
Schon im Frühjahr sagte der Würzburger Virologe Professor Lars Dölken einen schweren Herbst voraus, wenn die Impfungen nicht deutlich schneller vorankommen würden. Bei einer Impfquote von aktuell rund 66 Prozent und knapp 84 Prozent bei den über 60-Jährigen ist die vierte Welle da. Im Interview erklärt Dölken, wie wir jetzt eine fünfte und eine sechste Welle verhindern müssten. Und wie wir die Corona-Pandemie damit sogar beenden könnten.
Lars Dölken: Für mich als Virologe ist das leider gerade extrem frustrierend. Die Inzidenzen gehen durch die Decke. Viele Kliniken und Intensivstationen insbesondere im Süden Bayerns sind am Limit. Innerhalb der nächsten zwei Wochen werden wir in einigen Regionen Bayerns den teilweisen Kollaps der intensivmedizinischen Versorgung erleben. Um das zu vermeiden, werden Patienten in andere Kliniken über hunderte Kilometer verlegt – mit zum Teil erheblichem Risiko für die Patienten. Aktuell gibt es auch für Würzburg die Verpflichtung "sämtliche unter medizinischen Aspekten aufschiebbare stationäre Behandlungen zu unterlassen". Zudem droht unseren Studierenden trotz einer Impfquote von über 90 Prozent wieder Online-Lehre, und immer mehr Kinder müssen in Quarantäne. Und das alles nur, weil es noch zu viele Ungeimpfte gibt, die sich mit Corona infizieren und schwer erkranken. Wir befinden uns in einer Situation, wo die Impfunwilligkeit einer Minderheit uns allen erheblichen persönlichen und gesellschaftlichen Schaden zufügt.

Dölken: Die Weihnachtsmärkte sind ja schon abgesagt, Bars, Clubs und Diskotheken geschlossen. Nächste Woche werden wir bei uns in einigen Landkreisen Inzidenzen von über 2000 sehen, bei den Fünf- bis 14-Jährigen sind wir in einigen Landkreisen Sachsens schon bei fast 3000. Das heißt dort infizieren sich etwa drei Prozent aller Kinder in einer Woche mit Corona. Ohne harte Maßnahmen würden die Inzidenzen weiter steigen. Bei der Spanischen Grippe 1918 infizierten sich in Island, nachdem das Virus per Schiff angekommen war, innerhalb von sechs Wochen über 63 Prozent der Einwohner von Reykjavik mit dem Virus. Das entspricht einer durchschnittlichen Inzidenz von über 10 000. Es gibt also erheblichen Spielraum nach oben bei den Inzidenzen. Bei einem Zuwachs an Infizierten von aktuell knapp 30 Prozent pro Woche, wird 2G leider nicht mehr reichen.
Dölken: Auch die Landkreise, in denen die Zahlen noch niedriger sind, werden ohne massive Kontakteinschränkungen in den nächsten zwei bis vier Wochen an ihre Grenzen kommen. Für Bundesländer mit noch niedrigeren Zahlen wird es nur etwas länger dauern. Spätestens im Januar oder Februar wird aber auch dort das gleiche Szenario auftreten, wenn jetzt nicht schnell reagiert wird. Das Ärgerliche ist, dass für uns alle die Corona-Pandemie quasi vorbei wäre, wenn zumindest die über 40-Jährigen alle geimpft wären.
Dölken: Für die Vorweihnachtszeit leider ja. Aktuell bleibt der Politik gar nichts anderes übrig als erneut rigide Kontaktbeschränkungen einzuführen. Langfristig hilft uns das aber überhaupt nicht weiter! Im Gegenteil, es verschiebt und verstärkt das Problem nur – wenn wir so weiter machen, auf den Winter 2022/23. Ein Lockdown löst das grundsätzliche Problem einfach nicht: Die fehlende Immunität bei einem Drittel unserer Gesellschaft. Jeder von uns, der nicht geimpft ist und sich diesen Winter nicht ansteckt, steckt sich dann eben nächsten Winter an. Selbst bei einer konstant hohen Inzidenz von 3000 bei den Ungeimpften über zehn Wochen wären danach nur 30 Prozent der Ungeimpften durchseucht. Wir haben noch ausreichend Ungeimpfte für gleich mehrere weitere Wellen. Hinzu kommen Impfdurchbrüche bei älteren Menschen, deren Impfung dann schon über ein Jahr zurückliegt, wenn sie sich nicht haben boosten lassen.

Dölken: Nein. Wir können zwar die Vorweihnachts-Corona-Welle durch Kontaktbeschränkungen brechen, doch sobald diese aufgehoben werden, geht es wieder los – ein Jo-Jo Effekt. Die Corona-Wintersaison geht bei uns eben von Oktober bis Mai. Wenn wir jetzt nur mit einem Lockdown reagieren, bekommen wir im Februar oder März die fünfte Welle und im Winter 2022 die sechste. Es hilft also nicht, die Durchseuchung der Ungeimpften nur durch immer neue Lockdowns zu verhindern.
Dölken: Leider ja. Das Robert Koch-Institut und alle Virologen haben eindringlich vor dieser vierten Welle gewarnt. Am Anfang der Pandemie waren zahlreiche infektionsrelevante Parameter des Virus noch unklar – Voraussagen über den Pandemieverlauf also schwierig. Inzwischen ist das nicht mehr so! Der Pandemieverlauf lässt sich wie das Wetter voraussagen. Auf regionaler Ebene vielleicht nicht immer ganz präzise, im Gesamtbild aber zuverlässig. Die Zeichen standen schon im Juli auf Sturm für den Winter. Dem Wetterbericht trauen wir doch auch und gehen nicht mit Shorts und T-Shirt in den Bergen wandern, wenn Sturm und Schnee gemeldet sind. Leider wurden die warnenden Vorhersagen des RKI ignoriert.
Dölken: Die Pandemie ist erst vorbei, wenn wir einen Winter ohne Kontaktrestriktionen alles offenlassen können, ohne dass es crasht. Wenn das einmal gelingt, dann gelingt es immer wieder – dann ist die Pandemie für uns vorbei.
Dölken: Das RKI hat im Juli eine exzellente Modellierung veröffentlicht. Die zeigt basierend auf soliden Daten, dass wir völlig ohne Kontakteinschränkungen durch den Winter kommen, wenn über 95 Prozent aller Menschen geimpft oder genesen sind. Damit haben weniger als fünf Prozent aller Menschen ein hohes Risiko für schwere Erkrankungen. Selbst wenn sich diese alle über den Winter infizieren und dazu einige Impfdurchbrüche kommen, käme unser Gesundheitssystem damit klar.

Dölken: Wie wir inzwischen wissen, können auch vollständig Geimpfte bereits vier bis sechs Monate nach der Impfung das Virus wieder im engeren Umfeld übertragen. Selbst bei 100 Prozent Impfquote kommt es daher über die Wintermonate unweigerlich zu einer SARS-CoV-2 Welle. Schwer krank wird dabei aber fast niemand mehr. Diese winterlichen Infektionswellen halten dann aber die Immunität der Bevölkerung gegen das Virus aufrecht. Weitere Booster-Impfungen sind nicht mehr notwendig – zumindest für alle Menschen unter 65. Die Pandemie ist vorbei und die jährliche SARS-CoV-2 Winterwelle wird nur für die Älteren unter uns einen ähnlichen Stellenwert einnehmen wie Influenza.
Dölken: Leider ja. Jetzt wieder ein Lockdown auch für alle Geimpften, ist aus meiner Sicht ethisch nur vertretbar, wenn sichergestellt wird, dass das danach nicht erneut auftreten kann. Das erfordert aber unweigerlich eine allgemeine Impfpflicht – zumindest für Menschen ab 40 Jahre, weil die etwa 90 Prozent aller Patienten ausmachen, die mit Corona in die Kliniken kommen. Immer mehr Experten und auch Politiker trauen sich inzwischen das offen zu sagen. Ich gehe daher davon aus, dass eine Impfpflicht kommen wird. Aber sie muss schnell kommen. Was wir vor Weihnachten entscheiden, wird nicht nur eine potentielle fünfte Welle im nächsten Frühjahr, sondern auch die drohende sechsten Welle im Winter 2022/2023 bestimmen.
Die Impfpflicht muss kommen - und zwar so schnell wie möglich.
Sonst wird es eine Dauerschleife mit vielen weiteren Kranken, Toten und immensem wirtschaftlichen Schaden.
JETZT HANDELN, ihr verantwortlichen Politiker!
...@Heleau09571106, eine Impffpflicht kommen!
Niemand will alljährliche Beschränkungen, Lockdowns und dadurch verursachte Volkswirtschaftliche Schäden. Niemand will die physischen und psychischen Belastungen der Menschen in Murmeltier-Widerholungen.
Also muss die persönlichen Freiheit der Einzelentscheidung "Impfen oder Nicht Impfen" gegen die Gesundheit und Freiheit der Gemeinschaft abgewogen werden.
Genau das ist nun die Aufgabe der Politik und kann nur mit einer Impfpflicht gegen Covid erfüllt werden!
Dann werden (zwar zähneknirschend) auch die bereits Geimpften sich noch einmal mit den j e t z t notwendigen Kontaktbeschränkungen und AHA-Maßnahmen abfinden.
Durch eine Impfpflicht werden wir nächstes Jahr wieder leben können!
Der freiwillige "gesunde Menschenverstand" hat leider versagt (oder war nicht vorhanden).
Mit einer justitiabel geregelten ges. Impfpflicht können auch wirkungsvolle Strafen und Sanktionen gegen ganz sture Impfgegner verhängt werden.
Leider haben zuviele Politiker eine Impfpflicht von Beginn an ausgeschlossen. Alleine der baden württembergische Regierungschef Kretschmann, hat sehr früh gesagt, dass es ggf. Zu einer Situation kommen könne, in der eine Impfpflicht nicht ausgeschlossen werden könne.
Da es im Moment die bayrische Staatsregierung noch nicht mal schafft allen Impfwilligen ein Angebot zu machen, wäre es gut sich intensive Gedanken über ein wasserdichtes Gesetz zur Impfpflicht zu machen.
Was Sie hier aber völlig Außen vor lassen, ist der Personenkreis Erwachsener welcher sich aus Medizinischer Sicht nicht impfen lassen darf sowie auch Kleinkinder welche noch nicht geimpft werden dürfen. Sollen diese einfach einer Durchseuchung zum Opfer fallen?
Für Kinder wird die Impfung zeitnah zugelassen werden, so dass wir holistisch betrachtet (mit einer Impfpflicht) die erforderliche Quote erreichen können
Und was passiert ansonsten mit den Menschen?
Erst behaupten Impfen löst das Problem aber dann doch nicht.
Ich kann das echt nicht mehr hören.