Gut sechs Hektar Wald sind in Thüngersheim bereits geschlagen, 9,8 Hektar sollen es werden. Die Baustoff-Firma Benkert braucht die Fläche, um den bestehenden Steinbruch zu erweitern. Die Rodungen haben im vergangenen Jahr für reichlich Diskussionsstoff gesorgt. Viele Thüngersheimer Bürger gingen zum ersten Mal in ihrem Leben demonstrieren, um den Kahlschlag ihres Waldes zu verhindern.
Umstritten waren die Rodungen auch, weil das Landratsamt Würzburg die Erweiterung des Steinbruchs im Mai 2009 genehmigt und die Genehmigung auf Antrag der Firma zwei Mal ohne eine artenschutzrechtliche Prüfung verlängert hatte. Ein Rodungsstopp wurde gefordert. Die Behörde erklärte schließlich allen Kritikern, warum sie so gehandelt hat und warum das rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Jetzt, ein Jahr später, hat die Baustoff-Firma Benkert alle Flächen und Genehmigungen für den erforderlichen Ausgleich beisammen. Sie könnte also ab Oktober, wenn die Schonzeit vorbei ist, auch die restliche Fläche von gut fünf Hektar roden. Die Initiative "Kein Hektar mehr" befürchtet, dass Firmenchef Helmut Benkert damit auch nicht länger warten will und möchte mit einer einwöchigen Mahnwache die "Rodungen stoppen" und das "Klima schützen". Zum Auftakt am Freitag, 27. September sind nicht nur die Thüngersheimer zu einer Demonstration aufgerufen.
Rund 180 Rodungsgegner sind bereits im vergangenen Herbst vor die Tore des Steinbruchs gezogen, um ihren Ärger Luft zu machen. Darunter war auch Egon Kraft aus Thüngersheim. Es war seine erste Demo überhaupt. "Wir haben eine Verpflichtung für weitere Generationen, unsere Natur zu erhalten", rief er damals seinen Mitstreitern zu und bekam viel Applaus dafür.
Auch Landrat Eberhard Nuß möchte für jeden Baum kämpfen, versicherte er im vergangenen Jahr. Bei der Demo in Thüngersheim war er aber nicht dabei, was viele kritisierten. Ob er dieses Mal Solidarität mit den Rodungsgegnern zeigen wird, ist offen. Eine entsprechende Anfrage dieser Redaktion ließ er unbeantwortet. Nuß verwies aber in einer schriftlichen Stellungnahme darauf, dass der Firma Benkert rechtskräftige Genehmigungen vorliegen, die eine Rodung auf der Restfläche ermöglichen. "Auch, wenn wir im Landratsamt keine rechtlichen Möglichkeiten haben, weitere Rodungen in Thüngersheim zu verhindern, würde ich es begrüßen, wenn das Unternehmen auf eine weitere Rodung verzichten könnte und würde notfalls wieder in Verhandlungen eintreten", sagt Nuß.
Werden also bald in Thüngersheim wieder Harvester im Minutentakt Bäume umhauen? Helmut Benkert erklärt gegenüber dieser Redaktion: "Bis jetzt ist gar nichts geplant." Wann wieder gerodet wird, könne er nicht genau sagen. "Dann, wenn Zeit ist", fügt er hinzu und ergänzt: "Garantiert nicht mehr in diesem Jahr." Auch dem Landratsamt ist nicht bekannt, ob und wann das Unternehmen weitere Waldflächen roden will, teilt die Pressestelle mit.
"Kein Hektar mehr" rechnet mit 300 Demonstranten
Julian Höfner von der Initiative "Kein Hektar mehr" will das nicht so recht glauben. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass Benkert die genehmigte Fläche von 9,8 Hektar roden will. "Er war dafür auch das ganze Jahr aktiv, um diese zu bekommen. Dass er jetzt nicht roden möchte, klingt unglaubwürdig", ist der Aktivist von "Kein Hektar mehr" überzeugt. Zumal jetzt alle Ausgleichsflächen genehmigt seien und im Oktober wieder die Rodungszeit beginne.
Sorgenvoller Blick gen Mädelhofen
Und wie ist die Stimmung in Thüngersheim? "Die Meinungen sind gespalten", so Höfner. Manche hätten resigniert, andere würden den Rodungen noch immer kritisch gegenüber stehen. Mit gut 300 Demonstranten rechnet er am 27. September.
Es gibt aber auch andere Stimmen. Während der Berichterstattung dieser Redaktion über die Rodungen in Thüngersheim wiesen Leser in Zuschriften und Online-Kommentaren darauf hin, dass der heimischen Muschelkalk ein wichtiger regionaler Baustoff sei. "Ja, wir brauchen diese Rohstoffe", sagt auch Höfner. Aber, "die Baustoffe müssen sinnvoll eingesetzt werden", fordert er. "Es darf nicht sein, dass uns der unglaubliche Bauboom die ganzen Wälder wegfrisst." Die Initiative "Kein Hektar mehr" denkt dabei auch an Mädelhofen, wo vielleicht mit der nächsten Steinbrucherweiterung zu rechnen sei. Auch hier könnten Waldflächen gerodet werden, fürchtet Höfner.