
Sieben Jahre hartnäckige Überzeugungsarbeit. So schildert Michaela Wingenfeld ihren Weg zur Übernahme des kleinen Supermarkts im Ortskern von Sommerhausen. Vor acht Jahren sei sie in den Ort im südlichen Landkreis Würzburg gezogen und habe als Aushilfe im "Ums Eck" angefangen.
Schon kurz danach habe Irene Eggers, insgesamt 15 Jahre Betreiberin des Supermarkts, erste Andeutungen fallen lassen: "Wenn ich mal aufhöre, könntest du dir vorstellen..." Vor einem knappen Jahr hat Eggers öffentlich gemacht, dass sie in den Ruhestand will, aber nicht, ohne ihren Laden in gute Hände zu übergeben.
Erfolgreiche Suche nach Unternehmensnachfolge: So klappt die Übergabe in Sommerhausen
Michaela Wingenfeld sagt heute, ungefähr zur gleichen Zeit habe sie sich entschieden, diese Nachfolge anzutreten. "Mir war wichtig, dass der Charme des Ladens, das Persönliche erhalten bleibt", sagt die gelernte Tourismuskauffrau. "Ich weiß selbst, wie wichtig der Laden für Sommerhausen ist – nicht nur zum Einkaufen, sondern auch als Treffpunkt.
Für die 38-Jährige war es ein großer Sprung vom Angestellten-Leben in die Selbständigkeit: "Die Sicherheit wäre natürlich größer gewesen, aber hier habe ich die Freiheit, selbst zu gestalten." Damit einher gehe aber auch ein deutlich höherer Arbeitsaufwand – und das eigene finanzielle Risiko durch die Ablöse des Ladens mitsamt Bestand.
Die Übergabe an sich sei weitgehend reibungslos verlaufen, sagen ehemalige und neue Betreiberin im Rückblick. Trotzdem habe sich das Organisatorische – Anmeldung des Gewerbes, Umschreiben der Verträge und mehr – über mehrere Monate hingezogen. "Wir beide waren uns schnell einig, aber die Behördengänge und vor allem die Beantragung des Kredits für die Unternehmensgründung haben lange gedauert."
Auch privat ein Neustart: keine 40-Stunden-Woche und viel Rückhalt in der Familie
Seit Jahresbeginn führt jetzt Michaela Wingenfeld offiziell den "Kauftreff ums Eck" – der seitdem auch einen neuen Namen hat: MainLaden. Auch wenn das Grundgerüst des Geschäfts weitgehend erhalten bleibt, "muss jeder seine eigene Note einbringen", sagt sie. "Ich wollte etwas Eigenes haben. Das ist ja auch für mich ein Neustart."
Der Neustart bedeutet für sie deutlich mehr Zeitaufwand für die Arbeit: An einem typischen Tag komme sie gegen 5 Uhr morgens ins Geschäft. Bis zur Mittagspause arbeite sie im Laden, räume ein, stünde hinter der Theke. Von 12.30 bis 14 Uhr macht der Laden Mittagspause. "Den Bürokram muss ich am Nachmittag erledigen" – teilweise bis in die Nacht, wie sie sagt.
Grundlage dafür sei der Rückhalt ihrer Familie: "Ohne die Unterstützung von meinem Mann und meinen Eltern, hätte ich das nicht gemacht." Um auch Zeit für sich und die Familie einzuräumen, hat sich die neue Chefin vorgenommen, jede Woche mindestens einen "freien" Tag zu haben. Wobei "frei" hier bedeute "nur" die Bestellungen für den nächsten Tag zu machen, aber eben nicht im Laden mitzuarbeiten. Ihre mentale Gesundheit im Blick, sagt sie: "Ich werde nicht drei, vier oder fünf Wochen durcharbeiten."
Den Ruhestand genießen: kein endgültiger Abschied vom kleinen Laden in Sommerhausen
Und was macht Irene Eggers jetzt? "Ich genieße richtig die Freizeit, kann mich in den Wintergarten setzen und Kaffee trinken", sagt die 65-Jährige. "Jetzt habe ich richtig Zeit für alte Freunde." Vorher habe sie meistens eine 60-Stunden-Woche gehabt.
Trotzdem will sie dem Laden – mit den sozialen Kontakten, die sich in den vergangenen Jahrzehnten dort gebildet haben – verbunden bleiben. Ob als Kundin, Gesprächspartnerin oder Aushilfe für ein paar Tage im Monat. Wobei sie aus gesundheitlichen Gründen in nächster Zeit erstmal nicht mehr im Laden stehen kann.
Als Grund, ihren alten Laden nicht mehr zu besuchen, will Michaela Wingenfeld das aber nicht gelten lassen und "droht" ihr scherzhaft: "Zur Not lässt du dich herfahren und sitzt dann auf unserer 'Rentnerbank' vor dem Laden und genießt die Sonne."