaltigkeit als Lebenseinstellung fänden im Zukunftshaus mehrere Dinge unter einem Dach, sagt Emmerich. Um dem Onlinehandel zu trotzen, versucht das Team, die Kunden genau dort abzuholen – im Internet. So werben die Mitarbeiter in den Sozialen Medien verstärkt für ihren Tausch- und Mietservice, den sie aus guten Gründen online anbieten. "Die Leute können online die Gegenstände mieten und sich bei uns im Geschäft abholen", erklärt der Vorstand.

Selten genutzte Gegenstände, wie Waffeleisen, Raclette oder Bohrmaschinen, sollen Menschen im Zukunftshaus ausleihen, statt sie neu zu kaufen, auch das sei nachhaltig. Viele Menschen kämen deshalb in das Geschäft und würden dann erst das Sortiment des Kaufhauses entdecken. Das Angebot aufrechtzuerhalten, sei zeitaufwändig, lohne sich aber langfristig. 

Zusammenarbeit mit Händlern, die Kollektionen ausschließlich vor Ort anbieten

Um im Wettbewerb mit dem Onlinehandel konkurrenzfähig zu bleiben, achten Emmerich und seine Kollegen auf die Auswahl ihrer Händler. So arbeiten sie beispielsweise mit verschiedenen Marken zusammen, die bestimmte Kollektionen ausschließlich für den stationären Handel zur Verfügung stellen und die online nicht zur Verfügung stehen. Auch das locke immer wieder Menschen in das Geschäft vor Ort, erklärt Emmerich.

Ein Selbstläufer ist das Konzept Zukunftshaus nicht. Die Zahlen lägen bisher hinter den Erwartungen. Erst im kommenden Jahr werde sich das Konzept finanziell rentieren. Dennoch sagt Emmerich: "Wir wachsen stetig und bekommen mehr Kundschaft."

Im Gegensatz zum Zukunftshaus und "Neverlnd" betreibt Hans Schiborr sein Optik-Geschäft am Kürschnerhof schon seit vielen Jahren und zählt zu den alteingesessenen Händlern. Das heißt aber nicht, dass er nicht auf das veränderte Kaufverhalten der Menschen reagiert.

Schiborr in Würzburg will Gespräche und Kontakte statt Anonymität im Internet

Seine Frau und er haben in den vergangenen Jahren vor allem den Dienstleistungsbereich stärker ausgebaut. Längst kämen die Kundinnen und Kunden nicht mehr ausschließlich zum Brillenkauf in sein Geschäft, sagt er. "Auf Augenarzttermine wartet man teilweise lang. Deshalb bieten wir hier viele Untersuchungen an. Besteht der Verdacht, dass eine Behandlung durch den Facharzt nötig ist, schicken wir die Leute anschließend dahin", erklärt Schiborr.

Hans Schiborr betreibt gemeinsam mit seiner Frau Katja Schiborr seit vielen Jahren das Optikergeschäft am Kürschnerhof in Würzburg. 
Foto: Thomas Obermeier | Hans Schiborr betreibt gemeinsam mit seiner Frau Katja Schiborr seit vielen Jahren das Optikergeschäft am Kürschnerhof in Würzburg. 

Netzhautuntersuchungen oder die Messung des Augeninnendrucks zählen so zu den Dienstleistungen, ebenso ein Sehtraining für Jung und Alt. Katja Schiborr bildet sich dafür ständig weiter und sucht zugleich nach Ideen und Möglichkeiten für weitere Dienstleistungen. Hans Schiborr ist sich sicher, dass der Einzelhandel künftig noch eine ganz andere wichtige Funktion erfüllen werden muss. "Der Internethandel bringt eine gewisse Anonymität mit sich. Immer mehr Menschen vereinsamen und haben den Wunsch nach Begegnungen", sagt er. 

Diesem Wunsch wolle er nachkommen, in dem er sein Geschäft zu einem Ort der Begegnung mache, in dem man sich gern aufhalte, wohlfühle und mit den Mitarbeitern ins Gespräch komme. Wie und ob das gelingt, müssen die kommenden Jahre zeigen.

 
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  • Barbara Fersch
    geht man noch freiwillig in die Stadt? Von morgens bis abends laufen dort Männergruppen herum, dass man sich fragen muss.....warum arbeiten diese Männer nicht, nein, der Hintergrund ist ja ziemlich klar.
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  • Alexander Sünkel
    In Wertheim Village weiß man, wie Shopping funktioniert. Kostenlose Parkplätze in der Nähe sind ein wichtiger Erfolgsfaktor. In Würzburg werden die Parkgebühren immer höher und die Stadt immer leerer.
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  • Rudolf Thomas
    Das Thema liegt tiefer: Die breite Masse an Menschen konsumiert, aber sie investiert nicht, wenn sie nicht muss. Discounter, Döner, Fast-Food-Ketten, Imbissstände profitieren davon. Die wirtschaftliche Situation ist zu unsicher. Man sieht es an den Klamotten, die getragen werden. Fast alle sehen gleich aus: billige Steppjacken, noch billigere jeansähnliche Hosen. Frauen sind überwiegend wie Männer gekleidet: Hosen, grau/blau/schwarz, Sneakers oder Wanderschuhe, Wetterjacken in Grau/Blau/Schwarz/Grün, Rucksäcke. Den düsteren Aussichten einer vorherrschenden Rezession entsprechend hat es auch mehr Obdachlose und Bettler.
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  • Klaus B. Fiederling
    vielleicht sind auch die Preise in den Geschäften etwas zu hoch? Man schaut sich zwar um in Würzburg aber kaufen kann man es dann günstiger im Internet, das noch von zu Hause aus.
    Da brauche ich kein Auto, keinen Bus und überteuerte Fahr- und Parkplatzpreise!
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  • Georg Ries
    das sind die Richtigen!!! Beratung, Größe anprobieren und dann im www bestellen 👎🏼👎🏼👎🏼
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  • Klaus B. Fiederling
    warum zum einen muß ich denen sogar Recht geben, die das machen:
    a: keine Parkplätze
    b: kein unnützer Spritverbrauch
    c: billiger allemal
    d: bequemer noch dazu!
    klar, der Handel leidet zwar unter den Interneteinkäufern,
    schuld ist der Handel aber selber: überhöhte Preise - keine
    Parkplätze ! Sonst noch Fragen ....
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  • Daniel Winter
    Das es in Würzburg zu wenige und überteuerte Parkplätze gibt, ist ein Märchen. Und selbst wenn Marktgarage und Co. voll sind, wählt man ein weniger zentralen Parkplatz und darf mit dem Parkticket sogar kostenlos Straba fahren. Oder man parkt kostenlos auf der Talavera und fährt mit der Straba für 3,20 € hin und zurück bis zur Juliuspromende - wenn die Straba wieder regulär fährt auch bis zum Rathaus.
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  • Klaus B. Fiederling
    kostenlose Parkplätze Talavera:

    Weihnachtszeit Cirkus Krone
    Frühjahrsvolksfest kurz vor Ostern
    Kiliani im Juli .... und dann kommt noch die Aufbauphase, wo schon kaum oder gar keine Parkplätze mehr auf der Talavera frei sind.
    Und: 2 Euro Pro Stunde Residenz!
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  • Daniel Winter
    Jaja, die Ausnahmen... In anderen Städten gibt es gar keinen kostenlosen Großparkplatz quasi mitten in der Innenstadt. 2 Euro pro Stunde ist im Vergleich auch ein normaler Parktarif. Was wirklich wichtig wäre: Das Konzept "Besser leben im Bischofshut" konsequent umzusetzen: Einzelne Oberflächenparkplätze zugunsten von großen Parkhäusern abschaffen und Park & Ride Möglichkeiten bauen. Dann wird es sogar für passionierte Autofahrer und Menschen, die darauf angewiesen sind, entspannter in die Stadt zu fahren.
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  • Michael Zink
    Das paßt nicht. Wenn man sich offline beraten läßt, hat man schon Sprit und Parken investiert. Und es dürfte bequemer sein, die Ware gleich mitzunehmen als dann zu bestellen und liefern zu lassen.

    Billiger kann ich nachvollziehen. Dann sollte man sich aber auch online informieren. Sich erst kostenlos offline beraten zu lassen und dann online zu bestellen ist frech!
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  • bernhilde dengel
    Für mich, die ich vom Lande komme, ist die Parkplatzsituation der Stadt der größte Grund nicht mehr in Wü zu bummeln.
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  • Daniel Winter
    Was meinen Sie mit Parkplatzsituation genau? Es gibt in Würzburg ausreichend viele Parkplätze, durch das neue Parkhaus am Bahnhof sind zuletzt sogar viele hinzugekommen. Die Gebühren sind auch nicht anders als in anderen Städten und man kann mit dem Parkticket sogar kostenlos Straßenbahn fahren.
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  • Christopher Dorbath
    Solche Aussagen wundern mich: Es gibt etliche Parkhäuser, die fast nie ganz oder weitgehend ausgelastet sind. Zudem gibt es P&R-Möglichkeiten.
    Von wo kommen Sie? Freilich kann man nicht immer erwarten, unmittelbar - und am besten kostenlos - vor einem Geschäft in der Innenstadt zu parken.

    Mich zum Beispiel stören die vielen Autos, fahrend und stehend, mit ihren Abgasen und Lärm in der Innenstadt.
    Ein trauriges Beispiel ist die Karmelitenstraße: Eigentlich ganz schön, wird diese durch die Autos stark abgewertet. Ich gehe deshalb selten dort hin und kaufe dort auch nicht ein.
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  • Fabian Biskup
    Wie wäre es mal mit arbeitnehmerfreundlichen Öffnungszeiten, zumindest aktionsweise? Wer bis 17:00-17:30 Uhr arbeitet, braucht sich danach nicht mehr auf den Weg in die Würzburger Innenstadt zu machen, weil bis auf wenige Ausnahmen das meiste um 18 oder 19 Uhr schließt.
    So erreicht man nur noch Rentner und Studenten. Die Kaufkraft ist woanders.
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  • Der Würzburger geht halt lieber nach 18 Uhr in seine Stammkneipe. Und der Kunde aus der Umgebung bleibt lieber zuhause weil beim ÖPNV um 20 Uhr das Licht ausgeht ...
    In anderen "Groß"städten freuen sich bsw. Studenten und andere MA wenn sie abends noch nach 18 Uhr 3 Stunden arbeiten können.
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