zurück
Würzburg
Anstieg um 100 Prozent: Immer mehr Beschäftigte in Gesundheitsberufen suchen neuen Job
In Unterfranken haben sich zuletzt fast doppelt so viele Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich arbeitsuchend gemeldet als vor einem Jahr. Ist die kommende Impfpflicht schuld daran?
Droht ein Pflegenotstand? Immer mehr Menschen, die in Gesundheitsberufen arbeiten, wollen ihrem alten Job den Rücken kehren.
Foto: Philipp Schulze, dpa | Droht ein Pflegenotstand? Immer mehr Menschen, die in Gesundheitsberufen arbeiten, wollen ihrem alten Job den Rücken kehren.
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:58 Uhr

Die Zahlen explodieren: Im Dezember 2021 und Januar 2022 haben sich in Unterfranken 1106 Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen arbeitsuchend gemeldet. Im Vergleich zu den Vorjahresmonaten bedeutet das ein Plus von knapp 90 Prozent. Das ergab eine Anfrage der Redaktion bei der Bundesagentur für Arbeit.

In der Statistik sind alle Berufe in entsprechenden Einrichtungen und Unternehmen berücksichtigt – von der Pflegekraft über den Hausmeister bis hin zum Mitglied der Geschäftsführung. Ein Blick auf die Entwicklung in den Gesundheits- und Pflegeberufen zeichnet ein noch dramatischeres Bild: So stieg die Zahl der sich arbeitsuchend gemeldeten Menschen aus Gesundheitsberufen um rund 101 Prozent, der aus Pflegeberufen um mehr als 147 Prozent.

Bayernweit ist die Entwicklung noch dramatischer

Doch damit liegt Unterfranken noch unter dem bayernweiten Schnitt, wie eine Sprecherin der Arbeitsagentur erklärte. So haben sich im gesamten Freistaat in den vergangenen beiden Monaten rund 5000 Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen mehr arbeitsuchend gemeldet als im Vorjahreszeitraum (das macht ein Plus von 104 Prozent), darunter 2400 Personen mit Pflegeberufen  – ein Plus von 174 Prozent.

Wie ist der dramatische Anstieg der Zahlen zu erklären? Gibt es einen Zusammenhang mit der ab Mitte März bundesweit geltenden Impfpflicht für Personal in Gesundheitsberufen sowie für Beschäftigte, die Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen betreuen? Im Januar hatte eine Umfrage dieser Redaktion bei Kliniken in der Region ergeben, dass es dort bislang kaum zu Kündigungen wegen der Impfpflicht gekommen war. Aus den unterfränkischen Seniorenheimen war dagegen schon im Dezember ein Hilferuf gekommen: hier wurde eine Kündigungswelle befürchtet.

"Es ist leider nicht möglich, aus der Statistik Gründe für die Arbeitssuchend-Meldung zu identifizieren", erklärt die Sprecherin. Sie zählt aber mehrere denkbare Hintergründe auf, die das Dilemma der Branche zeigen: Es müsse offen bleiben, ob sich die Personen "arbeitsuchend gemeldet haben, weil sie sich nicht impfen lassen wollen, sich nicht weiter dem Risiko aussetzen möchten, Corona-Patienten zu versorgen, ob sie im zweiten Pandemie-Winter die Grenzen ihrer Belastbarkeit erreicht haben oder die Arbeitsbedingungen zum Beispiel aus Personalmangel bei einem Arbeitgeber nicht so sind, wie es sein sollte".

Bundesweit 25 000 mehr Pflegekräfte bei Arbeitsagentur gemeldet

Am Dienstag hatte die Arbeitsagentur mitgeteilt, dass sich bundesweit im Dezember und Januar rund 25 000 mehr Menschen aus dem Gesundheits- und Sozialsektor arbeitssuchend gemeldet hätten als üblich. Arbeitssuchend sind demnach Menschen, die eine drohende Arbeitslosigkeit bei der Arbeitsagentur anzeigen, aber noch im Job sind, erläuterte ein Sprecher der Bundesagentur.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Benjamin Stahl
Arbeitgeber
Arbeitnehmer
Bundesagentur für Arbeit
Pflegeberufe
Pflegepersonal
Seniorenheime
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. K.
    Für die schlechten Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege sind die Krankenhausträger und ihre Organisationen, die Pflegedienstleitungen und die geringe Quote der gewerkschaftlichen Organisation dieser Berufsgruppe verantwortlich.
    Jetzt kommt die Impfpflicht obendrauf. Sie sortiert die Ungeimpten aus. Recht so, denn diese sollten mit ihrer Einstellung zu ihrem Tätigkeitsfeld besser in homöopatischen Kliniken arbeiten. Die können sich jetzt über den Zulauf freuen.
    Das Gesundheitswesen ist an vielen Ecken kaputtgespart, vielleicht kommt durch das Ausscheiden der Ungeimpften endgültig der Crash. Fast wünsch ich mirs ...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. S.
    Werden hierzu auch Arbeitnehmer aus Impfzentren und Testzentren gezählt? Ich kenne sehr viele Menschen die aus dem Gastgewerbe die in den letzten Jahren dort hin gingen.
    Wenn diese sich nun Arbeitssuchend melden, weil nach dem Winter auf Jobsuche, geben sie sinngemäß aus "Gesundheits- und Sozialwesen" an, oder?
    Mal schauen wie es im nächsten Herbst ausschaut.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Bei dieser statistische Momentaufnahme fehlen leider wichtige Bezugsgrößen. Laut BA dürften in Bayern derzeit etwa 800.000 Menschen in der Gesundheitswirtschaft -nicht zu verwechseln mit Gesundheitswesen -tätig sein. Etwa 75 Prozent davon arbeiten im sogenannten "Kernbereich" und davon wiederum ein Drittel in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in der Altenpflege. Demnach dürften in unterfränkischen Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen plus ambulanten Sozialen Diensten und Reha-Häusern grob geschätzt zwischen 40.000 und 50.000 Menschen teil- oder vollzeitbeschäftigt in der Pflegetätigkeit ihr Geld verdienen. Im übrigen bedeutet "arbeitssuchend gemeldet" nicht zwangsläufig, dass man arbeitslos wird. Auch über Vermittlungsquoten sagt der Bericht nichts.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    Wenn die Leute doch arbeitssuchend sind und der Mangel / Bedarf da ist, ist das Problem doch gelöst. Wenn diese Leute aber gar nicht arbeiten wollen, dann gehört ihnen auch kein Arbeitslosengeld, oder?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • T. M.
    Wenn Sie den Leuten kein ALG zahlen wollen, zahlen Sie diesen Menschen dann auch die bis dato gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zurück??
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    Offensichtlich sind sie ja nicht unverschuldet arbeitslos weil es keine Arbeit gibt, sondern weil sie nicht arbeiten wollen, oder?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • I. F.
    Die wenigsten kündigen wegen der Impfpflicht. Die meisten sind nach den letzten 2 anstrengenden Jahren einfach ausgelaugt. Die niedrige Bezahlung spielt natürlich auch eine Rolle. Für die Kündigungen jetzt auf die Impfpflicht verantwortlich zu machen ist einfach falsch und Wasser auf die Mühlen der Querdenker.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. C.
    Können Sie diese "Meinung" auch belegen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. H.
    Aber die Antwort ist korrekt!
    Die Mitarbeiter können nicht mehr, halten den verstärkten Druck unter Coronabedingungen nicht mehr aus, bzw. orientieren sich um
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. M.
    Das, die nicht durchdachte Umsetzung und das Herumgeeiere bei der allgemeinen Impfflicht sind genau die Gründe, warum ein Gesundheitspolitiker nach dem anderen derzeit beginnt, bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zurück zu rudern.
    Beim Gesetzesbeschluss im Nov/Dez 2021 haben kaum einen Bundestagsabgeordneten die absehbaren Folgen interessiert. Der Beschluss hatte 579 Ja-Stimmen bei 79 Nein-Stimmen (71 Mandate hat die AFD) und 38 Enthaltungen (32 Mandate hat Die Linke). Auch die Bundesländer haben im Bundesrat einstimmig zugestimmt.
    Und nun ... sind offensichtlich alle überrascht von dem, was der Beschluss bewirkt. Wieder ein Beispiel, wie ein aufgeblähter Bundestag indirekt proportional zur Qualität steht. Das ist Wasser auf die Mühlen der Gegner der freiheitlich demokratischen Grundordnung und überhaupt nicht akzeptabel.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. S.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. B.
    Gäbe es eine Impfpflicht für alle, gäbe es auch keinen Grund für einen Jobwechsel....eigentlich doch ganz einfach oder?
    So aber hat quasi eine Berufsgruppe die Ar....karte gezogen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. E.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. E.
    Zwei Antworten von mir: die Impfpflicht ist sicherlich nicht der alleinige Grund für diese Entwicklung, aber der Auslöser. Zur Frage nach einem Pflegenotstand. Da denke ich, dass wir schon mitten drin sind in einer beschleunigten Entwicklung dahin. Hier liegt die Verantwortung in der Suche nach Gründen und Lösungen, nicht nach einem spezifischen Auslöser.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. F.
    Ich bitte um Differenzierung: Krankenpflege und Altenpflege! Das ist ein großer Unterschied, in der Ausbildung aber v.a. in der Vergütung. Dass Altenpfleger/innen kündigen kann ich nachvollziehen. Diese Vergütung bekommen sie in jedem anderen Job. Krankenpfleger/innen werden sich dagegen schwer tun, einen gleich dotieren Job zu bekommen. Auf welchen Personenkreis bezieht sich Ihre Aussage im Artikel?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. S.
    Nur zur Erklärung: die Ausbildung ist inzwischen generalisiert. Also gleich. Für Altenpflege u. Krankenpflege.
    Tatsächlich wird im Krankenhaus etwas mehr gezahlt, aber nicht nennenswert. Auch diesen Stundenlohn bekommt man locker außerhalb der Branche. Das eigentliche Problem sind aber die Arbeitsbedingungen! Schichtarbeit, Berge v. Überstunden und der ewige Personalmangel, die Unplanbarkeit des Privatleben wg. ständigem Einspringen, Wochenenddienste, Feiertagsdienste etc. Und allen voran, dass man vor lauter Privatisierung gar nicht mehr das Gefühl haben kann, gute Arbeit geleistet zu haben, aus lauter Zeitmangel!
    Dieses flaue Gefühl würde sogar einen Mindestlohnjob attraktiv erscheinen lassen..... Leider.
    Ich denke die Hälfte kündigt wegen der Impfpflicht. Und die andere Hälfte, weil ihr durch die tatsächliche Impfpflicht-Einführung bewiesen wird, dass die Politik den Pflegekräftemangel gar nicht ernst nimmt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten