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Unterpleichfeld
Was der Landkreis Würzburg von Ansbach lernen kann: Grundwasser schützen durch "Grüne Gräben"
Der Behördenleiter des Wasserwirtschaftsamts Ansbach stellt zwei Konzepte vor: Ein interessanter und Mut machender erster Vortrag in Unterpleichfeld.   
Trockene Böden in der Nähe vom Orteils Dipbach bei Bergtheim im vergangenen Juli.  Was kann man gegen die Folgen des Klimawandels tun? 
Foto: Irene Konrad | Trockene Böden in der Nähe vom Orteils Dipbach bei Bergtheim im vergangenen Juli.  Was kann man gegen die Folgen des Klimawandels tun? 
Irene Konrad
 |  aktualisiert: 25.02.2024 03:32 Uhr

"Es reicht nicht, was wir die letzten 20 Jahre für unseren Wasserhaushalt gemacht haben", davon ist Thomas Keller angesichts des Klimawandels überzeugt. Für den Leiter des Wasserwirtschaftsamts Ansbach "wurde in unserer Region das Zwei-Grad-Ziel der internationalen Klimapolitik schon gerissen". Geringere Niederschläge würden sich mit höchsten Temperaturen überlagern und zwar "ausgerechnet dann, wenn die Pflanzen wachsen".

Behördenleiter Keller, Wolfgang Patzwahl, Sebastian Frey und Charlotte Pohse waren die  Referenten des ersten Abends der dreiteiligen Vortragsreihe „Klima-Land(wirt)schaft in der Praxis“ der Zukunftsinitiative Land(wirt)schaft. Die Initiative aus Umweltverbänden und -gruppen will Grundstücksbesitzer, Kommunen, Kirchen und Landwirte mit Politikern und Behörden zusammenbringen. 

Die Landwirtschaft kann die Folgen des Klimawandels abmildern 

Die Ziele sind laut Infoprospekt: "Die Landschaft klimafit machen" und die Folgen des Klimawandels abmildern, was nur mit der Landwirtschaft gelingen könne, "weil Boden, Vegetation, Verdunstung und Wasserhaushalt zusammenhängen".

"Wir haben viele Handlungsoptionen und brauchen nur genügend Leute, die sie in Angriff nehmen", sagte Mitveranstalterin Edith Sache vom Verein "Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft" (AbL). Die Struktur dazu müsse aber von Politik und Behörden geschaffen werden.

570 Kilometer Gräben entwässern die Äcker im Landkreis Ansbach 

Wie das funktionieren kann, stellte  Thomas Keller, Chef des Wasserwirtschaftsamts Ansbach vor. Er sprach über das Konzept "Grüne Gräben" und den "Klimaresilienten Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim". Diese Idee könnten auch in der Bergtheimer Mulde eine Rolle spielen, wo der Rückgang des Grundwassers, Bürgern und Landwirte Sorgen macht.

Thomas Keller ist der Behördenleiter des Wasserwirtschaftsamt Ansbach.
Foto: Irene Konrad | Thomas Keller ist der Behördenleiter des Wasserwirtschaftsamt Ansbach.

Für das Projekt "Grüne Gräben" hat das Wasserwirtschaftsamt Ansbach gemeinsam mit dem Bayerischen Bauernverband ein Konzept entwickelt, vorhandene Entwässerungsgräben zwischen den landwirtschaftlichen Flächen als Wasserspeicher zu nutzen. Im Landkreis Ansbach mit circa 70.000 Hektar Ackerfläche gibt es um die 560 Kilometer Entwässerungsgräben.

Wie "Grüne Gräben" funktionieren

Durch den Einbau von verschließbaren Staubauwerken soll Niederschlagswasser nicht mehr schnell in die Flüsse abgeleitet sondern zeitweise zurückgehalten werden. Dadurch bleibt das Wasser in den Gräben stehen und kann versickern - was sowohl den Feldfrüchten als auch dem Grundwasser Gute käme.

Laut Keller habe man das Pilotprojekt trotz anfänglicher Zweifel von Bund Naturschutz und einzelner Landwirte angegangen. Unter Federführung des Wasserwirtschaftsamt und mit Unterstützung des Bayerischen Umweltministerium seien in Bad Windsheim, Markt Ipsheim und Uffenheim Staubauwerke eingebaut worden. An den drei Standorten sei eine jährliche Abflussmenge von 2800 bis 3900 Kubikmeter Wasser gemessen worden - deutlich mehr, als man erwartet hatte. Mit Sonden wird die Feuchtigkeit in den Randbereichen im Boden gemessen.   

Für Behördenleiter Keller haben die "Grünen Gräben" Potential. Er plädierte dafür, diese Rückhalteart zu unterstützen  und sie vertrauensvoll in die Hände der Landwirte vor Ort zu legen.

Mit ähnlicher Leidenschaft stellte der Wasserwirtschaftsamtsleiter das Ziel "Klimaresilienter Landkreis" vor. Der extreme Trockensommer 2022 habe in seiner Region 13 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister veranlasst, mit den Ämtern konkrete Lösungsansätze zum Landschaftswasserhaushalt zu erarbeiten.

"Es ist wichtig, die Scheuklappen abzulegen", freut sich Keller über das Miteinander von Praktikern, Wissenschaftlern und Behörden. Die Arbeit der überörtlichen Arbeitsgruppen würden "von den Bürgermeistern in ihren Amtsblättern flankiert".

Chefin des Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg-Würzburg hört interessiert zu

Konkret gehe es um diese Themen: Das Aktivieren stillgelegter Teichkläranlagen als Speicherbecken, das Anlegen von Rückhaltebecken neben Gewässern oder entlang von Straßen, Beschattungen durch Gehölze, Hecken, Humusaufbau, Zisternen, richtiges Gießen, sinnvolles Bewässern von Sportplätzen, Photovoltaikanlagen über Fischteichen und Supermarktparkplätzen oder die Entsiegelung von Garageneinfahrten. Diese Ideen sind nicht neu. Neu ist aber das Konzept, dass Behörden und Politik gemeinsam konkrete Konzepte zu deren Umsetzung erarbeiten.

Unter den Zuhörern am ersten Vortragsabend war auch Jane Korck, neue Leiterin des für die Region Würzburg zuständigen Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg, die den Ausführungen ihres Kollegen aus Aschaffenburg interessiert und aufgeschlossen folgte.

Die nächsten Vortragsabende in der Unterpleichfelder Mehrzweckhalle zum Thema Boden und Wasser sind am 29. Februar um 18 Uhr mit Karl Auerswald von der TU München und Peter Hirmer vom Bund Naturschutz sowie am 8. März um 19 Uhr mit der Geografin, Agrarwissenschaftlerin und Bodenexpertin Andrea Beste. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

 
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  • Andreas Gerner
    Genau hinsehen !

    Was sind fließende (oft natürliche oder verlagerte) Gräben, was sind Entwässerungsgräben und was sind Wegseitengräben ?

    In unseren Breiten sind die wenigsten Gräben wirklich Entwässerungsgräben. Bei denen würde häufig das situationsbedingt gezielte Anstauen positive Effekte bringen.

    Bei fließenden Gräben nur, wenn sie zu tief sind.

    Wegseitengräben haben eine Funktion (die Fundamentierung des Wegs trocken halten und so die Tragfähigkeit des Wegs erst ermöglichen), die sie im angestauten Zustand nicht erfüllen können.
    Wo Wegseitengräben angestaut oder gar zugeschüttet werden sollen, wird man den Weg meist aufgeben müssen. Was im Rahmen von Flurneuordnung etc in einigen Fällen möglich und erstrebenswert ist.

    Häufig sind Wegseitengräben(bzw Straßengräben) aber so gut wie immer (Außer Schneeschmelze bei gefrorenem Boden) trocken. Da wird Anstauen kaum positive Effekte bringen.

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    Wünschenswert wäre Forschung, wie sich Tiefenlockern (Acker) auf´s Grundwasser auswirkt.
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  • Peter Koch
    "Wünschenswert wäre Forschung, wie sich Tiefenlockern (Acker) auf´s Grundwasser auswirkt."
    Da braucht man nicht lange zu forschen. Das führt dazu, dass das Regenwasser schneller versickert als in einem gut verdichteten Boden und das bringt Grundwasser. Zur richtigen Zeit zu pflügen ist besser als nur oberflächlich herumzukratzen.
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  • Andreas Gerner
    Ist leider komplexer:

    Dass erst mal mehr und schneller versickert, ist klar. Dass es langfristig so bleibt und nicht ungebremst nach unten gewaschene Tonteilchen dort zu Stauschichten führen, die dann gar nicht mehr zu beheben wären(unerreichbar tief), ist viel Hintergrundwissen nötig.

    Dazu kommt:
    Wasser ist ja nicht gleich Wasser. Je nach Bodenprofil werden beim schnellen Versickern ja auch Bodenpartikel, Nährstoffe, Bakterien, Wirkstoffe usw verlagert oder gar in´s Grund- und Trinkwasser verfrachtet, die da nicht hin sollten, sondern in der Krume bleiben müssen.

    Was auf Standort A durchweg positiv ist, kann auf Standort B negativ sein. Insbesondere, wenn in der Tiefe dann keine Filterschichten mehr kommen (Schotterebene-Böden).

    Breit angelegte
    wissenschaftliche Versuche und differenzierte Auswertungen würden helfen.

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    Pflügen?
    Bei aktiven Böden (Quellen/Schrumpfen) und Regenwurmtätigkeit erhöhen PFLUGLOSE Verfahren die Sickerraten. Zeigt WRRL-Veranschaulichung deutlich.
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