
Der Fall hat in der Region große Wellen geschlagen: Trotz einer über den Tod hinaus gültigen Vollmacht hatte ein Würzburger keinen Zugriff auf die Konten seiner verstorbenen Mutter bekommen. Der Rentner verzweifele an der Bürokratie und sorgte damit für Diskussionen.
Die Frage, die sich viele stellen: Wie kann ich wirklich sicher gehen, dass die Entscheidungen über mich in den richtigen Händen liegen, wenn ich sie aus gesundheitlichen Gründen selbst nicht mehr treffen kann? Dies kann beispielsweise bei einer plötzlich einsetzenden Demenz, anderen Erkrankungen oder Unfällen der Fall sein.
"Nur wer für solche Situationen Vorkehrungen trifft, kann sich sicher sein, dass die Zügel für das eigene Leben nicht in die Hände einer fremden Person fallen", sagt Carina Weis. Sie ist Verbraucherberaterin beim Verbraucherservice Bayern in Würzburg und beantwortet alle Fragen rund um das Thema.
Grundsätzlich, so erklärt sie, seien drei Begriffe wichtig:
- Vorsorgevollmacht: Ist sofort gültig und eine Person wird direkt bestimmt. Sie kann alle Entscheidungen in den aufgeführten Angelegenheiten treffen.
- Generalvollmacht: Wird meist als Synonym für die Vorsorgevollmacht verwendet. Laut Weis eher ein allgemeiner Überbegriff für pauschale Vollmachten.
- Betreuungsverfügung: Gilt erst im Betreuungsfall. Mit ihr sagt man, wer dann als Betreuerin oder Betreuer eingesetzt werden soll. Letztendlich entscheidet aber ein Richter, wer welche Befugnisse für welche Dauer bekommt.
Wer sollte eine Vorsorgevollmacht in Betracht ziehen?
"Viele gehen davon aus, dass es gesetzlich geregelt ist, dass im Notfall automatisch die Partnerin, der Partner oder jemand aus der engsten Familie bestimmt wird, die Angelegenheiten zu regeln", sagt Weis. "Das ist aber nicht der Fall." Erst ab 1. Januar 2023 gelte ein neues Ehegatten-Notvertretungsrecht, das sich jedoch nur auf eng mit der Gesundheit zusammenhängende Angelegenheiten beziehe.
Sie rät daher dazu, sich frühzeitig und nicht erst im Alter über eine Vorsorgevollmacht Gedanken zu machen. "Oft geht es dabei um den letzten Lebensabschnitt, aber unvorhergesehene Notfälle können jedem passieren", sagt Weis.
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Der Grundgedanke der Vollmacht sei, die Selbstbestimmung zu bewahren, indem man selbst regelt, wie Entscheidungen getroffen werden, wenn man nicht mehr selbst über sich entscheiden kann. "Bei einer Vorsorgevollmacht gibt man die Zügel für sein Leben einer anderen Person in die Hand", sagt Weis, "das sollte also nur eine absolute Vertrauensperson sein".

Es sei dennoch sinnvoll, bevollmächtigten Personen die Kontrolle über alle wichtigen Lebensbereiche zu übertragen. Das betrifft beispielsweise die Finanzen, Fragen der Gesundheit und Pflege, Wohnungsangelegenheiten, aber auch die Kommunikation mit Behörden.
Die Bündelung all dieser Fragen diene dazu, die Komplexität zu reduzieren. Häufig seien die Bereiche nicht klar zu trennen. Weis nennt als Beispiel, dass die gesundheitliche Behandlung nicht geklärt werden könne, ohne die Kosten zu berücksichtigen.
Gibt es eine Vorlage, Muster oder ein Formular für die Vorsorgevollmacht?
"Laien rate ich auf jeden Fall dazu, von Vorlagen Gebrauch zu machen", sagt Weis. Verlässliche Vorlagen seien beispielsweise auf der Homepage des Bundesjustizministeriums herunterzuladen. Die Vorsorgevollmacht sollte auf jeden Fall schriftlich erteilt werden und die Unterschriften sollten beglaubigt werden, sagt Weis.
Brauche ich eine Beglaubigung von einem Notar?
Der kostenpflichtige Gang zum Notar sei dagegen für die meisten Menschen nicht notwendig. Stattdessen sei es im Normalfall völlig ausreichend, zu den zuständigen Betreuungsstellen der Stadt oder des Landkreises zu gehen.
Außerdem kann es hilfreich sein, die Vollmacht bei der Bundesnotarkammer registrieren zu lassen. So können beispielsweise Ärztinnen und Ärzte mit einem Anruf schnell herausfinden, wer der oder die Bevollmächtigte ist.
Wem kann ich eine Vorsorgevollmacht ausstellen?
Prinzipiell kann eine Vorsorgevollmacht jeder Person ausgestellt werden. Es sei dennoch sinnvoll, dass sie im Idealfall höchstens gleich alt ist. Außerdem rät Weis jedem und jeder, mit der Person intensiv über Eventualitäten und Details zu sprechen und uneingeschränkt zu vertrauen.
Eine Vollmacht kann auch für mehrere Personen – wenn man beispielsweise alle Kinder beteiligen möchte – ausgestellt werden. Weis rät hier jedoch zur Vorsicht bei den Varianten mit mehreren Bevollmächtigten:
- Variante A: Bevollmächtigte haben "Zuständigkeitsbereiche" innerhalb der Vorsorgevollmacht. Beispielsweise soll sich ein Kind um die gesundheitlichen und ein anderes um die finanziellen Aspekte kümmern. Hier kann es zu Überlappungen kommen und unklare Entscheidungsstrukturen könnten entstehen.
- Variante B: Alle Bevollmächtigten sind für alle Bereiche der Vorsorgevollmacht zuständig. Hier muss bei jeder Entscheidung Einstimmigkeit herrschen. Unstimmigkeiten könnten so zum echten Problem werden.
Mehrere Bevollmächtigte sind also juristisch möglich, für Weis jedoch ein praktisches Risiko.

Ab wann und wie lange gilt eine Vorsorgevollmacht?
Die Vorsorgevollmacht gilt ab der Unterschrift. Handlungsfähig ist die bevollmächtigte Person aber erst, wenn sie das Originaldokument vorzeigen kann. Weis empfiehlt daher Personen, die eine solche Vollmacht ausgestellt haben, das Original selbst aufzubewahren. Den Bevollmächtigten sollte nur gesagt werden, wo es im Fall der Fälle aufzufinden ist.
Eine Vorsorgevollmacht gilt grundsätzlich bis zum Tod und wird mit einer Scheidung auch nicht automatisch unwirksam. Dennoch kann sie widerrufen werden – solange die Person geschäftsfähig ist. Wie Weis erklärt, ist der Widerruf einfach: Er erfolgt, indem das Originaldokument zerstört wird.
Kann eine Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus gelten?
Vorlagen, wie der vom Bundesjustizministerium, enthalten dazu einen eigenen Punkt: "Die Vollmacht gilt über den Tod hinaus." Weis erklärt, dass dies nur dann sinnvoll ist, wenn der oder die Bevollmächtigte auch Alleinerbin oder -erbe sei. In diesem Fall könnten dringende Angelegenheiten mit der Vollmacht geklärt werden, ohne auf den Erbschein zu warten.
Aber, so der Hinweis von Weis, wenn die Erbsituation ungeklärt ist, müssten außenstehende Parteien, wie Banken oder Vermietende, auf den Erbschein warten. Im Würzburger Fall verwies die Bank in ihrer Ablehnung ebenfalls auf die Prüfung der Erbschaft.
Ist es trotzdem sinnvoll, mit Banken eine extra Vorsorgevollmacht zu unterschreiben?
"Ja, das kann sinnvoll sein", sagt Weis, "weil die meisten Vorsorgevollmachten relativ allgemein gehalten sind". Konkrete Handlungsanweisungen, wie das Schließen eines Bankkontos, seien darin nicht explizit aufgelistet. Um solche Fragen detailliert klären zu können, würden viele Banken eigene Vollmachten zur Verfügung stellen, sagt Weis. Auch die Frage, wie nach dem Tod vorgegangen wird, könne dann genauer geregelt werden.
Was ist der Unterschied zur Betreuungsverfügung?
Zur Vorsorgevollmacht gibt es noch eine Alternative. Auch mit der Betreuungsverfügung können Situationen im Vorhinein geregelt werden, in denen man keine Entscheidungen mehr für sich selbst treffen kann.
Wie Weis erklärt, bestimmt man in dieser eine Person, die erst im Betreuungsfall die Entscheidungen für einen selbst treffen soll. Ob ein Betreuungsfall eintritt und in welchem Maße Entscheidungen für die betroffene Person gefällt werden müssen, entscheide im Einzelfall ein Richter. Der setze dann die in der Verfügung genannte Person als Betreuerin oder Betreuer für einen festgesteckten Rahmen ein.
Für wen ist die Betreuungsverfügung besser geeignet?
Während bei der Vorsorgevollmacht die Selbstbestimmung im Vordergrund stehe, so Weis weiter, überlasse man hier die letztliche Entscheidung über die Zuständigkeit einem Richter oder einer Richterin. Dennoch kann das sinnvoll sein, wenn man beispielsweise keine Person im engeren Umfeld hat, der man die umfassende Regelung aller Belange anvertrauen möchte.

Auch für die Betreuungsverfügung rät Weis zu entsprechenden Vorlagen. Außerdem enthielten viele Vorlagen für Vorsorgevollmachten ein "Auffangnetz", wie Weis sagt: Darin wird festgelegt, dass die Bevollmächtigten in allen Fällen, die nicht von der Vollmacht geregelt sind, auch zur Betreuerin oder zum Betreuer werden sollen.
Brauche ich trotz Vorsorgevollmacht eine Patientenverfügung?
Weis empfiehlt eine zusätzliche Patientenverfügung. Weil diese die persönlichen Behandlungs- und Pflegewünsche der betroffenen Person ausdrückt, stehe sie über der Vollmacht, sagt Weis. Sie sei also auch dann ausschlaggebend, wenn der oder die Bevollmächtigte ihr widerspricht.
Weil das Erbrecht ebenfalls Vorrang gegenüber der Vollmacht und der Betreuungsverfügung hat, rät die Verbraucherberaterin zu einem Testament. Darüber hinaus seien Dokumente wie ein Organspendeausweis oder ein Notfallpass sinnvoll.
Zu allen weiteren Fragen berät der Verbraucherservice Bayern in Würzburg. Dort werden auch Vorträge zu diesem und weiteren Verbraucherthemen angeboten. Alle Infos unter verbraucherservice-bayern.de