Sie sollte eigentlich zum 15. März in Kraft treten, doch Bayern setzt die von Bundestag und Bundesrat beschlossene Corona-Impfpflicht für Personal in Heimen und Kliniken aus. Während der bayerische Sonderweg auf scharfe Kritik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stößt, zeigen sich Einrichtungen und Träger in Mainfranken erleichtert.
Denn überall kämpfen Kliniken sowie Heime für Senioren und Behinderte derzeit mit Personalausfällen wegen der grassierenden Omikron-Variante. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht droht diese Situation noch zu verschärfen. Bisher hat den Krankenhäusern und Heimen zufolge zwar nur ein Bruchteil des ungeimpften Personals tatsächlich gekündigt. Nicht wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter scheinen dies aber ernsthaft zu überlegen. Mainfränkische Träger berichten von entsprechenden Personalgesprächen.
Forderung nach allgemeiner Impfpflicht
Sie sind deshalb froh, dass die Impfpflicht in bayerischen Heimen und Kliniken erst einmal nicht kommt. "Das bringt Ruhe ins System", sagt Sonja Schwab, Leiterin der Sozialen Dienste beim Diözesan-Caritasverband. Unisono fordern die Träger, endgültig auf die Teilimpfpflicht zu verzichten – und stattdessen die allgemeine Impfpflicht für die ganze Bevölkerung einzuführen.
"Alle oder keiner" – auf diesen Nenner bringt es Pfarrer Jochen Keßler-Rosa, Vorstand der Diakonie Schweinfurt. Er hatte sich zusammen mit anderen bereits vor Weihnachten in einem Brandbrief an die Politik gewandt und vor einer Abwanderung des Personals gewarnt. Sie gefährde die Versorgung von Patienten und Heimbewohnern, sagt Keßler-Rosa. Jetzt könne man wenigstens verlässlich die Dienstpläne für März schreiben. Ansonsten wäre man ab dem 15. März davon abhängig gewesen, ob das Gesundheitsamt ungeimpfte Mitarbeitende aus dem Verkehr zieht.
Die Gesundheitsämter gelten als Flaschenhals bei der praktischen Umsetzung der Teilimpfpflicht. Heime und Kliniken müssen ihnen monatlich den Impfstatus ihres Personals melden. Ab dem 15. März könnten die Ämter dann Betretungs- und Beschäftigungsverbote für Ungeimpfte aussprechen.
Kritik: Gesundheitsämter haben Ermessensspielraum
Dabei handelt es sich um eine gesetzliche "Kann"-Regelung. "Die Gesundheitsämter sollten einfach ihren Ermessensspielraum zugunsten der Einrichtungen nutzen", fordert Alexander Schraml, Vorsitzender des Bundesverbandes der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen. Vorrang bei der Abwägung müsse die Versorgungslage in Heimen und Kliniken haben, Ungeimpfte könnten dann weiterarbeiten.
Die Gesundheitsämter seien zwar in der aktuellen Pandemiephase stark belastet, sagt der Würzburger Jurist. Es gehe aber auch ums Grundsätzliche: Sie wären verantwortlich für mögliche Personalnöte – "und sie wollen nicht den Schwarzen Peter haben".
Schraml spricht von einer "politischen Provokation" der bayerischen Staatsregierung. Erst eine Impfpflicht mitzubeschließen und dann nicht umzusetzen, "das kapiert kein Mensch mehr". Eine unterschiedliche Handhabung in den Bundesländern sorge für für Unmut und Wallung in den Heimen.
Schraml ist zusammen mit Kollegin Eva von Vietinghoff-Scheel als Geschäftsführer des Kommunalunternehmens auch verantwortlich für sieben Senioreneinrichtungen im Landkreis Würzburg. In dieser Funktion freuen sich beide über das Aussetzen der Impflicht, "damit bleiben alle an Bord, wir brauchen jede Kraft." Mitarbeitende hätten bereits mit Kündigung gedroht. Über die Aussetzung sei sie "total glücklich", sagt von Vietinghoff-Scheel. "Uns konnte nichts besseres passieren."
Erleichtert ist man auch am Würzburger Blindeninstitut. Rund 20 Prozent der 1150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind laut Thomas Heckner, Institutsleiter für den Erwachsenenbereich, nicht geimpft. "Wenn wir die alle nach Hause schicken müssen, können wir den Laden dicht machen." Das sei keine Option, die Heimbewohner müssten versorgt werden.
Heckner respektiert die Bedenken der Ungeimpften, auch wenn ihm eine Impfquote von 100 Prozent am liebsten wäre. Auch er spricht sich für eine allgemeine Impfpflicht aus: "Wir wissen nicht, was die nächste Variante bringt." Gleichzeitig freut sich der "Blindi"-Leiter, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern vorerst gestoppt ist: "Das entlastet uns enorm." Erste Kündigungen deshalb hätten schon vorgelegen, sagt Heckner.
Die praktische Umsetzung der Teilimpfpflicht würde auch die Caritas in Unterfranken vor Probleme stellen. Zu viele Fragen seien ungeklärt, bemängelt Bereichsleiterin Schwab: "An wen und in welcher Form sollen wir ungeimpftes Personal melden?" Außerdem seien auch Ergotherapeuten, Frisöre und Ehrenamtliche in den Heimen tätig. "Da ist null geklärt."
Unterdessen ruft die Entscheidung der Staatsregierung in der Region nicht nur Zustimmung hervor. Sie lasse viele Betroffene im Moment ratlos zurück, sagt Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Insbesondere das "inhomogene Stimmungsbild bei den Entscheidungsträgern" trage nicht zur Vertrauensbildung bei. Die Hintergründe zu verstehen, falle "aufgrund der dürftigen Argumentation" schwer.
Traurig, Bananenrepublik Bayern
Ich bin der Meinung entweder soll die Impfpflicht für alle gelten oder für keinen.
1. Man kann auch mit Impfung Corona beziehungsweise Omikron bekommen.
2. Wird es auch sehr oft durch die Besucher (trotz Test) reingebracht da es genug gibt die der Meinung sind ein Küsschen auf die Wange ist schon in Ordnung wenn es keiner sieht (selbst schon beobachtet).
3.Ich finde es auch nicht richtig das nur bestimmte Berufsgruppen sind die von der Impfpflicht betroffen sein sollen und man sollte froh sein das es sie gibt.
Es wäre natürlich super wenn mehr Menschen geimpft wären aber doch bitte nicht nur zu lasten von Menschen in bestimmten Berufen.
Ein MP hat nichts mehr zu sagen aber ein kleiner Sachbeamter kann entscheiden?
Aber die Aufrechterhaltung des Vertrauens in die Politik und ihre Glaubwürdigkeit können ebenfalls keine Kriterien sein, um eine Impfpflicht zu begründen.
Was im Herbst vielleicht noch bei der Deltavariante galt, gilt für die Omikronvariante nicht.
Sehen Sie auch an den Inzidenzwerten und Hospitalisierungsinzidenzen.
Würzburg hat eine Inzidenz von rund 2300, trotzdem ist kein Krankenhaus an der Kapazitätsgrenze. Denn offensichtlich erkranken viele Menschen nicht mehr so schwer.