zurück
Veitshöchheim/München
Wassermangel in Unterfranken: Kommt die Lösung für die Landwirtschaft aus dem Main?
Felder bei Trockenheit mit Main-Wasser zu gießen? Experten haben berechnet, wie viel Millionen Kubikmeter dafür nötig wären – und wie es ohne Nebenwirkungen klappen könnte.
Salatpflanzen auf einem Gemüsefeld im Landkreis Kitzingen: Wie viel Wasser aus dem Main wäre nötig, wenn die Landwirtschaft mit Flusswasser versorgt werden sollte? 
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Symbolbild) | Salatpflanzen auf einem Gemüsefeld im Landkreis Kitzingen: Wie viel Wasser aus dem Main wäre nötig, wenn die Landwirtschaft mit Flusswasser versorgt werden sollte? 
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:09 Uhr

Kann der Wassermangel in der Landwirtschaft in Unterfranken durch Wasser aus dem Main gelindert werden? Wie viel Wasser wäre dafür nötig? Welche Infrastruktur mit Speichern und Leitungen bräuchte es? Und ginge das alles ohne ökologische Nebenwirkungen für den Fluss?

Mit diesen wichtigen Fragen beschäftigen sich Wasserexperten in der Region - wie auch die "Wasserallianz", in der unterfränkische Politiker und Fachleute aus Wasser- und Landwirtschaft nach Lösungen suchen.

Ein dort erstelltes Papier, das dieser Redaktion vorliegt, rechnet etwa vor, welcher zusätzliche Wasserbedarf für unterfränkische Anbauflächen in Flussnähe aus dem Main gedeckt werden könnte. Berücksichtigt wird in Rechnung der wasserintensive Anbau von Gemüse, Obst, Wein, Kartoffeln und Zierpflanzen, nicht aber von Zuckerrüben oder Mais.

Rechnung der "Wasserallianz": Wie viel Main-Wasser bräuchte man in Trockenjahren?

Die Berechnung ergibt einen Zusatzbedarf in Trockenjahren von rund 10,4 Millionen Kubikmeter Wasser – davon allein rund 3,7 Millionen Kubikmeter im Landkreis Würzburg und rund 2,2 Millionen Kubikmeter im Landkreis Kitzingen. Den größten Anteil in der gesamten Region hat der Gemüseanbau mit bis zu 6,9 Millionen Kubikmeter Wasserbedarf, gefolgt von Obst (1,8 Mio.) und Wein (1,1 Mio.).

Doch ist eine Entnahme von Main-Wasser in dieser Größenordnung überhaupt realistisch? "Wenn man es richtig macht, ist das absolut möglich", meint Dr. Daniel Heßdörfer von der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim. Schließlich flössen pro Sekunde bis zu 600 Kubikmeter Wasser etwa durch die Alte Mainbrücke in Würzburg.

Entnahme und Speicherung des Main-Wassers im Winter, Bewässerung im Sommer

Außerdem gehe es um das Zurückhalten und Speichern in den wasserreichen Monaten zwischen November und April für die Bewässerung in den trockenen Monaten im Sommer, sagt Heßdörfer, nicht um eine Wasserentnahme bei Niedrigwasser. Führt der Main viel Wasser, müsste man nur rund fünf Tage lang etwa zwei Prozent des Wassers entnehmen, um die benötigte Menge zu erreichen, rechnet der LWG-Forscher vor. "Und zwei Prozent weniger Wasser würde man beim Zufluss des Mains in den Rhein gar nicht mehr bemerken."

Doch was ist mit der Infrastruktur? Schließlich wären große Wasserspeicher und lange Rohrleitungen nötig, um das Main-Wasser zum richtigen Zeitpunkt bei Bedarf auf die Felder etwa in der Bergtheimer Mulde (Lkr. Würzburg) zu bringen. "Das geht", ist Heßdörfer überzeugt. "Wir reden hier nicht über Öl-Pipelines, sondern vielleicht über ein 20-Zentimeter-Rohr."

Viele Bedenken bremsen bislang Bewässerungs-Pilotprojekte im Weinbau

Und die Wasserspeicher? "Nicht ganz billig, aber machbar", sagt der Wasserexperte. So sieht dies auch Barbara Becker, CSU-Landtagsabgeordnete und Mitglied der Wasserallianz: "Das Ganze klug zu managen ist Aufgabe unseres Staates, auf allen Ebenen", sagt die Politikerin aus Wiesenbronn (Lkr. Kitzingen).

Doch einfach wäre eine Realisierung wohl nicht. Das zeigen die drei seit 2021 geplanten Bewässerungs-Pilotprojekte mit Main-Wasser für den Weinbau in Nordheim, Iphofen (beide Lkr. Kitzingen) und Oberschwarzach (Lkr. Schweinfurt): Trotz einer möglichen Förderung durch den Freistaat von je bis zu zehn Millionen Euro ist noch keines dieser Vorhaben über die Planungsphase hinausgekommen.

CSU-Politikerin Becker: Geht nicht um Dauerbewässerung aus dem Main

Denn Bedenken gegen solche Projekte gibt es viele: Etwa dass der Main im Sommer leergepumpt werde oder dass die Kosten der Speicher unkalkulierbar seien. Becker hält solche Einwände für "galoppierende Gruselfantasien". Selbst die optische Beeinträchtigung der Landschaft durch die Wasserspeicher sei gering, meint die Wiesenbronnerin: "Die sehen aus wie eine Biogas-Anlage ohne Deckel."

Niemand wolle eine Dauerbewässerung aus dem Main, beteuert die CSU-Politikerin: "Es geht um Tröpfchenbewässerung, und nur dann, wenn die Pflanzen in Not geraten." Und wenn es auf natürliche Weise genug regnet? "Dann bleiben die Speicher einfach voll."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Kitzingen
Haßfurt
Karlstadt
Veitshöchheim
Wiesenbronn
Henry Stern
Barbara Becker
Bewässerung
Wasserentnahme in Unterfranken
Wasserexperten
Wasserknappheit
Weinbau
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Eva Hörner
    Wir sollten mehr Niederschlagswasser vor Ort festhalten. (Anstatt möglichst viel Wasser rasch in den nächsten Fluss abzuleiten.)
    Vorschlag: In den Gemeinden, wo Landwirte / Winzer / Gärtner im Sommer beregnen wollen, werden entlang der Bäche und Flüsschen Weiher / Teiche / Stauseen / Auen angelegt oder re-aktiviert und im Winter aus diesen Bächen und Flüsschen befüllt. Wasserableitende Bauwerke werden entfernt oder stillgelegt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Johannes Metzger
    Wasser für den Gemüseanbau bereitzuhalten erscheint mir sinnvoll.
    Für den Weinanbau gibts Alternativen. Und dort, wo wegen des Klimawandels kein Wein mehr gedeiht, muss halt auf den Anbau verzichtet werden. Einen, mit zusätzlichen Steuermitteln subventionierten Wein, lehne ich ab.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hiltrud Erhard
    Die Forderungen udn Vorschläge sind doch nicht neu!
    Das Zurückhalten und Speichern in den wasserreichen Monaten zwischen November und April für die Bewässerung gilt nicht nur für den Main sondern auch für die ganzen Nebenflüsse (Saale, Sinn, Tauber und die unzähligen kleinen Gewässer) Das ist ökologisch absolut sinnvoll und tut keinem weh, denn das Wasser läuft da gänzlich unkontrolliert und im Überfluss einfach nur durch in die Nordsee! Wasserrückhaltung ist nicht nur ökonomisch sinnvoll sondern auch ökologisch!
    Technisch ist alles mittlerweile machbar! Es darf nur nicht wieder zerredet werden und mit Scheindiskussionen befeuert werden!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Armin Genser
    Bleibt abzuwarten, ob die Ankündigungen von Frau Becker (M.P. 6/22) dann auch umgesetzt werden: "Doch im Gegenzug müssen die Winzer und Landwirte ihren Boden anders bearbeiten!!!, Weinberge begrünen!!!, Laubwände kürzen, damit die Reben weniger Wasser brauchen und Sorten anpassen. Ohne Bedingungen gibt es kein Geld." Von den subventionierten Großprojekten profitieren wieder die Großen, die Kleinen, die einen anderen Weg gehen, bleiben auf der Strecke - siehe Subventionen "industrielle Landwirdschaft". Erst sollten mal die niedeschlagsableitenden Bauwerke aus den Weinbergen verschwinden. Wir brauchen keinen Wein für 1l/3,50€ mit Steuermitteln der Bürger.
    Eine Umgestaltung der Landschaft ist auch in der Bergtheimer Mulde bitter nötig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Marco Eckert
    Das Eine schließt das Andere doch nicht aus!?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Die Frau Becker sieht offensichtlich nur den vor der eigenen Haustür, da geht Tröpchenbewässerung. Beim viel größeren Bedarf des Gemüseanbaus werden aber viel größere Speicher gebraucht und die Tropfschläuche müssen nach der Ernte, anders als beim Wein, entsorgt werden. Das gibt Plastikmüll ohne Ende. Ganz toll in einem Land in dem Trinkhalme aus Plastik verboten sind.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Thomas Hemmerich
    Da gebe ich Ihnen recht. Gut zu sehen im Gemüseanbaugebiet im Raum Albertshofen (bei Kitzingen). Teilweise erschreckend wieviel Plastik dort auf den Feldern liegt und teilweise einfach untergepflügt wird. Das Plastik kommt aber nicht nur von Resten der Wasserschläuche, welche für die Tröpfchenbewässerung benötigt werden, sondern auch von der Folie, mit der die Pflanzen abgedeckt werden. Hier sollte dringend was gemacht werden,
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Richard Baumann
    Die speziellen Schläuche für die Tröpfchenbewässerung müssen doch nicht entsorgt werden, die werden nach der Ernte entweder aufgerollt oder zur Seite gelegt und bei der nächsten Fruchtfolge wieder weiterverwendet. In den Weinbergen bleiben die auch jahrelang hängen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Der Hersteller Irritec schreibt.

    Der Tropfschlauch wird mit dem Ende der Kultur entfernt und entsorgt. Mit dem Auspflanzen der neuen Kultur wird wieder ein neuer Tropfschlauch eingebracht - der PE Schlauch ist vollständig recyclebar. Die Schlauchhaltbarkeit ist je nach Anwendung mit maximal 2-3 Jahren begrenzt. Alle Anbauteile wie Kupplungen etc. können unbegrenzt wiederverwendet werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Frank Julke
    Für mich stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist einen derartigen Aufwand zu betreiben, um gegen die Folgen der Klimaerwärmung zu kämpfen, oder ob es nicht sinnvoller ist den Aufwand besser weiter in die Reduktion der CO2 Emissionen zu stecken wie zum Beispiel Geschwindigkeitsbeschränkungen oder die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektromotoren
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Alfred Holler
    Das alles wäre sicher sinnvoller und hilfreicher, aber solange der Mensch im allgemeinen nicht über der Erhalt seines gewohnten Wohlstandes hinaus denkt bzw, zu denken vermag........
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hiltrud Erhard
    Die kann man besonders gut essen und trinken!
    Ich will damit sagen, dass es schon zuviel ideologisierte Beiträge gibt und man schon beim Thema bleiben soll!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Silke Müller
    Ideologen sind immer die anderen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Georg Heim
    @ Julke und Holler, wieviel mehr Wasser würde das für die Region bringen, also der Umstieg auf Elektromotoren?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Alfred Holler
    Oh Mann, es geht doch nicht um dieses fragwürdige Projekt als solches, sondern um die Energie und Recourcen, die dafür verplembert werden.. In
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Andreas Gerner
    Elektromotoren und am anderen Ende des Kabels hängt ein Kohlekraftwerk...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten