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Güntersleben
Umweltschützer kritisieren Grundwasserentnahme für Steinbruch
Ein Steinbruchbetreiber will jedes Jahr drei Millionen Liter Grundwasser abpumpen, um Kies zu waschen. Die betroffene Gemeinde hat keine Bedenken, Umweltschützer schon.
Der Steinbruch Benkert hat sich bei Thüngersheim bereits tief in den Muschelkalk vorgearbeitet - und dehnt sich in den angrenzenden Wald aus. Jetzt will die Firma mehrere Millionen Liter Grundwasser entnehmen, um Kies zu waschen.
Foto: Christian Ammon | Der Steinbruch Benkert hat sich bei Thüngersheim bereits tief in den Muschelkalk vorgearbeitet - und dehnt sich in den angrenzenden Wald aus.
Christian Ammon
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:01 Uhr

Gerade harren sie bei Wind und Regen am Schwimmbadparkplatz in Thüngersheim aus. Eine Woche lang halten sie hier Mahnwache, um gegen die Rodungen für einen Steinbruch zu protestieren. Umweltaktivisten des Bündnisses "KeinHektarmehr" wollen damit ein Zeichen setzen und das "Klima schützen". Dazu gehört auch der Schutz des Grundwassers. 

In einem Schreiben an die Gemeinde Güntersleben kritisieren Mitglieder von "KeinHektarmehr", dass die Kommune widerspruchslos hinnehme, dass der gleiche Steinbruchbesitzer, der in Thüngersheim bereits knapp fünf Hektar Wald geschlagen hat, nun auch bis zu drei Millionen Liter Grundwasser entnehmen will. Um den Antrag der Baustoff-Firma aber zum Scheitern zu bringen, sei es nötig, "klar Stellung" zu beziehen. "Eine Grundwasserentnahme in der heutigen Zeit des Klimawandels ist nichts, was man leichtfertig durch Schweigen geschehen lassen sollte." 

Trinkwasserversorgung der Bevölkerung muss Vorrang haben

Auch der Redaktion liegt eine Stellungnahme von "KeinHektarmehr" vor. Darin wiederholt das Bündnis seine Aufforderung an die Gemeinde Güntersleben, den Antrag auf Grundwasserentnahme abzulehnen. Es sei davon auszugehen, dass sich der Konflikt um das Grundwasser zukünftig zuspitze. Dem Steinbruchbetreiber gehe es nun darum, "noch bevor eine akute Wasserknappheit auftritt", sich Ansprüche auf die Nutzung von kostenlosem Grundwasser zu sichern. Vor wirtschaftlichen Interessen müsse jedoch immer erst die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung gesichert sein. 

Die Umweltgruppe ist seit Ende 2018 bekannt. Sie hat eine Demonstration gegen den Kahlschlag des Thüngersheimer Waldes organisiert. Wie berichtet, will die Baustoff-Firma Benkert ihren Steinbruchs erweitern, um weiterhin Muschelkalk abzubauen. 9,8 Hektar Wald, die Hälfte ist schon gerodet, müssen dafür gefällt werden. 

Drei Millionen Liter Grundwasser für die Kieswäsche

Der Antrag an die Gemeinde Güntersleben sieht vor, dass jedes Jahr 3 200 000 Liter Grundwasser vom äußersten Rand der Günterslebener Gemarkung direkt aus dem Steinbruch entnommen werden dürfen. Verwendet werden soll es, um damit Kies zu waschen. Im Günterslebener Gemeinderat wurde der Antrag kurz vor der Sommerpause behandelt. Dort vertraten die Räte bis auf eine Gegenstimme den Standpunkt, dass keine Stellungnahme nötig ist. Gemeindliche Belange würden nicht berührt, lautete die Begründung. Zuständig für eine Beurteilung seien die Fachbehörden im Landratsamt sowie das Wasserwirtschaftsamt in Aschaffenburg.

Umweltschützer kritisieren Grundwasserentnahme für Steinbruch

Auf Nachfrage gibt es von dort bisher jedoch keine genauere Einschätzung des Antrags. Das Prüfverfahren sei noch in Gange, heißt es in der Antwort. Grundsatz einer Genehmigung sei jedoch, dass durch eine weitere Entnahme von Grundwasser keine "nachteiligen Auswirkungen", auch nicht für die Trinkwasserversorgung, auftreten dürften. In Güntersleben gibt es bereits vier genehmigte Brunnen für die Landwirtschaft. Die Behörden bestätigten zudem die Einschätzung der Gemeinde, dass insbesondere für die angrenzenden Weinberge keine Nachteile zu befürchten seien. Die Wurzelzone der Weinstöcke reiche nicht bis in die Schichten, aus denen das Grundwasser entnommen werde.

Ultimativer Ton des Schreibens stößt auf Kritik

In Güntersleben blickt man derweil recht entspannt auf die Entwicklungen. Bürgermeisterin Klara Schömig hält auf Nachfrage dieser Redaktion zwar die in einem ultimativen Unterton gehaltene Ankündigung der Aktivisten zur nächsten Gemeinderatssitzung zu kommen, sollte die Gemeinde nicht reagieren, zur nächsten Gemeinderatssitzung zu kommen und "die Bürger im Vorfeld dieser auf das Verhalten ihres Gemeinderates aufmerksam zu machen", für nicht zielführend. 

Sie selber könne den Unmut über die Größe der Rodungsfläche durchaus nachvollziehen. Die von der Firma beantragte Entnahme des Grundwassers von einem Teil des Steinbruchs, der sich am äußersten Rand der Günterslebener Gemarkung befindet, schätzt sie jedoch als unproblematisch ein. Das Wasser  werde nach der Nutzung dem Wasserkreislauf wieder zurückgegeben. Auch sei durch die Kieswäsche keine ernsthafte Verunreinigung zu befürchten. Das Volumen der beantragen Wasser-menge sei im Vergleich zum Trinkwasserbedarf der 4500-Einwohner-Gemeinde gering. Allein im letzten Jahr habe die Gemeinde 186 000 000 Liter vom Zweckverband eingekauft.

BN-Ortstgruppe warnt vor Stimmungsmache

Die Ortsgruppe des Bund Naturschutz stellt sich hinter die Position der Gemeinde. Ihr Vorsitzender Walter Kolb warnt vor einseitiger "Stimmungsmache", egal von welcher Seite. Für ihn ist de geplante Grundwasserentnahme nicht der entscheidende Punkt. Wichtiger sei, wie die Rekultivierung des ausgebeuteten Steinbruchs geregelt werde. "Ökologisch orientierte Rückbaumaßnahmen" könnten etwa wertvolle Biotope wie Tümpel mit Schilfzonen, wertvolle Trockenrasenflächen oder Felslandschaften entstehen lassen.

 
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Kommentare
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    Die Rekultivierung einer zerstörten Landschaft, wie sie jetzt in einem Teil des ausgebeuteten Thüngersheimer Steinbruchs ansteht, wäre überhaupt nicht nötig, wenn sich die Naturschutzverbände von vorneherein gegen den Abbau von Muschelkalk in diesem ökologisch so sensiblen Gebiet eingesetzt hätten. Die Ortsgruppe des Bund Naturschutz sollte sich an der Initiative "Kein Hektar mehr!" ein Beispiel nehmen! Der Verlust weiterer Waldgebiete ist angesichts der in Unterfranken besonders schwerwiegenden Klimaschäden nicht mehr hinnehmbar. Es wird Zeit, dass alle, die sich den Naturschutz auf die Fahnen geschrieben haben, hier endlich an einem Strang ziehen und jegliche weiteren Schäden verhindern, ob es um Wasser, Bäume oder andere Naturgebiete geht.
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  • G. R.
    Wie wird man Umweltschützer? Ist der Begriff von irgendeiner Qualifikation abhängig? Ich fürchte nicht! Demos reichen. Und dann was behaupten ohne jeden Beleg. Trump nennt das fake news. Ob Thüngersheim mit Mahnwache oder Nötigung durch Drohung mit Anwesenheit. Alles Luftblasen und Wahlkampfhilfe für die grüne Kandidatin grinsen
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