Die Gründe für Rückrufe sind so vielfältig wie die Produkte, die davon betroffen sind. Betriebe oder Behörden warnen vor Salmonellen, Metall, Glas oder auch toxische Pflanzeninhaltsstoffe. Doch wie funktioniert der Lebensmittelrückruf?
Wie reagieren die Behörden?
Wer etwas im Lebensmittel findet, das dort nicht hin gehört, kann sich an das zuständige Lebensmittelüberwachungsamt wenden. Das ist das Amt, in dessen Bezirk der Händler sitzt, der das betroffene Produkt verkauft hat. In Bayern liegt die sachliche Zuständigkeit bei den Kreisverwaltungsbehörden (Landratsämtern und kreisfreien Gemeinden). Dort stehen etwa 480 Stellen für Lebensmittelkontrolleure zur Verfügung. Im Landkreis Würzburg sind beispielsweise fünf Lebensmittelüberwachungsbeamte im Dienst. Im Monat melden sich dort etwa drei bis vier Verbraucher mit Beschwerden. Reste der beanstandeten Lebensmittel werden dann als Lebensmittelprobe an das Landesuntersuchungsamt gesendet. „Im unmittelbaren Anschluss wird das betreffende Unternehmen lebensmittelrechtlich überprüft“, teilt Christian Weiß, Pressesprecher der Stadt Würzburg, mit.
Produkte werden laut Pressesprecher Weiß sofort entsorgt, wenn sie bei der Kontrolle augenscheinlich verdorben sind. Langfristig kontrollieren die zuständigen Behörden diese Hersteller dann durch stichprobenartige Untersuchungen, um sicherzugehen, dass die Waren auch wirklich aus dem Verkehr gezogen und die Fehler beseitigt wurden. Sofern das Lebensmittelunternehmen nicht reagiert, kann die zuständige Behörde einen Rückruf anordnen und die Öffentlichkeit selbst über das gesundheitsgefährdende Lebensmittel informieren. Sollte ein Unternehmen die Fehler nicht beseitigen, drohen Ordnungswidrigkeits- oder auch Strafverfahren.
Ähnlich sehen die Prozesse beim Veterinäramt am Landratsamt Schweinfurt aus. „Das Veterinäramt bekommt circa zwei bis drei Verbraucherbeschwerden pro Monat“, sagt Uta Baumann, Pressesprecherin im Landratsamt Schweinfurt.
Wie reagieren Unternehmen?
Alternativ können sich Verbraucher auch an den Hersteller oder die Lebensmittelmärkte wenden. Laut Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) sind die Hersteller und Händler dazu verpflichtet, das Produkt einwandfrei an den Kunden zu übergeben und im Falle eines Mangels mögliche Gefahren zu verhindern.
In den meisten Fällen sind es die Hersteller selbst, die nach eigenen Kontrollen Mängel an ihren Produkten feststellen und Rückrufaktionen starten. Edeka, Lidl, Rewe und Aldi nehmen gesundheitlich bedenkliche Produkte beispielsweise aus dem Verkauf, informieren die Kunden und rufen den betroffenen Artikel im Ernstfall öffentlich zurück. Über den genauen Ablauf halten sich die Supermärkte auf Anfrage dieser Redaktion sehr bedeckt. Nur vom Discounter Aldi gibt es eine Zahl. „In diesem Jahr haben wir bislang vorsorglich vier Lebensmittel zurückgerufen“, antwortet ein Pressesprecher Anfang September.
In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Anzahl nicht bedeutend verändert. „Wir äußern uns grundsätzlich nicht näher zu internen Abläufen oder Zahlen“, lässt Lidl-Pressesprecherin Melanie Pöter verlauten. Ein Rückruf findet dann meist in den Medien (Print, Rundfunk, TV, Internet, Social Media) statt, zusätzlich durch Aushänge im Markt. Doch nicht immer wird die Öffentlichkeit informiert, wenn ein Produkt aus dem Verkauf verschwindet. Laut Marcus Girnau vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) sind das sogenannte stille Rücknahmen, bei denen Ware zum Beispiel wegen Qualitätsabweichungen in Geschmack, Farbe oder Konsistenz aus dem Verkehr genommen wird.
Welche größeren Fälle gab es in jüngster Vergangenheit?
Aufmerksamkeit erregen meist mit Salmonellen belastete Eier. Den jüngsten Fall gab es Anfang August, als viele Supermarktketten Bioeier wegen Salmonellengefahr aus den Regalen genommen haben. Bis heute sind außerdem die Gründe für den Salmonellen-Skandal von 2014 nicht lückenlos geklärt. Europaweit erkrankten damals mehrere Hundert Menschen, nachdem sie verseuchte Eier aus einer niederbayerischen Hühnerfabrik gegessen hatten.
Die Erkenntnisse eines Untersuchungsausschusses lieferten kaum Ergebnisse, wie es zu dem Vorfall kommen konnte. Kritisiert wurde unter anderem eine Unterbesetzung in kontrollierenden Behörden. In der Folge seien nicht nur Kontrollen zu selten und unzureichend erfolgt, sondern genommene Proben auch zu langsam untersucht und die Verbraucher dadurch unnötig gefährdet worden. Die Staatsregierung verweist in dem Kontext auf die neue Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, kurz KBLV.
Die Spezialeinheit mit Hauptsitz im oberfränkischen Kulmbach und einer Zweigstelle in Oberding ist Anfang des Jahres eingerichtet worden, um speziell Großbetriebe zu überwachen. Alle übrigen Lebensmittelkontrollen verbleiben bei den Landratsämtern. „Von rund 600 Betrieben in unserer Zuständigkeit haben wir im ersten Halbjahr bereits mehr als die Hälfte zum Teil mehrfach überprüft“, sagte KBLV-Chefin Claudia Thielen der Deutschen Presse-Agentur.
Was können Verbraucher tun?
Mangelhafte Lebensmittel sollten Kunden direkt im Supermarkt beanstanden. Mit Beschwerden können sich Verbraucher an Behörden und Hersteller wenden. Abhängig vom Grund der Reklamation können Ordnungs-, Veterinär- oder Eichämter zuständig sein. Nach Veröffentlichung des Rückrufes kann der Verbraucher die fehlerhaften oder gesundheitsgefährdenden Produkte im Geschäft entweder umtauschen oder gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben. Wichtig ist laut Verbraucherzentrale, dass Fremdkörper schnell gemeldet werden und so andere Käufer gewarnt werden können.
Das Internetportal www.lebensmittelwarnung.de wird gemeinsam von den zuständigen Ministerien in den Bundesländern und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) betrieben. Eine neue Warnung wird von einem betroffenen Bundesland eigenständig – ohne Beteiligung des BVL – bei lebensmittelwarnung.de eingestellt. Weitere Bundesländer, in denen das Produkt ebenfalls vertrieben wird, können sich der Warnung anschließen.
Zusätzlich gibt es mehrere privat betriebene Portale wie www.produktwarnung.eu, www.onlinewarnungen.de und www.produktrueckrufe.de.
Wichtige Rufnummern
Bei Fragen zu vermeintlich gefährlichen Lebensmitteln haben Verbraucher mehrere Möglichkeiten, sich zu informieren:
Die Außenstellen des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Würzburg und Bad Kissingen sind unter Tel. (09131) 68080 oder unter poststelle@lgl.bayern.de zu erreichen.
Für die Lebensmittelüberwachung sind außerdem die jeweiligen Landratsämter zuständig: Main-Spessart: Tel. (09353) 793 1819 Würzburg: Tel. (0931) 8003 5507 Schweinfurt: Tel. (09721) 55 310 Bad Kissingen: Tel. (0971) 801 7026 Rhön-Grabfeld: Tel. (09771) 94 625 Haßberge: Tel. (09521) 27-207 oder -199 Kitzingen: Tel. (9321) 9280 Main-Tauber-Kreis: Tel. (07931) 4827 6253 (lke)