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Würzburg
Ramadan in Würzburg: Warum für diese 5 jungen Menschen die Hingabe zu Allah größer ist als Hunger und Durst
Aktuell begehen viele Muslime den Fastenmonat Ramadan. Auch viele junge Menschen halten an der religiösen Tradition fest. Warum ist das so und was bedeutet ihnen Verzicht?
Fünf junge Menschen aus Würzburg verzichten von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf Essen und Trinken. Trotz des Verzichtes ist der Ramadan Monat für sie die wertvollste Zeit im Jahr.
Foto: Silvia Gralla, Mustafa Acra | Fünf junge Menschen aus Würzburg verzichten von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf Essen und Trinken. Trotz des Verzichtes ist der Ramadan Monat für sie die wertvollste Zeit im Jahr.
Gina Thiel
 |  aktualisiert: 21.03.2025 02:37 Uhr

Sie verzichten von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf jegliches Essen und Trinken. Der Grund: Ihr Glaube an Allah. Denn der islamische Glaube gibt es Musliminnen und Muslimen vor, dass sie im Fastenmonat Ramadan sich ganz auf die Hingabe zu Gott konzentrieren sollen. Auf alles, was davon ablenkt, soll deshalb verzichtet werden.

Neben dem Essen und Trinken ist auch das Fluchen, Flirten oder Lügen verboten. Doch warum nehmen junge Menschen diesen Verzicht auf sich, um eine religiöse Tradition aufrechtzuerhalten? In der DITIB-Moschee des türkisch-islamischen Kulturvereins in Würzburg treffen sich während der Ramadanzeit jeden Tag viele Jugendliche und junge Erwachsene, um gemeinsam Fasten zu brechen, zu beten und gemeinsam Zeit zu verbringen. Sie erklären, was der Islam und vor allem der heilige Monat Ramadan für sie bedeutet und warum ihnen der Verzicht so wichtig ist.

1. Mustafa Acar (26) aus Würzburg: "Der Ramadan stärkt die Verbindung zu meiner Familie und Freunden"

Für Mustafa Acar ist Ramadan eine Zeit, in der er sich intensiver mit seinem Glauben und sich selbst auseinandersetzt.
Foto: Silvia Gralla | Für Mustafa Acar ist Ramadan eine Zeit, in der er sich intensiver mit seinem Glauben und sich selbst auseinandersetzt.

"Die Religion spielt für gläubige Menschen, wie meine Familie, eine große Rolle. Sie haben mir den Glauben und auch die Tradition von klein auf vermittelt. Ich bin in der Moschee groß geworden und bin heute noch gern da. Es ist auch nicht so, dass meine Eltern mir den Glauben aufgezwungen haben. Sie haben es einfach vorgelebt und das hat mich überzeugt. Ramadan bedeutet für mich die Nähe zu Allah zu finden, mich selbst zu reflektieren und zu disziplinieren.

Ich bete auch außerhalb der Fastenzeit fünfmal am Tag, aber während Ramadan gehe ich zusätzlich jeden Tag in die Moschee und lese den Koran. Ich setze mich viel intensiver mit dem Glauben auseinander. Während Ramadan treffe ich in der Moschee jeden Tag auch meine Freunde und Familie. Die Zeit stärkt also auch die Beziehung zu ihnen.

Wir sitzen zum Sonnenuntergang alle gemeinsam in der Moschee, beten gemeinsam und freuen uns alle zusammen auf den Moment, wo wir essen und trinken können. Das ist ein ganz wichtiger Zeitpunkt, wo wir uns als Gemeinschaft auch sehr eng verbunden fühlen und es genießen, den Moment zusammen zu erleben."

2. Berra Evkaya (15) aus Veitshöchheim: "Während Ramadan ist der Glaube für mich noch präsenter"

Berra Evkaya gibt der Islam viel Sicherheit und der Ramadan ist für sie eine intensive Zeit mit ihren Freunden und ihrer Familie.
Foto: Silvia Gralla | Berra Evkaya gibt der Islam viel Sicherheit und der Ramadan ist für sie eine intensive Zeit mit ihren Freunden und ihrer Familie.

"Ich finde, der Islam ist eine so schöne Religion. Ich habe das Gefühl, dass ich durch meinen Glauben wirklich zu mir selbst gefunden habe. Es gibt einige Regeln und Vorschriften, die für mich persönlich sehr wichtig sind, weil sie mir helfen, ein gutes Leben zu führen und mir Halt geben. Deshalb ist die Ramadan-Zeit für mich auch so besonders und ich freue mich jedes Jahr darauf. In der Zeit ist der Glaube noch präsenter in meinem Leben und nimmt mehr Platz ein.

Mein Umfeld in der Moschee motiviert mich auch dazu, mich noch mehr mit dem Islam auseinanderzusetzen. Wir machen den Ramadan gemeinsam und dadurch ist es auch viel leichter. Beim Sahūr, also der letzten Mahlzeit, die wir vor der Morgendämmerung essen, sprechen meine Eltern, meine Geschwister und ich jeden Morgen miteinander. Wir erzählen uns dann, wie wir den Tag verbringen und starten gemeinsam in den Tag. Ich genieße die intensive Zeit immer sehr, in der wir als Familie zusammenrücken."

3. Fatih Güllu (24) aus Würzburg: "Ramadan ist für mich wie eine Art Reset-Knopf"

Für Fatih Güllü ist Ramadan eine Zeit, in der er viel an sich selbst arbeitet und eine Art Reset-Knopf.
Foto: Silvia Gralla | Für Fatih Güllü ist Ramadan eine Zeit, in der er viel an sich selbst arbeitet und eine Art Reset-Knopf.

"Ich fand es damals immer schade zu sehen, dass in meiner Klasse, die eigentlich christlich war, kaum Jugendliche dabei waren, die wirklich religiös sind. Ich habe mich immer gefragt, warum das so ist. Ich selbst bin mit dem Islam und dem Ramadan groß geworden. Bei uns in der Moschee sehe ich schon, dass sehr viele junge Leute religiös sind.

Ich glaube aber nicht, dass das unbedingt daran liegt, dass muslimische Eltern ihre Kinder mehr an die Religion heranführen. Es gibt auch einige Eltern hier in der Moschee, die ihre Kinder mitbringen und die dann irgendwann, wenn sie älter werden, nicht mehr hierher kommen und im Alter nicht religiös sind. 

Ich bin mit dem Ramadan groß geworden und verbinde damit vor allem eine Zeit des Zusammenhaltes, sei es mit der Familie oder mit Freunden – Gemeinschaft eben. Als ich klein war, dachte ich auch immer, beim Ramadan geht es nur darum, während Sonnenauf- und Sonnenuntergang nicht zu essen und zu trinken. Als ich älter wurde, habe ich dann verstanden, dass es beim Fasten um viel mehr geht. Für mich ist die Zeit eine Zeit, in der ich an mir selbst arbeite. Es ist wie, wenn ich den Reset-Knopf drücke."

4. Rümeysa Evkaya (18) aus Veitshöchheim: "Ramadan gewinnt für mich jedes Jahr mehr an Bedeutung"

Rümeysa Evkaya ist durch ihren Glauben selbstbewusster geworden. Der Ramadan ist für sie eine sehr intensive und wichtige Zeit.
Foto: Silvia Gralla | Rümeysa Evkaya ist durch ihren Glauben selbstbewusster geworden. Der Ramadan ist für sie eine sehr intensive und wichtige Zeit.

"Ramadan ist für mich eine glückliche Zeit. In dem Monat beten wir neben den täglichen fünf Gebeten zusätzlich das Tarawhi-Gebet und gehen dafür in die Moschee. Das heißt, ich bin während Ramadan jeden Tag in der Moschee, treffe hier meine Freunde und setze mich intensiv mit Allah auseinander. Deshalb genieße ich die Ramadanzeit sehr, weil sich auch meine Freundschaften in der Zeit intensivieren. In der restlichen Zeit des Jahres sehe ich meine Freunde nicht so oft. 

Ich gehe schon in die Moschee seit ich klein bin und mache den Ramadan seit meinem 13. Lebensjahr mit. Damals habe ich das einfach gemacht, aber gar nicht so richtig verstanden, warum. Das hat sich vor circa zwei Jahren geändert. Da hat es Klick gemacht und ich habe gemerkt, dass diese intensive Zeit für mich persönlich wichtig ist.

Seitdem ich angefangen habe, mich so intensiv und bewusst mit meinem Glauben auseinanderzusetzen, habe ich mich auch verändert. Ich bin selbstbewusster geworden und lebensfroher. Früher war ich eher unsicher in Bezug auf die Zukunft, aber durch den Islam habe ich ein tiefes Vertrauen in das Leben gewonnen. Ich weiß, egal was passiert, Allah will immer das Beste für mich."

5. Louis Matern (26) aus Würzburg: "Ramadan erinnert mich daran, Dinge nicht als selbstverständlich zu sehen"

Louis Matern aus Würzburg ist erst vor kurzem zum Islam konvertiert und empfindet den Ramadan-Monat als sehr intentive Zeit.
Foto: Mustafa Acar | Louis Matern aus Würzburg ist erst vor kurzem zum Islam konvertiert und empfindet den Ramadan-Monat als sehr intentive Zeit.

"Für mich ist es erst das zweite Mal, dass ich Ramadan mitmache. Ich bin erst im April vergangenen Jahres konvertiert und ursprünglich römisch-katholisch aufgewachsen. Deshalb kann ich nur einen kleinen Einblick geben. Für mich war und ist die Ramadan-Zeit eine ganz intensive Zeit gewesen, in der ich mich darauf besinne, was wirklich wichtig ist.

Es war als würde ich meinen Körper mental und physisch auf null setzten. Ich habe mich 30 Tage lange jeden Abend auf den Moment gefreut, an dem ich essen und trinken kann und diesen Moment dadurch sehr geschätzt. Wann ist man sonst im Alltag wirklich dankbar für Essen und Trinken, obwohl das so etwas Wichtiges für uns ist?

Ich habe auch gemerkt, dass mich die Fastenzeit wirklich runterfahren kann. Die Zeit hat mich irgendwie geerdet und alles entschleunigt. Den Rest des Jahres ist bei mir alles sehr hektisch und getrieben, aber während Ramadan komme ich runter – auch geistig – und habe gemerkt, wie gut das tut."

 
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  • Heike Pauline Grauf
    "In der Zeit, in der ich essen darf, stopfe ich mich einfach so voll, dass ich den Rest des Tages keinen Hunger habe."
    https://www1.wdr.de/lokalzeit/heimatliebe/ramadan-dauer-und-regel-fragen-beantwortet-100.html
    Da fragt man sich: Was ist schlimmer - die Kommerzialisierung und kulturelle Aneignung des "Happy Ramadan" oder die authentische Praktizierung?
    Dafür, dass wir angeblich in einem säkularen Staat leben, geht der Ilja-Richter-Spot auf die Religionen und ihre Bräuche einfach zu oft an. Bitte Licht an, und Spot aus! Religion ist Privatsache oder wissenschaftlicher, immer häufiger auch therapeutischer oder juristischer Gegenstand. Ich will damit nicht auch noch im Alltag ständig quer durch alle Medien und Orte belästigt werden. Einfach nur grausig, dass der OB von einer Ausstellung zur Vernichtung Würzburgs ganz schnell verschwindet, weil er zum Fastenbrechen muss. Ich war dabei, als er es mehrfach sagte.
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  • Stefan Flessa
    Wir haben gerade Fastenzeit und vielleicht wäre ein Artikel über den Kern der aktuellen Fastenzeit und warum wir Christen übrigens sogar mehrere Fastenzeiten haben, aufschlussreich und würde auch unseren muslimischen Mitbürgern helfen.

    Denn: wenn ich es ernst nehme, dann ist in jeder Religion der Weg vom Menschen zu Gott durch gute Werke und das Einhalten von Regeln vorgegeben.

    Für einen Christen sieht das ganz anders aus: Gott kommt zu uns, weil wir Menschen die Regeln nicht einhalten können und Gott löst das für uns Menschen unlösbare Problem, weil er uns liebt. Gott ist kein ferner, unberechenbarer Gott, sondern wir Menschen, wie wir es sind: Jesus.

    Etwas zu tiefst Anstößiges für einen Moslem.

    Denkt nach: wollen wir weiter uns im Hamsterrad abrackern und auf zufällige Güte hoffen oder wollen wir auf den wahren Gott vertrauen, der übrigens heute noch genau so Wunder tun kann- man höre nur Berichte aus chinesischen Hochsicherheitsgefängnissen….
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  • Dietmar Eberth
    Die eine Religion soll besser sein als die Andere und nur wo es den wahren Gott gibt? Das lassen wir lieber sein. Im Grundgesetz steht Religionsfreiheit und keiner darf wegen seiner Religion benachteiligt werden. Gut so.
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  • Fabian König
    Nicht jede Religion kennt einen Gott. Der Buddhismus etwa.
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