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Der leise Abschied des Grandseigneurs
Redaktion
 |  aktualisiert: 17.10.2017 14:26 Uhr
REICHENBERG (HIG) Es ist schon fast 20 Jahre her, als der frühere Reichenberger Bürgermeister Walter Dosch laut nachdachte: "Wie sollen wir die Lücke schließen, die ein Schindler hinterlässt?" Die Aktualität wirft diese Frage neu auf, denn Wolfgang Schindler ist am Mittwoch, fast 84-Jährig, nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben.

Reichenberg hat dem gebürtigen Würzburger (Jahrgang 1927) viel zu verdanken. Das nicht nur, weil er 32 Jahre an der dortigen Schule Tausende von Schülern unterrichtete und als Rektor in Ruhestand ging.

"Das war vielleicht ein Nest", hat er einmal in seiner ihm eigenen, trockenen Art gesagt - und legte los. In seiner Freizeit setzte Wolfgang Schindler alles daran, dass die Gemeinde kein Nest bleiben sollte. Bereits 1958 wurde Englischunterricht eingeführt. Im Zweiten Weltkrieg hatten ihn die Kanadier gefangen, über Los Angeles kam er 1947 nach Hause. Zwischendurch dolmetschte der Würzburger sogar in England. 1952 war er dann über Unteraltertheim und Sommerhausen nach Reichenberg gekommen.

Fortan wirkte der Pädagoge unermüdlich für die Allgemeinheit und half mit, Reichenberg zu einer modernen Stadtrandgemeinde zu formen. Sein Wirken wurde 1991 mit der Ehrenbürgerwürde belohnt.

So gründete er 1961 die Gemeindebibliothek, gab ab 1974 das Mitteilungsblatt heraus, führte ein umfangreiches Fotoarchiv und war über 50 Jahre lang Mitarbeiter dieser Zeitung. Am 26. Oktober 1956 wurde sein erstes Foto veröffentlicht, das den Schusterbrunnen vor der Schuhfabrik zeigte. In den folgenden fünf Jahrzehnten berichtete Wolfgang Schindler über das Gemeindeleben aller Ortsteile: Vereinsfeste, Gemeinderat, Jubiläen, Sterbefälle und Geburtstage. Selbst im hohen Alter verschloss er sich nicht der modernen Technik, passte seine Berichterstattung den heutigen Erfordernissen an und übersandte Artikel und Bilder per E-Mail. Wolfgang Schindler war ein Mann der leisen Töne. Seine Texte aber trafen präzise auf den Punkt, gepaart mit Sachwissen und Humor. Denn der Mann hatte den Schalk im Nacken.

Er war der dienstälteste freie Mitarbeiter und der Grandseigneur unter den Berichterstattern. Noch vor einigen Wochen war er bei einem Mitarbeitertreffen dabei. Damals verabschiedete er sich bescheiden und ebenso mit leisen Tönen - wie jetzt am Mittwoch.

Die Aussegnung auf dem Reichenberger Friedhof ist am Samstag um 13 Uhr anschließend Gottesdienst.

 
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