
Julian Bauer ist wütend. Am Mittwochfrüh wollte er sich an der Impfstelle am Uni-Campus in Würzburg gegen Corona impfen lassen. Es sollte seine Zweitimpfung sein. Um 9 Uhr, also eine halbe Stunde vor Öffnung, sei er angekommen, berichtet der junge Mann aus dem Landkreis Würzburg. Doch auf eine Impfung hatte er hier keine Chance: Nur 50 Impfdosen seien verfügbar gewesen. "Allein im Gebäude haben schon 80 bis 90 Leute gewartet", sagt Bauer. Davor mindestens noch einmal so viele.
Was Bauer schildert, ist kein Einzelfall. Im Gegenteil: Dass Impfstellen und Impfzentren in Unterfranken - so sie denn derzeit geöffnet haben - gerade förmlich überrannt werden, ist mittlerweile Alltag. Bürgerinnen und Bürger, die sich angesichts der vierten Welle nun doch für eine Impfung entscheiden, und zweifach Geimpfte, die sich die sogenannte Booster-Impfung verabreichen lassen wollen, sorgen für Überlastung. Berichte über stundenlange Wartezeiten gibt es aus nahezu allen Teilen der Region. Und über Impfwillige, die wieder weggeschickt werden.
In vielen Impfzentren nur noch mit Termin
"Die Nachfrage steigt aktuell und es muss mit Wartezeiten gerechnet werden", hieß es zuletzt etwa von der Stadt Schweinfurt. Schon Ende vergangener Woche hatten sich etwa vor dem Impfzentrum auf dem Volksfestplatz lange Schlangen gebildet.
Das Impfzentrum des Landkreises Main-Spessart wurde zum 1. Oktober von einer Turnhalle in Lohr in das ehemalige Krankenhaus in Marktheidenfeld verlegt – und damit etwas verkleinert. Doch nun steigt auch hier der Andrang. Wurden Anfang November dort im Schnitt 85 Menschen pro Tag geimpft, waren es eine Woche später laut einer Mitteilung des Landratsamtes schon bis zu 140 täglich.
Inzwischen ist man in Main-Spessart dazu übergegangen, nur noch nach vorheriger Terminvergabe zu impfen. Das gilt auch für die meisten anderen Impfzentren der Region, die derzeit in Betrieb sind. Entsprechende Regelungen gibt es bereits in Kitzingen, Bad Kissingen oder Königsberg (Lkr. Haßberge). In Schweinfurt sind Terminvergaben in Planung.
Landratsamt: Ärger ist nachvollziehbar
Chaotisch geht es unterdessen vor allem bei sogenannten Impfsprechstunden in Rathäusern oder Turnhallen in Gemeinden zu. So wurde etwa am Montag bei einer Impfaktion in Hettstadt (Lkr. Würzburg) die Hälfte von rund 300 Impfwilligen wieder weggeschickt. Am Impfstoff habe es nicht gelegen, erklärte Bürgermeisterin Andrea Rothenbucher gegenüber der Redaktion. Es gebe genügend, allerdings habe das Impfteam nicht mehr Dosen nach Hettstadt mitbringen können. Und: "Das mobile Impfteam muss ja irgendwann auch mal Feierabend machen."

Immerhin scheint man im Landratsamt Würzburg das Problem erkannt zu haben. In einer aktuellen Pressemitteilung heißt es, man wolle künftig über eine Software und eine Hotline Termine vergeben. Denn die bisherige Regel - "wer zuerst kommt, wird zuerst geimpft" - habe für "nachvollziehbaren Ärger bei der Bevölkerung" gesorgt.
Schreiben aus Ministerium an Impfzentren: Auffrischungsimpfungen nach fünf Monaten
Groß ist die Wut bei Betroffenen vor allem dann, wenn sie, wie von der Politik empfohlen, zur Auffrischungsimpfung kommen, diese dann aber nicht erhalten – zum Beispiel weil seit der Zweitimpfung weniger als sechs Monate vergangen sind. Derartige Berichte gibt es mehreren Impfzentren in Bayern.
Nun hat das Gesundheitsministerium die Impfzentren im Freistaat schriftlich aufgefordert, allen Interessierten schon nach fünf Monaten eine Booster-Impfung zu verabreichen. "Diese sollen allen angeboten werden, die nach Ablauf von fünf Monaten eine Auffrischungsimpfung wünschen", heißt es in dem Schreiben. Und: "Zurückweisungen Impfwilliger sollen möglichst nicht erfolgen."
Vor Ort dürfte das sauer aufstoßen. Vor allem wegen des Personalmangels in den Impfzentren: "Die Personalakquise ist eine der großen Aufgaben, denen sich das Impfteam aktuell stellt, da nach dem ministeriell angeordneten Rückbau der Impfzentren die Arbeitsverträge der dortigen Belegschaft nicht verlängert werden konnten", heißt es etwa diplomatisch aus dem Landratsamt Würzburg. Außerdem sind die Impfangebote der Städte und Landkreise nach den Vorgaben aus München eigentlich nur ein "nachrangiges und ergänzendes Angebot zur Impfmöglichkeit bei den Hausarzt- und Facharztpraxen".
Verwirrung um Drittimpfungen
Doch auch dort ist die Lage angespannt, wie Ärztinnen und Ärzten berichten. Einerseits, weil viele Praxen noch mit den Erst- und Zweitimpfungen älterer Patientinnen und Patienten ausgelastet sind. Andererseits, weil sie mit Blick auf die Booster-Impfung verunsichert sind: Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Auffrischungsimpfung derzeit nämlich frühestens nach sechs Monaten für Menschen ab 70 Jahren sowie solche mit Immunschwäche, Bewohnerinnen und Bewohner sowie Personal von Pflegeeinrichtungen sowie Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen.
Für Julian Bauer hatte der Mittwoch dann übrigens doch noch ein gutes Ende. Am Mittag wurde er bei einer Impfsprechstunde in Kürnach (Lkr. Würzburg) geimpft. Nach drei Stunden Wartezeit. Dort sei der Großteil der geschätzt 500 Impfwilligen angesichts von rund 100 verfügbaren Dosen wieder weggeschickt worden.
Aber sich jetzt hinzustellen und den Leuten zu sagen: „Hättet Ihr Euch mal früher impfen lassen!“ hilft halt gerade grad mal garnix!
Man muss froh sein um jeden, der jetzt doch noch vernünftig wird. Völlig egal wann, völlig egal, warum …
Wie oft wurde prophezeit, die Menschen sollen sich impfen lassen, im Herbst und Winter steigen die Fallzahlen. Die Leute, die das sagten, wurden belächelt. So und jetzt? Jetzt kommt die 2G-Regel. Auf einmal kann man sich doch impfen lassen? Komisch, oder? Nicht falsch verstehen, aber muss erst alles kollabieren und es so eintreffen, wie es vorausgesagt wurde, bis sich die Leute impfen lassen? Dass jetzt Schlangen an den Impfzentren stehen, war klar. Aber dass sich die Personen, die jetzt Torschlusspanik bekommen, sich impfen lassen, darüber aufregen, kann ich nicht nachvollziehen.
Aber ich wage zu bezweifeln, daß mit neuer Regierung und neues Gesetz etwas besser werden sollte!
Die Politik verändert ihre erratischen Entscheidungen mit der Geschwindigkeit eines tollwütigen Frettchens auf Ecstasy – und der bräsig-bürokratische Behördenapparat kommt aus dem Wachkoma nicht raus … keine sehr gute Kombination für die erfolgreichen Krisenbewältigung.
Es fehlt an Fach- und Entscheidungskompetenz, es fehlt an Reaktionsgeschwindigkeit und es fehlt an Konsequenz.
Ich bleibe dabei – für zukünftige Krisen sollten wir anerkennen, dass die bestehenden politischen und bürokratischen Strukturen potenziell ungeeignet sind, um adäquat auf dynamische Entwicklungen zu reagieren. Wobei das Ziel ja auch darin bestehen sollte, eine hohe Dynamik gar nicht erst entstehen zu lassen.
Es braucht eine relativ kleine Gruppe von Leuten, die wirklich Ahnung haben, die mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet werden und die der Politik nicht nur Empfehlungen aussprechen, sondern dann auch in der Lage sind, diese umzusetzen.
Experten statt Amateure!
Außerdem wäre noch interessant, wieso Würzburg eine "ministerielle Anordnung zum Rückbau der beiden Impfzentren" bekommt, während andere Landkreise, wie MSP oder KT, ihre Zentren behalten.
Klingt nicht sehr glaubwürdig.
Würzburg hat Geld für Theaterneubau, Neugestaltung hier und da, 2 ExtraBürgermeister samt Bürodamen (was nun, Frau Jörg??? Die Schulen haben fast 1000er Inzidenz). Aber das Impfzentrum bleibt zu? Nur hier kann bei möglichen Komplikationen auch sicheres Impfen gewährleisten. Es ist keine Frage: das Impfzentrum muss wieder eröffnet werden. Besser heute als morgen.
„Experten statt Amateure“
Ups…🙄
Sind die derzeit tätigen mobilen ImpfTeams ehrenamtlich arbeitend oder werden für Ihr Tun bezahlt?? Ich hörte allerdings von letzterem- also externe Dienstleister.
Wikipedia:
…..Ein Amateur ist ein Laie und für seine Tätigkeit nicht formal ausgebildet, im Unterschied zur Fachkraft. Wikipedia
Booster wurde mir bei zwei mobilen Impfstellen jeweils durch Impfarzt - verweigert.
Begründungen war sinngemäss:
A) Es fehlen 3 Wochen bis zur 6-Monatsfrist
B) Wir schliessen in ca 10
Minuten, gemäss der Veröffentlichung durch die kommunalen Stellen…also …für Sie leider heute nicht.
Amateur?? 🙄
M E unprofessionell
und schade für die vielen Ehrenamtlichen und deren überaus wertvollen Engagement.
Als vor wenigen Wochen noch erklärt wurde, die niedergelassenen Ärzte würden das stemmen können (übrigens auch von Herr Gassen, der diese Ärzte ja vertritt), habe ich mich gefragt, wo man seine Glaskugel eigentlich in Reparatur geben kann...
Es war mir da schon vollkommen klar, dass das die Arztpraxen nicht stemmen können, die ja auch noch ihre sonstigen Patienten behandeln müssen.
Dabei ist das gar nicht so schwierig zu verstehen:
Wir brauchen jetzt zum Boostern dieselben Kapazitäten, wie vor sechs Monaten, als in den Impfzentren die Menschen, wie am Fließband, durchgeimpft wurden. Die niedergelassenen Ärzte können das gar nicht schaffen!
Es ist ein absolutes Versagen der Politik, dass man da kurz vorher diese Impfzentren nicht nur stillgelegt, sondern gleich ganz abgebaut hat! Dabei haben alle Spezialisten schon im Frühjahr gesagt: Es wird Nachimpfungen geben müssen... Und spätestens im Sommer wusste man auch dass dies nach ca. 6 Monaten geschehen sollte...
Das Hauptthema sind ja nur indirekt die hohen Inzidenzien. Die "Musik" spielt in den Krankenhäusern. Hier sind die Neubelegungen für die nächsten 2 bis 3 Wochen bereits bestellt - das sind die aktuellen Infektionen.
kurzfristige Maßanhmen:
Helfen tun nur Kontaktbeschränkungen, insbesondere Ungeimpfte über 45 müssen sich extremst zurückhalten.
Aufhebung Datenschutz für die Kommunen (Städte, Gemeinde) um die Kampagne gezielt vor Ort zu steuern, direkte Ansprache gefährdeter Personen nach Alter ab 65.
Ärzte direkte Ansprach gefährdeter Personen unter 65 Jahren.
Gefährdete Menschen sind aus impfschwachen Vierteln zu evakuieren oder unter Schutzquarantäne zu stellen.
Unterstützung durch THW, Bereitschaftspolizei und Bundeswehr bei Absicherung der Impfkampgne , Überwachung von 2G und Quarantäne.
Einstellung des Präsenzunterrichts - max. Wechselunterricht.