
Gerade harren sie bei Wind und Regen am Schwimmbadparkplatz in Thüngersheim aus. Eine Woche lang halten sie hier Mahnwache, um gegen die Rodungen für einen Steinbruch zu protestieren. Umweltaktivisten des Bündnisses "KeinHektarmehr" wollen damit ein Zeichen setzen und das "Klima schützen". Dazu gehört auch der Schutz des Grundwassers.
In einem Schreiben an die Gemeinde Güntersleben kritisieren Mitglieder von "KeinHektarmehr", dass die Kommune widerspruchslos hinnehme, dass der gleiche Steinbruchbesitzer, der in Thüngersheim bereits knapp fünf Hektar Wald geschlagen hat, nun auch bis zu drei Millionen Liter Grundwasser entnehmen will. Um den Antrag der Baustoff-Firma aber zum Scheitern zu bringen, sei es nötig, "klar Stellung" zu beziehen. "Eine Grundwasserentnahme in der heutigen Zeit des Klimawandels ist nichts, was man leichtfertig durch Schweigen geschehen lassen sollte."
Trinkwasserversorgung der Bevölkerung muss Vorrang haben
Auch der Redaktion liegt eine Stellungnahme von "KeinHektarmehr" vor. Darin wiederholt das Bündnis seine Aufforderung an die Gemeinde Güntersleben, den Antrag auf Grundwasserentnahme abzulehnen. Es sei davon auszugehen, dass sich der Konflikt um das Grundwasser zukünftig zuspitze. Dem Steinbruchbetreiber gehe es nun darum, "noch bevor eine akute Wasserknappheit auftritt", sich Ansprüche auf die Nutzung von kostenlosem Grundwasser zu sichern. Vor wirtschaftlichen Interessen müsse jedoch immer erst die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung gesichert sein.
Die Umweltgruppe ist seit Ende 2018 bekannt. Sie hat eine Demonstration gegen den Kahlschlag des Thüngersheimer Waldes organisiert. Wie berichtet, will die Baustoff-Firma Benkert ihren Steinbruchs erweitern, um weiterhin Muschelkalk abzubauen. 9,8 Hektar Wald, die Hälfte ist schon gerodet, müssen dafür gefällt werden.
Drei Millionen Liter Grundwasser für die Kieswäsche
Der Antrag an die Gemeinde Güntersleben sieht vor, dass jedes Jahr 3 200 000 Liter Grundwasser vom äußersten Rand der Günterslebener Gemarkung direkt aus dem Steinbruch entnommen werden dürfen. Verwendet werden soll es, um damit Kies zu waschen. Im Günterslebener Gemeinderat wurde der Antrag kurz vor der Sommerpause behandelt. Dort vertraten die Räte bis auf eine Gegenstimme den Standpunkt, dass keine Stellungnahme nötig ist. Gemeindliche Belange würden nicht berührt, lautete die Begründung. Zuständig für eine Beurteilung seien die Fachbehörden im Landratsamt sowie das Wasserwirtschaftsamt in Aschaffenburg.

Auf Nachfrage gibt es von dort bisher jedoch keine genauere Einschätzung des Antrags. Das Prüfverfahren sei noch in Gange, heißt es in der Antwort. Grundsatz einer Genehmigung sei jedoch, dass durch eine weitere Entnahme von Grundwasser keine "nachteiligen Auswirkungen", auch nicht für die Trinkwasserversorgung, auftreten dürften. In Güntersleben gibt es bereits vier genehmigte Brunnen für die Landwirtschaft. Die Behörden bestätigten zudem die Einschätzung der Gemeinde, dass insbesondere für die angrenzenden Weinberge keine Nachteile zu befürchten seien. Die Wurzelzone der Weinstöcke reiche nicht bis in die Schichten, aus denen das Grundwasser entnommen werde.
Ultimativer Ton des Schreibens stößt auf Kritik
In Güntersleben blickt man derweil recht entspannt auf die Entwicklungen. Bürgermeisterin Klara Schömig hält auf Nachfrage dieser Redaktion zwar die in einem ultimativen Unterton gehaltene Ankündigung der Aktivisten zur nächsten Gemeinderatssitzung zu kommen, sollte die Gemeinde nicht reagieren, zur nächsten Gemeinderatssitzung zu kommen und "die Bürger im Vorfeld dieser auf das Verhalten ihres Gemeinderates aufmerksam zu machen", für nicht zielführend.
Sie selber könne den Unmut über die Größe der Rodungsfläche durchaus nachvollziehen. Die von der Firma beantragte Entnahme des Grundwassers von einem Teil des Steinbruchs, der sich am äußersten Rand der Günterslebener Gemarkung befindet, schätzt sie jedoch als unproblematisch ein. Das Wasser werde nach der Nutzung dem Wasserkreislauf wieder zurückgegeben. Auch sei durch die Kieswäsche keine ernsthafte Verunreinigung zu befürchten. Das Volumen der beantragen Wasser-menge sei im Vergleich zum Trinkwasserbedarf der 4500-Einwohner-Gemeinde gering. Allein im letzten Jahr habe die Gemeinde 186 000 000 Liter vom Zweckverband eingekauft.
BN-Ortstgruppe warnt vor Stimmungsmache
Die Ortsgruppe des Bund Naturschutz stellt sich hinter die Position der Gemeinde. Ihr Vorsitzender Walter Kolb warnt vor einseitiger "Stimmungsmache", egal von welcher Seite. Für ihn ist de geplante Grundwasserentnahme nicht der entscheidende Punkt. Wichtiger sei, wie die Rekultivierung des ausgebeuteten Steinbruchs geregelt werde. "Ökologisch orientierte Rückbaumaßnahmen" könnten etwa wertvolle Biotope wie Tümpel mit Schilfzonen, wertvolle Trockenrasenflächen oder Felslandschaften entstehen lassen.