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Würzburg
Vom Langzeitpatienten wieder fit für den Beruf: Wie Jan F. zurück in seinen Job fand
Mehrfach erkrankte Jan F. an Corona, bekam eine Herzmuskelentzündung und litt an Panikattacken. Durch das Projekt "ZeitRaum" kehrte der Würzburger in die Firma zurück.
Durch das Beratungsangebot 'ZeitRaum' ist der Würzburger IT-Experte Jan F. wieder fit für die Arbeit. Einmal in der Woche nutzte eine psychologische Beratung bei Therapeutin Clara Lehrieder.
Foto: Thomas Obermeier | Durch das Beratungsangebot "ZeitRaum" ist der Würzburger IT-Experte Jan F. wieder fit für die Arbeit. Einmal in der Woche nutzte eine psychologische Beratung bei Therapeutin Clara Lehrieder.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 13.08.2024 02:38 Uhr

Jan F. kann wieder arbeiten. Als diese Redaktion vor einem Jahr über den IT-Projektleiter berichtet hat, war Jan F. dazu nicht fähig. Fünfmal war der heute 46 Jahre alte Würzburger an Corona erkrankt gewesen. Einmal so schwer, dass sich danach eine Herzmuskelentzündung entwickelt hatte. Dazu waren Panikattacken gekommen. "Ich war sehr schlapp, hatte Gedächtnislücken. Ich war nicht mehr voll beruflich belastbar", berichtete Jan F. im Sommer 2023. An einen Vollzeitjob war gar nicht zu denken.

Mittlerweile geht es dem IT-Spezialisten wieder gut. Durch das Beratungsangebot "ZeitRaum", das es seit Januar 2023 in Würzburg und Bayreuth für die Regionen Unter- und Oberfranken gibt, habe sich Jan F. innerhalb von neun Monaten wieder in seinen Beruf eingliedern können, sagt der Leiter des Beratungsteams, Thorsten Krüger.

Die Arbeitszeit wird individuell festgelegt, bei 100 Prozent Lohn

"ZeitRaum" ermögliche es psychisch belasteten Menschen, ihre Arbeitszeit auf bis zu 50 Prozent zu reduzieren - bei vollem Lohn, über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr.

Jan F. arbeitete zunächst nur vier Stunden am Tag, später steigerte er die Arbeitszeit auf fünf und dann sechs Stunden täglich. Ein- bis zweimal in der Woche nutzte er eine psychologische Beratung bei der Verhaltenstherapeutin Clara Lehrieder.

Die Idee für das Projekt stammt von Dr. Harald Berger, Leiter der Hauptabteilung Gesundheit und Teilhabe bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (DRV) in Würzburg. Die Uniklinik Würzburg begleitet das Angebot wissenschaftlich.

Das Projekt 'ZeitRaum' unterstützt Berufstätige mit psychischen Erkrankungen: im Bild Katrin Dietz und Thorsten Krüger vom Beratungsteam und Initiator Dr. Harald Berger von der Rentenversicherung Nordbayern.
Foto: Thomas Obermeier | Das Projekt "ZeitRaum" unterstützt Berufstätige mit psychischen Erkrankungen: im Bild Katrin Dietz und Thorsten Krüger vom Beratungsteam und Initiator Dr. Harald Berger von der Rentenversicherung Nordbayern.

Vor seiner Erkrankung hatte Jan F. zwei Jahrzehnte lang als IT-Projektleiter bei der Würzburger Firma Garmin gearbeitet. Heute ist er noch immer bei dem führenden Entwickler von Navigations- und Informationssystemen tätig - hat aber auf eigenen Wunsch die Stelle gewechselt. "Der Wechsel hat mir gutgetan", sagt der 46-Jährige. In den neun Monaten habe er gelernt, sich mehr auf sich zu besinnen und das zu tun, was zu ihm passe. Auch Sport könne er inzwischen wieder betreiben. 

Die Beratung könne Betroffenen wie Jan F. helfen, ihre Schwierigkeiten und Probleme besser zu verstehen, sagt Verhaltenstherapeutin Clara Lehrieder. Gemeinsam überlege man dann konkrete Ziele und Maßnahmen, um Herausforderungen und Belastungen im Job und auch privat mit neuer Offenheit und Kraft begegnen zu können.

Die Arbeitszeit zu reduzieren könne dabei helfen, Probleme aktiv anzugehen statt ihnen auszuweichen: "Unser Ziel ist Hilfe zur Selbsthilfe, um eingefahrene Verhaltensmuster zu unterbrechen und zu verändern", erklärt Lehrieder. Die wöchentliche Besprechung seiner Situation, sagt auch Jan F., habe ihm gutgetan.

Ziel: Betroffene sollen an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können

Die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Belastungen und Erkrankungen hat generell in den vergangenen Jahren zugenommen. "Psychische Erkrankungen sind der Hauptgrund für Frühberentungen aufgrund von Erwerbsminderung", sagt Projektleiter Harald Berger. Das Angebot "ZeitRaum" ziele darauf ab, belastete Beschäftigte zu stärken, damit sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können.

Wer plötzlich nicht mehr arbeiten kann, falle oft in ein Loch, erklärt der Projektinitiator. Hinzu kämen finanzielle Sorgen, weil eine Erwerbsminderungsrente im Vergleich zum Gehalt deutliche Einschnitte bedeute. "Es ist wichtig, gebraucht und geschätzt zu werden", sagt Berger. Deshalb seine eine Eingliederung in vielen Fällen der richtige Weg. Durch das Projekt bleibe die Tagesstruktur erhalten, auch das Rauskommen trage zur Rückkehr an den Arbeitsplatz bei.

Voraussetzung: Schon mehrere Jahre im Beruf, das Unternehmen macht mit

Seit dem Start von "ZeitRaum" haben 420 Personen die Beratungsstellen in Würzburg und Bayreuth kontaktiert. 60 Personen nahmen bislang an dem Projekt teil. Voraussetzung ist auch die Kooperation der Unternehmen. Bei größeren Unternehmen sei eine solche Wiedereingliederung meist kein Problem, kleinere Firmen würden sie manchmal ablehnen, sagt Katrin Dietz vom Beratungsteam.

Zur Beratung können alle Erwerbstätigen kommen, die sich psychisch belastet fühlen. Voraussetzung für die Teilhabeleistung sind die Versicherung bei der DRV Bund oder DRV Nordbayern, eine mehrjährige Berufstätigkeit ohne psychisch bedingte Krankheitsausfälle und die Zustimmung des Arbeitgebers. Und: Der Arbeitsplatz darf nicht Ursache für die Beeinträchtigung des psychischen Zustandes sein. 

Informationen erhalten Interessierte von werktags von 9 bis 16 Uhr telefonisch bei der "ZeitRaum"-Beratungsstelle in Würzburg unter (09 31) 30 40 878 – 0. Auch per E-Mail ist das Beratungsteam zu erreichen: wuerzburg@zeitraum-franken.info. Ein Beratungsgespräch kann innerhalb von zwei Wochen nach dem ersten Kontakt stattfinden.  Mehr unter www.zeitraum-franken.info

 
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