
Die Neubaukirche weckte beim 28-jährigen Wolfgang Schindler schmerzvolle Erinnerungen, als er sie am 5. März 1951 fotografierte. In der Universitätskirche hatte sein Vater Hanns Schindler, ein Orgel-Professor, Konzerte gegeben. Jetzt stand sie als ausgebrannte Ruine da, provisorisch mit einem Notdach versehen.
Davor bot in der Neubaustraße ein Ladeninhaber von einem Bauwagen aus seine Waren an; gegenüber transportierte ein Förderband Trümmerschutt auf einen Laster. Neben einem bereits wiederaufgebauten Haus würde bald ein weiteres errichtet werden. Es gab also Grund zur Hoffnung an diesem kalten Wintertag.
Fotografien vom Wiederaufbau in der Domstadt
Wolfgang Schindler hat 1951, 1952 und 1953 das Leben in seiner Heimatstadt Würzburg – und vor allem deren neu erstehende architektonische Monumente – fotografiert. Er liebte die Domstadt, die er im Krieg und danach jahrelang nicht hatte sehen dürfen.

Geboren am 22. August 1922 in Würzburg, war er 1941 nach dem Not-Abitur zur Wehrmacht einberufen und als Funker an die Ostfront geschickt worden; 1944 folgte die Verlegung nach Frankreich. Im August 1944 geriet Schindler in der Normandie in amerikanische Gefangenschaft. In einem Lager im US-Bundesstaat Missouri las er am 17. März 1945 in einer US-Soldatenzeitung von der völligen Zerstörung Würzburgs. Dass der Vater und die Mutter, eine Ärztin, sowie seine Schwester die Bombardierung überlebt hatten, sollte er erst 15 Monate später erfahren. Dass der Bruder gefallen war, wusste er.
Im Januar 1946 wurde Schindler mit anderen Gefangenen durch den Panamakanal nach England transportiert, wo er in einem Lager in Herfordshire interniert war. Im Herbst 1947 durfte er endlich zurück nach Deutschland. Am 17. Dezember 1947 kam er an. Nach sechseinhalb Jahren als Soldat und Kriegsgefangener war der jetzt 25-Jährige wieder in der Heimat, wo er ein Lehramtsstudium begann und seiner Leidenschaft, dem Fotografieren, frönte.
Bei den Gängen durch Würzburg vor und nach den Vorlesungen hatte er eine Kamera dabei. So wurde er zum Chronisten des anlaufenden Wiederaufbaus.

Schindlers Fotos geben aber auch einen Eindruck von der Trostlosigkeit jener Zeit, zum Beispiel wenn auf einem Bild die übriggebliebene halbe Fassade der Peterkirche in der Münzstraße zu sehen ist und dahinter das ausgebrannt Haus, in dem heute unter anderem das Hobbit-Theater und die Volkshochschule residieren.
Doch inmitten der Ruinen regte sich neues Leben. Dies zeigt ein Foto vom 13. Juni 1951, das Schindler aus dem Fenster des Anwesens Sterngasse 1 von Domstraße, Grafeneckart und Augustinerstraße aufnahm. Deutlich ist zu erkennen, dass der Wiederaufbau in der Innenstadt endlich Schwung aufnahm. Gleichzeitig dominierten immer noch Trümmergrundstücke das Bild.
Fotos erzählen unbekannte Geschichten

Seltenheitswert hat das Foto des Lusamgärtchens vom 11. Oktober 1951. Betrachter des Fotos wundern sich wahrscheinlich, denn der Flügel des spätromanischen Kreuzgangs steht doch heute genau so neben dem Neumünster. Tatsächlich erzählt Wolfgang Schindlers Foto jedoch eine weithin unbekannte Geschichte: Der Kreuzgang-Flügel, wohl schon seit dem 16. Jahrhundert eingemauert und unsichtbar, war erst 1883 bei Abbrucharbeiten entdeckt worden. Das herausragende Beispiel staufischer Architektur und Plastik kam dann aber nicht, wie ursprünglich geplant, in ein Berliner Museum, sondern in den Garten des Luitpold-Museums in der Maxstraße.
Nach dem 16. März 1945 war das Museum nur noch eine Ruine, doch der Kreuzgang-Flügel stand unversehrt im Garten. Inmitten der hohen Schuttberge wurde der Zugang 1951 zeitweise wieder ermöglicht. Die Chance, ihn aus der Nähe zu sehen, ließ sich Wolfgang Schindler natürlich nicht entgehen. Zwei Jahre später kam der Kreuzgang dann an seine heutige Stelle.

Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Schindler bereits als Lehrer an der Volksschule in Reichenberg, die er von 1978 bis zu seinem Ruhestand 1984 leitete. Viele Jahre war er in Wort und Bild als Berichterstatter der Main-Post tätig. Auf dem Grab des 2006 gestorbenen Ehrenbürgers von Reichenberg liegt als Reverenz an seine Leidenschaft eine Fotokamera aus Stein.

Hinweis der Redaktion: In einer vorherigen Version des Artikels war die Bildunterzeile unter dem Foto der Neubaukirche nicht korrekt. Diese wurde korrigiert.
Dazu könnte ich sehr viel erzählen, doch dazu reicht der Space hier leider nicht aus...
Die Menschen, die heute jung sind, plagen ganz andere Sorgen. Sie fürchten um ihre Zukunft, denn die Erde kommt diesmal an ganz anderer Stelle an den Abgrund. Dabei meine ich noch nicht mal das kontroverse Thema Klimaschutz. Es reicht, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, um zu sehen, dass das System, das uns diesen Wohlstand gebracht hat, nicht länger zukunftsfähig ist. Warum sollten sich die Menschen, die noch eine Weile hier leben "müssen", nicht darüber Gedanken machen?
Also: Die Ruinen auf den Fotos sind erschütternd und ich sage ja nicht, dass alles toll war. Aber beileibe nicht jeder war Nazi, und das, was geleistet wurde beim Aufbau ist beachtlich. Keiner konnte sich dem System entziehen (Herr Brandt schon, ok), und die Bomben waren vernichtend, auch für Menschen, die keine gar keine Nazis waren. Wieso können wir unsere Geschichte nicht etwas realitätsnäher sehen? Es sind Menschen, Schicksale, Traumata, Wiederaufstehen.
2 Jeans im Studium, Fahrrad aus Geldmangel gefahren, wer denkt nicht an Serbischen Bohnentopf von Discounter, um überhaupt mal bis Südfrankreich mit Minibudget zu kommen.
Ich bleib dabei: die, die das in Wü aufgebaut haben und die, die in diesen mageren Zeiten gelebt habe, haben Respekt und nicht Beschimpfung verdient. Die Fotos machen mich nachdenklich. Und selbstbewusst.
Nach dem 16. März 1945 war die Zerstörung des historischen Würzburgs nicht abgeschlossen. Das Hochhaus von 1930 in der Augustenstraße, dass den Krieg unversehrt überstand, im historisierenden Stil amerikanischer Hochhäuser der Frühzeit, wohl einmalig in Deutschland, wird/wurde(?) abgerissen und durch eine Plastik-Kopie ersetzt. Muss(te) das wirklich sein?
Auf vielen Fotos kurz nach dem 16. März sieht man im Hintergrund den unversehrten Stein-Weinberg, mit historischen Gemäuern, die bei der Flurbereinigung Anfang der 1970er Jahre platt gemacht wurden.
Nachdem der Wiederaufbau der Stadt 1970 vollendet war und Würzburg wieder hohe Lebensqualität erreichte, setzte danach eine bis heute andauernde zweite Zerstörungswelle ein, die das einmalige, historische Ensemble von Stadt & Weinbergen schädigt(e). Würzburg ist heute nicht mehr liebenswert.
Während umgekehrt andere Altstädte (Schweinfurt, Nürnberg) ihren historischen Charakter wieder zunehmend erhielten