Morgens um sechs Uhr schließt Irene Eggers ihren Laden auf. Zurzeit beginnt es da zu dämmern. Für sie ist die Ladenöffnung in der Dämmerung ein geliebtes Ritual, wie sie sagt. Frühmorgens kommen viele Stammkunden ins Eckhaus in der Altstadt von Sommerhausen. Sie sind gerade aufgestanden, holen frische Brötchen. Nicht jeder ist um diese Uhrzeit schon gut drauf. "Aber die gehen alle wieder gutgelaunt hier raus", sagt Eggers mit einem Lachen.
Doch allzu lange wird sie ihren eigenen Laden wohl nicht mehr morgens aufschließen. Die 64-Jährige will in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. Eine Nachfolge ist bisher nicht in Sicht.
Der Markt hat eine besondere Bedeutung für die Menschen in Sommerhausen
Irene Eggers kennt viele ihrer Kundinnen und Kunden persönlich. Ihr Laden "Ums Eck" ist der letzte Supermarkt in Sommerhausen. Gerade Ältere, die nicht so leicht zum Einkaufen in die umliegenden Gemeinden fahren können, profitieren von dem in dem fußläufig erreichbaren Markt.
Von Lebensmitteln über Schulmaterialien bis zu frischen Backwaren bekommt man hier das wichtigste für den Alltag. Und für Eggers gehört dazu auch der soziale Kontakt. Ihr Geschäft sei ein wichtiger Treffpunkt für die Menschen in Sommerhausen. "Das bedeutet den Menschen sehr viel", ist sie überzeugt. "Die Leute fragen einen nach Rat und sprechen über ihre privaten Themen." Zu einigen Stammkunden hätten sich inzwischen Freundschaften entwickelt.
Bürgermeister Wilfried Saak setzt sich für eine Nachfolge für "Ums Eck" ein
Nur wenige Meter von Irene Eggers Laden befindet sich das Rathaus von Sommerhausen. Der Bürgermeister Wilfried Saak hat hier in der Altstadt sein Büro. Er selbst wohnt in direkter Nähe. "Das ist mein Supermarkt", sagt er. "Wer hat sowas schon vor der Tür?"
Er weiß um die soziale Bedeutung des Geschäfts für die Menschen in Sommerhausen. "Es gibt keinen anderen Platz im Dorf, wo so viel kommuniziert wird", sagt Saak. Deswegen will er "Ums Eck" auf jeden Fall erhalten – und unterstützt die Inhaberin bei ihrer Suche nach einer Nachfolge.
Saak und Eggers waren deshalb zuletzt gemeinsam auf dem Dorfladentag in Strahlungen. Verschiedene Konzepte, Anbieter und Gemeindevertreter trafen sich in dem 964-Einwohner-Dorf nah der Rhön, um Lösungen für ein gemeinsames Problem zu finden: das Sterben der Dorfläden.
Wobei "Ums Eck" für Saak eigentlich kein klassischer Dorfladen ist. Er trage sich wirtschaftlich selbst, komme ohne staatliche Unterstützung oder Ehrenamt aus. Das wollen sowohl Saak als auch Eggers zukünftig so erhalten. "Es kann nicht sein, dass alles, was wir zum Leben brauchen, der Staat macht", sagt der Bürgermeister.
Kommt der 24-Stunden-Betrieb auch für den Dorfladen in Sommerhausen?
Ansätze für erfolgreiche Supermärkte auf dem Dorf gibt es inzwischen viele. Zwei davon erscheinen Saak nach dem Dorfladentag besonders vielversprechend: ein Führungs-Duo oder eine Hybrid-Lösung. Letztere würde bedeuten, dass der Laden 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche geöffnet wäre. Aber nur halbtags mit Personal besetzt. Davor und danach könnten Kunden mit ihrer Bankkarte den Laden betreten und voll automatisch und überwacht einkaufen, erklärt er. Ein Beispiel hierfür ist in der Region in Wiesenbronn im Landkreis Kitzingen zu finden.
Ein Tandem in der Marktleitung hätte dagegen den Vorteil, dass die vielen Arbeitsstunden von Irene Eggers, auf zwei Personen aufgeteilt würden. So lief es auch lange Zeit bei "Ums Eck". Irene Eggers hat den Laden vor 14 Jahren gemeinsam mit ihrem Ehemann Jens-Uwe übernommen. Bis zu seinem Tod vor acht Jahren hat er sich um die Bürokratie und sie sich um die Ladenführung gekümmert.
Dank des Tourismus in Sommerhausen öffnet "Ums Eck" sieben Tage die Woche
Jetzt macht sie beides. Vormittags arbeite sie selbst im Geschäft, sagt sie. Nachmittags kümmere sie sich dann um das Organisatorische. Sie fahre dann auch schon mal selbst zu lokalen Geschäftspartnern, um spezielle Kundenwünsche, etwa nach besonderen Blumen, zu erfüllen.
Weil auch am Wochenende viele Touristen Sommerhausen besuchen, hat "Ums Eck" mit einer Sondergenehmigung sieben Tage die Woche geöffnet. Insgesamt zählt Irene Eggers nur drei Tage im Jahr auf, an denen der Laden geschlossen habe: den ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag sowie den Neujahrstag.
So kämen bei ihr um die 60 Stunden Arbeit pro Woche zusammen. Als ihr Ehemann noch mitarbeitete, sei sie dagegen in etwa auf eine 40-Stunden-Woche gekommen. Deswegen halte auch sie eine Übergabe an ein Duo für sinnvoll, sagt sie. Aber dafür müsse man sich natürlich komplett vertrauen und ein eingespieltes Team bilden.
Irene Eggers will nicht in Ruhestand, ohne die Nachfolge geklärt zu haben
Ein eingespieltes Team sind auch die fünf Angestellten von Irene Eggers. Eine davon ist Tamara Fuchs. "Es ist schöner im kleinen Laden zu arbeiten, wo man sich Zeit nehmen kann für die Kunden", sagt sie. In den Supermärkten der Ketten, in denen sie auch schon gearbeitet habe, sei das heute nicht mehr so. Sie selbst könne sich nicht vorstellen, den Laden zu übernehmen. Vor allem die viele organisatorische Arbeit schrecke sie ab.
Damit auch ihre Angestellten Sicherheit haben, möchte Irene Eggers ihren Laden nur an jemanden übergeben, der ihn als Lebensmittelgeschäft so weiterführt wie bisher. Inzwischen werde sie auch häufig von besorgten Kundinnen und Kunden gefragt, ob und wann sie wohl aufhöre. Die kann Irene Eggers zumindest etwas beruhigen: Sie möchte erst in den Ruhestand gehen, wenn die Nachfolge geklärt ist. "Und dann arbeite ich hier noch ein bisschen weiter, wenn der Neue das zulässt", sagt sie schmunzelnd.
Der oder die Neue könne dann ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen übernehmen, betont sie. Das komme auch daher, dass sie neben dem klassischen Sortiment Backwaren, Blumen sowie frisches Obst und Gemüse von lokalen Partnern anbiete.
"Von Lebensmitteln allein könnten wir nicht überleben", sagt sie dazu. Sie meint damit etwa Brötchen und Birnen – vielleicht aber auch die enge Bindung zu den Menschen aus Sommerhausen.
https://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/landtag/detailansicht-landtag/artikel/sonntagsruhe-gilt-auch-fuer-supermaerkte-ohne-personal.html
Die Redaktion möchte hier bitte doch nochmals recherchieren, da bereits mehrmals etwas anderes berichtet wurde. Auch der Kleinstsupermarkt in Donnersdorf ist deshalb am Sonntag geschlossen.
In anderen Bundesländern stört der An- und Abfahrtsverkehr dagegen die Sonntagsruhe nicht und solche Märkte dürfen dort auch Sonntags öffnen.
vielen Dank für die Anmerkung. Wie genau das an anderen Standorten ist, kann ich von hier aus nicht sagen. Bitte wenden Sie sich dafür direkt an die Autorinnen und Autoren der jeweiligen Artikel.
Das Geschäft in Sommerhausen hat jedoch eine Sondergenehmigung, auch sonntags öffnen zu dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Sommer
Redaktion