Hoch über den Dächern Sommerhausens gibt es, pünktlich zu Beginn der Pfingstferien, etwas Neues: Willis Schnecken-Weg, ein drei Kilometer langer Wanderweg, der sich am Wein-Kultur-Weg Sommerhausen orientiert, dabei aber etwas ganz Eigenes ist.
Ein abwechslungsreicher Erlebnisweg für Familien, bei dem Kinder und Erwachsene zusammen die Region entdecken können – das war die Ursprungsidee von Waltraud Schiedermair und Heike Decker. Die Initiatorinnen des Schnecken-Wegs, der an Christi Himmelfahrt mit einem Familiengottesdienst im Freien eingeweiht wurde, sind Tourismus-Expertinnen – und beide Mütter jeweils eines Kindes im Grundschulalter. "Wer mit nur einem Kind spazierengehen will, bekommt von diesem schnell zu hören, dass das langweilig ist", sagt Waltraud Schiedermair, Leiterin der Tourist-Information Sommerhausen, und lacht.
Der Schnecken-Weg als Anreiz, mehr über die Umgebung zu erfahren
Die Idee, ein Angebot für Kinder zu entwickeln, das sie auch motiviert, etwas über Sommerhausen zu lernen, habe es schon vor Corona gegeben, so Schiedermair. Da die Tafeln des Wein-Kultur-Wegs im vergangenen Jahr neu überarbeitet worden waren, bot sich die Strecke auch für ein Angebot für die ganze Familie an. "Der Schnecken-Weg kann ein Anreiz sein, die Tafeln zu lesen und dabei etwas über die Heimat zu erfahren – gerade auch für die vielen Neubürger in Sommerhausen", sagt Decker.
Mit einer Länge von drei Kilometern sei der Weg auch für kleine Kinder machbar; außerdem lasse er sich sowohl mit Kinderwagen als auch mit Roller oder Laufrad bewältigen, heißt es auf der Webeite des Schnecken-Wegs. "Während des ersten Lockdowns im März 2020 waren sowohl die Tourist-Information als auch unser Gasthof geschlossen, so dass wir Zeit hatten, erste Pläne zu schmieden", erzählt Decker, die mit ihrer Familie den Gasthof "Zum Goldenen Ochsen" in Sommerhausen betreibt und als Gästeführerin "Weinerlebnis Franken" tätig ist.
Angelehnt an den Wein-Kultur-Weg, dessen Symbol eine versteinerte Schnecke ist, wurde Willi, die kleine Weinbergschnecke, als Namensgeber für den neuen Weg geboren. Schnell war klar, dass das Herz des neuen Weges ein Barfußpfad in Form einer Schnecke werden sollte. Mit der Hilfe unter anderem von Wilfried Wagner, Jugendwart der Freiwilligen Feuerwehr Sommerhausen, stellten Schiedermair und Decker den Pfad fertig.
Das Besondere daran: Die verschiedenen Füllmaterialien der Schnecke stehen fast alle in Verbindung mit dem Thema Weinbau. Und so können Barfußläufer ausprobieren, wie sich Lesesteine aus den Weinbergen unter den Fußsohlen anfühlen, und wie es sich auf Korken, zerkleinertem Rebholz, Weinbergstickel oder Berregnungsrohren läuft. Auch Schraubverschlüsse vieler Sommerhäuser Winzer sind in den Boden eingelassen.
Von der Schnecke aus geht es weiter durch die Weinberge – der Weg ist durch auf den Boden gemalte Schnecken gekennzeichnet. Unterwegs gilt es, einen Bogen mit 20 Fragen zu beantworten. Diese können mit Hilfe der Infotafeln des Wein-Kultur-Wegs gelöst werden und sind kindgerecht aufbereitet. Der Fragebogen gibt den Spaziergängern auch praktische Tipps – wie zum Beispiel Hinweise auf Rastplätze oder gute Stellen, um Versteinerungen zu suchen. Auch Mal-, Such-, Wurf- und Hüpfaktionen sind Teil des Weges.
Die Fragen und Aktionen entlang der Strecke, die auch am Terroir F vorbeiführt, hätten sich beim Laufen der Strecke entwickelt, erzählt Decker. "Unsere Kinder sind den Weg im vergangenen Jahr sehr oft gegangen", sagt sie. Auch mit befreundeten Familien habe man den Weg wieder und wieder getestet.
Über den Sommer lagen die Pläne für den Schnecken-Weg erst einmal brach – ein beinahe normaler Alltag hatte die beiden Frauen wieder. Als es im November zum zweiten Lockdown kam, nahm das Projekt erneut Fahrt auf. "Anfangs war der Plan, dass wir alles einfach halten und das Projekt selbst finanzieren", sagt Decker. Doch dann ergab sich die Möglichkeit, über das integrierte ländliche Entwicklungskonzept (ILEK) Fördermittel in Höhe von 1700 Euro zu beantragen. Weitere 1250 Euro sollen über ein von der VR-Bank organisiertes Crowd-Funding zusammenkommen (1085 Euro wurden bereits gespendet, Stand: 20. Mai).
Die Fördermittel ermöglichten den Initiatorinnen, das Projekt nach und nach zu erweitern. Neben einem Rucksack, den Kinder, die den Weg laufen wollen, nun zum Start bekommen, konnte Alexandra Maiwald vom Büro Maiwald engagiert werden, die die Grafik des fantasievollen Fragebogens gestaltete.
Am ersten Mai wurde der Barfußpfad fertig. "Daraufhin haben wir den Weg auf Facebook, Instagram und im Gemeindeblatt beworben – bisher wurden rund 50 Rucksäcke abgeholt", zieht Schiedermair eine erste Bilanz. Zielpublikum für den Schnecken-Weg seien Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren mit ihren Familien – aus dem Raum Würzburg, aber auch Touristen. Die Preise, die es beim Abgeben eines richtig ausgefüllten Fragebogens zu gewinnen gibt, sollen Anreiz sein, nach Sommerhausen zurückzukehren. "Unsere Preise haben alle einen Bezug zum Ort", erklärt Schiedermair und zählt unter anderem ein Foto-Shooting mit der Weinprinzessin und einen Kirchturmbesuch auf.
Der Schnecken-Weg soll im Wandel bleiben: Wer Verbesserungsvorschläge oder Ideen für den weiteren Ausbau der Strecke hat, kann sich bei den Initiatorinnen melden.