
Jedes Jahr nehmen fast eine Million Menschen in Deutschland eine Reha in Anspruch. Der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) zufolge sind diese Zahlen zehn Jahre lang relativ konstant geblieben. Bis 2020: Da kam Corona. Im Jahr der Pandemie mussten Kliniken teilweise schließen, die Nachfrage nach Rehabilitationen sank. Langfristig jedoch rechnen Experten der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitation gerade durch die Pandemie mit einem noch größeren Bedarf an Rehaplätzen. Ein Überblick, was Reha überhaupt ist und wer die Leistungen erhält.
Was ist eine Rehabilitation und was bringt sie?
Laut Bundesgesundheitsministerium sind unter Rehabilitationsleistungen alle medizinischen Leistungen zu verstehen, die der "Abwendung, Beseitigung, Minderung oder dem Ausgleich einer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit" dienen oder die eine Verschlimmerung verhindern. Ziel sei es, im Alltagsleben so gut wie möglich wieder zurechtzukommen.
"Am Ende einer erfolgreichen Reha gibt es nur Gewinner", so formuliert es Dr. Harald Berger, Leiter der Hauptabteilung Gesundheit und Teilhabe bei der DRV Nordbayern in Würzburg. Der Versicherte verbessere durch die dreiwöchige intensive ärztliche Behandlung seinen Gesundheitszustand und könne erwerbstätig bleiben. Damit könnten Frühverrentungen verhindert werden.
Wer hat Anspruch auf Reha-Leistungen?
Wer sich nach einer Krankheit oder Operation nicht richtig fit fühlt, kann eine Reha beantragen. "Es geht um die Frage: Wie kriege ich jemanden wiederhergestellt, sodass er wieder arbeiten oder selbstständig leben kann?", sagt Harald Berger. Anspruch auf diese Leistungen hätten alle Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung, die bestimmte versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt haben z. B. mindestens 15 Jahre Beiträge eingezahlt haben. Beamte dagegen können keine Reha beantragen. Die Beihilfe oder die private Krankenversicherung übernehme bei ihnen einen Anteil der Kosten für eine Kur.
Welche Erkrankungen sind Anlass für Rehas?
Bislang stehen orthopädische Erkrankungen auf Platz eins bei den durchgeführten Rehabilitationen. Konkret liegt der Anteil bei Frauen derzeit bei knapp 41 Prozent, bei Männern bei rund 38 Prozent. Danach folgen Reha-Leistungen wegen psychischer Erkrankungen (22 Prozent bei Frauen/18 Prozent bei Männer), Krebs (17 bzw. 13,5 Prozent) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (5 bzw. 14 Prozent). Die Zahlen stammen aus dem Reha-Atlas 2020, den die DRV einmal im Jahr herausgibt.

In den vergangenen Jahren seien vor allem die Rehas aufgrund von psychischen Erkrankungen auffallend stark gestiegen, sagt Berger. So seien die Verrentungen wegen Erwerbsminderung im vergangenen Jahr zu fast 42 Prozent in Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung erfolgt. Insgesamt gingen 2020 laut DRV 72 618 neue Rentenzugänge darauf zurück.
Generell lag das Durchschnittsalter von Frauen, die 2019 eine Reha angetreten haben, laut Reha-Atlas bei 52,5 Jahren. Bei Männern lag der Altersschnitt bei 52,1 Jahren.
Was kosten Rehas?
Im Jahr 2019 gab die DRV den Angaben zufolge für Rehabilitationen 6,91 Milliarden Euro aus, rund 150 Millionen Euro mehr als 2018. Eine einzelne stationäre medizinische Behandlung, die im Durchschnitt drei Wochen dauert, kostet dabei im Schnitt 3164 Euro, eine entsprechende ambulante Behandlung etwa die Hälfte. Bei psychischen oder Abhängigkeitserkrankungen lagen die durchschnittlichen Kosten einer stationären Reha mit 7324 Euro deutlich höher. Meist dauere diese Behandlung auch mehr als drei Wochen.
Erhöht sich der Bedarf an Rehas durch die Pandemie?
In den kommenden Jahren könnten durch die Corona-Pandemie mehr Rehas benötigt werden. Grundsätzlich geht es dabei vor allem um Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung, um das sogenannte Post- oder Long-Covid-Syndrom. Das Problem: Bislang gibt es laut bayerischem Gesundheitsministerium keine einheitliche Definition der Erkrankung. Deshalb werden mit dem neuen Krankheitsbild zahlreiche, unterschiedliche Symptome in Verbindung gebracht.
Nach bisherigen Erkenntnissen gehen Experten davon aus, dass etwa zehn Prozent aller Corona-Erkrankten vom Post-Covid-Syndrom betroffen sein könnten.
Wo bekommen Post-Covid-Patienten eine Reha?
Der erste Ansprechpartner für die Patientinnen und Patienten ist in der Regel der Hausarzt. Er behandelt entweder selbst oder leitet die Erkrankten an Fachärzte oder an eine Post-Covid-Ambulanz weiter. In der Infektiologischen Ambulanz der Uniklinik Würzburg beispielsweise betreut Dr. Petra Schulze seit mehreren Monaten Post-Covid-Patienten. Momentan seien das etwa drei bis vier Betroffene pro Woche, so die Internistin und Infektiologin. Ergänzend würden in der Neuropsychologie/Neurologie Patientinnen und Patienten behandelt.
Dabei gebe es bislang keine spezifische Therapie und kein Medikament bei Post-Covid, sagt Schulze. "Man behandelt Symptom-orientiert." Die Beschwerden der Betroffenen reichen von Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Kurzatmigkeit über Konzentrations- oder Wortfindungsstörungen bis hin zu allgemein eingeschränkter Leistungsfähigkeit oder unregelmäßigem Herzschlag. Auch psychische Probleme mit Depressionen, Schlaf- oder Angststörungen kommen vor.
Welche Reha-Kliniken sind für Covid-Patienten geeignet?
Sicher ist der Internistin zufolge: Bei der Behandlung von Post-Covid werden Rehamaßnahmen immer wichtiger. Meist würden Patienten zwar nach etwa sechs Monaten eine Besserung spüren – "es kann aber auch mal länger dauern".
Laut Gesundheitsministerium stehen Betroffenen mit Post-Covid-Syndrom "grundsätzlich alle Reha-Kliniken in Bayern zur Verfügung". Die Auswahl der richtigen Klinik richte sich dabei nicht primär nach der Diagnose Post-Covid – sondern vielmehr nach den konkreten Beschwerden. Ist bei einem Betroffenen nach Corona das Herz angegriffen, wäre zum Beispiel ein Aufenthalt in einer kardiologischen Rehaklinik ideal – leiden Erkrankte hingegen unter Atemproblemen, brauchen sie eine Lungenfachklinik.