Die Deutschen sind Europameister im Produzieren von Verpackungsmüll. Die Schattenseite der Wegwerfgesellschaft zeigt sich nicht nur in den Weltmeeren, sondern auch in der Würzburger Innenstadt. Coffee-to-go-Becher, Smoothie-Fläschchen und Plastiktüten sind sogar zwischen den Weinreben auf dem Weg zur Festung zu finden. Verschiedene Umweltorganisationen sprechen bereits seit längerem von einem "Verpackungswahnsinn".
Nicht nur viele Supermärkte wollen dagegen etwas tun. Auch Kunden haben Möglichkeiten gefunden, Einwegplastik während ihres Einkaufes zu reduzieren – und das nicht nur bei Obst und Gemüse. Statt in Plastik- oder Papiertüten landen Wurst, Fleisch oder Käse auch mal in eigenen Behältern.
Thema ist bei Lebensmittelüberwachung bekannt
Bei dieser Methode gibt es jedoch ein Problem: Von Zuhause mitgebrachte Dosen sind in aller Regel nicht steril und unterliegen keiner hygienischen Kontrolle, falls sie über die Fleischtheke wandern würden. Keime könnten von dem Kundenbehälter auf die Bedientheke übergehen und somit auf andere Lebensmittel. Für die Händler wäre das ein Supergau. Schließlich sind sie an hygienische Vorschriften gebunden und unterliegen strengen Kontrollen.
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Das Thema ist auch bei Dr. Lieven Pool bekannt. Er ist Fachbereichsleiter für Verbraucherschutz, Veterinärwesen, Lebensmittelüberwachung bei der Stadt Würzburg. "Es ist ein Thema, das immer mal wieder aufschlägt", so Pool auf Nachfrage dieser Redaktion. Von Händlern würde grundsätzlich die Frage kommen, ob private Behältnisse an Frischetheken nicht sogar verboten seien.
"Nein, sind sie nicht", antwortet Pool. Verboten sei es nur dann, wenn die Boxen in Kontakt mit Bereichen kommen, die hygienisch einwandfrei sein müssen: Zum Beispiel Küchen oder Auslagen für Fleisch, Fisch und Käse. "Man weiß ja nicht, aus was für einem Haushalt diese Boxen stammen", sagt Pool. Denn jegliche Vorschriften, die Händler erfüllen müssten, wären sinnlos, falls eine mit Keimen belastete Box in den hygienischen Bereich wandere.
Der Einzelhandel hätte deswegen verschiedene Methoden entwickelt, um das Problem zu lösen. Etabliert hat sich mit der Zeit ein Tablett-System: Der Kunde stellt hierfür seine private Box geöffnet auf ein gesondertes Tablett, das als Hygienebarriere dient. Ist das Gefäß augenscheinlich sauber, nimmt der Mitarbeiter das Tablett über die Theke, tariert das Gewicht von Tablett und Behälter aus und legt die Ware hinein. Die Dose bekommt einen Waagenbon und der Mitarbeiter reicht die Bestellung wieder auf dem Tablett über die Theke zurück an den Kunden. Damit kommt die Box zu keinem Zeitpunkt direkt mit der Theke in Berührung.
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So ist es zum Beispiel bei der Würzburger Metzgerei Schömig. "Kunden bringen vereinzelt Mehrwegdosen mit, jedoch sind es noch nicht sehr viele", weiß Horst Schömig. Zudem habe die Metzgerei noch nicht erlebt, dass Kunden verschmutzte Behältnisse mitbringen.
Immer mehr Kunden bringen ihre Mehrwegdosen mit
Wegen der hygienerechtlichen Vorschriften greife aber immer ein System, damit die privaten Boxen nicht in Kontakt mit den Lebensmitteln kommen. "Wir werden das auch weiterhin befürworten", so Schömig. Eigene Mehrwegverpackungen möchte er erst einmal nicht anbieten. "Weil jeder zu Hause sein eigenes System hat", sagt er.
Das System mit einem Tablett hat sich auch in den "Real"-Märkten, in Würzburg gibt es zwei davon, bewährt. "Wir freuen uns, seitens der Behörden grünes Licht erhalten zu haben. Dadurch konnten bereits 90 Prozent der Märkte das Konzept umsetzen. Das ist ein großer Erfolg", meint Kerstin Kunz, die Leiterin des Qualitätsmanagements.
Auch die Heidingsfelder Metzgerei Kram hat bereits gute Erfahrungen mit Kunden gemacht, die auf Plastik verzichten wollen. "Es läuft gut und es werden ständig mehr Kunden, die eigene Boxen mitbringen", sagt Hildegard Kram. Hygienerechtliche Sorgen habe sie nicht gehabt. Hier greift ein anderes System: Das mitgebrachte Behältnis bleibt auf der Thekenablage und in diese wird mit einem Papier die vorher abgewogene Ware gelegt.
Dass die Behörden das Thema sensibel behandeln, sich aber nicht immer einig sein sollen, weiß Marco Trabold, Geschäftsführer der Edeka-Märkte Trabold. Er und sein Team hätten sich im Vorfeld bei verschiedenen Lebensmittelüberwachungen (Stadt Würzburg, Landkreis Würzburg und Landkreis Main-Spessart) erkundigt und unterschiedliche Vorgaben bekommen. Nun sei aber eine Lösung in allen Märkten etabliert, die hygienerechtlich passe. Auch hier wird die Box auf der Thekenablage befüllt, ohne dass sie in den sensiblen Bereich der Frischeprodukte wandert.
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Andererseits kann auch mit Mehrwegdosen gearbeitet werden, die direkt vom Händler verkauft werden. Diese werden dann beim nächsten Einkauf gegen eine andere, vom Ladeninhaber gereinigte Dose getauscht. Die Methode erinnert an das Pfandsystem für Coffee-to-go-Mehrwegbecher, das es auch in Würzburg gibt. "Alle Methoden sind gut geeignet", sagt Pool, der mit einem Team aus fünf Lebensmittelüberwachern und drei Amtsärzten mindestens einmal im Jahr auch die Frischetheken kontrolliert, ob die Vorschriften eingehalten werden.