zurück
Thüngersheim
Mit Mahnwache, Yoga und Demo gegen die Steinbruchrodungen
Der Kahlschlag für einen Steinbruch in Thüngersheim erhitzt weiter die Gemüter. Gegner der Rodungen befürchten, dass bald wieder Maschinen im Minutentakt Bäume umhauen.
Fallen bald weitere Bäume im Thüngersheimer Wald? Rund sechs Hektar sind bereits gerodet, weitere vier sollen noch folgen, damit der bestehende Steinbruch erweitert werden kann. 
Foto: Thomas Obermeier | Fallen bald weitere Bäume im Thüngersheimer Wald? Rund sechs Hektar sind bereits gerodet, weitere vier sollen noch folgen, damit der bestehende Steinbruch erweitert werden kann. 
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:59 Uhr

Gut sechs Hektar Wald sind in Thüngersheim bereits geschlagen, 9,8 Hektar sollen es werden. Die Baustoff-Firma Benkert braucht die Fläche, um den bestehenden Steinbruch zu erweitern. Die Rodungen haben im vergangenen Jahr für reichlich Diskussionsstoff gesorgt. Viele Thüngersheimer Bürger gingen zum ersten Mal in ihrem Leben demonstrieren, um den Kahlschlag ihres Waldes zu verhindern.

Umstritten waren die Rodungen auch, weil das Landratsamt Würzburg die Erweiterung des Steinbruchs im Mai 2009 genehmigt und die Genehmigung auf Antrag der Firma zwei Mal ohne eine artenschutzrechtliche Prüfung verlängert hatte. Ein Rodungsstopp wurde gefordert. Die Behörde erklärte schließlich allen Kritikern, warum sie so gehandelt hat und warum das rechtlich nicht zu beanstanden ist.  

Die Initiative 'Kein Hektar mehr' will mit einer einwöchigen Mahnwache in Thüngersheim verhindern, dass weitere Bäume gefällt werden. Das Foto entstand bei der Demonstration im Oktober 2018. 
Foto: Daniel Peter | Die Initiative "Kein Hektar mehr" will mit einer einwöchigen Mahnwache in Thüngersheim verhindern, dass weitere Bäume gefällt werden. Das Foto entstand bei der Demonstration im Oktober 2018. 

Jetzt, ein Jahr später, hat die Baustoff-Firma Benkert alle Flächen und Genehmigungen für den erforderlichen Ausgleich beisammen. Sie könnte also ab Oktober, wenn die Schonzeit vorbei ist, auch die restliche Fläche von gut fünf Hektar roden. Die Initiative "Kein Hektar mehr" befürchtet, dass Firmenchef Helmut Benkert damit auch nicht länger warten will und möchte mit einer einwöchigen Mahnwache die "Rodungen stoppen" und das "Klima schützen". Zum Auftakt am Freitag, 27. September sind nicht nur die Thüngersheimer zu einer Demonstration aufgerufen. 

"Es darf nicht sein, dass uns der unglaubliche Bauboom die ganzen Wälder wegfrisst."
Julian Höfner, Initiative "Kein Hektar mehr"

Rund 180 Rodungsgegner sind bereits im vergangenen Herbst vor die Tore des Steinbruchs gezogen, um ihren Ärger Luft zu machen. Darunter war auch Egon Kraft aus Thüngersheim. Es war seine erste Demo überhaupt. "Wir haben eine Verpflichtung für weitere Generationen, unsere Natur zu erhalten", rief er damals seinen Mitstreitern zu und bekam viel Applaus dafür.

Mit Mahnwache, Yoga und Demo gegen die Steinbruchrodungen

Auch Landrat Eberhard Nuß möchte für jeden Baum kämpfen, versicherte er im vergangenen Jahr. Bei der Demo in Thüngersheim war er aber nicht dabei, was viele kritisierten. Ob er dieses Mal Solidarität mit den Rodungsgegnern zeigen wird, ist offen. Eine entsprechende Anfrage dieser Redaktion ließ er unbeantwortet. Nuß verwies aber in einer schriftlichen Stellungnahme darauf, dass der Firma Benkert rechtskräftige Genehmigungen vorliegen, die eine Rodung auf der Restfläche ermöglichen. "Auch, wenn wir im Landratsamt keine rechtlichen Möglichkeiten haben, weitere Rodungen in Thüngersheim zu verhindern, würde ich es begrüßen, wenn das Unternehmen auf eine weitere Rodung verzichten könnte und würde notfalls wieder in Verhandlungen eintreten", sagt Nuß.

Mittlerweile ist die gerodete Fläche eingezäunt.
Foto: Thomas Obermeier | Mittlerweile ist die gerodete Fläche eingezäunt.

Werden also bald in Thüngersheim wieder Harvester im Minutentakt Bäume umhauen? Helmut Benkert erklärt gegenüber dieser Redaktion: "Bis jetzt ist gar nichts geplant." Wann wieder gerodet wird, könne er nicht genau sagen. "Dann, wenn Zeit ist", fügt er hinzu und ergänzt: "Garantiert nicht mehr in diesem Jahr." Auch dem Landratsamt ist nicht bekannt, ob und wann das Unternehmen weitere Waldflächen roden will, teilt die Pressestelle mit. 

"Kein Hektar mehr" rechnet mit 300 Demonstranten

Julian Höfner von der Initiative "Kein Hektar mehr" will das nicht so recht glauben. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass Benkert die genehmigte Fläche von 9,8 Hektar roden will. "Er war dafür auch das ganze Jahr aktiv, um diese zu bekommen. Dass er jetzt nicht roden möchte, klingt unglaubwürdig", ist der Aktivist von "Kein Hektar mehr" überzeugt. Zumal jetzt alle Ausgleichsflächen genehmigt seien und im Oktober wieder die Rodungszeit beginne. 

Sorgenvoller Blick gen Mädelhofen

Und wie ist die Stimmung in Thüngersheim? "Die Meinungen sind gespalten", so Höfner. Manche hätten resigniert, andere würden den Rodungen noch immer kritisch gegenüber stehen. Mit gut 300 Demonstranten rechnet er am 27. September.

Es gibt aber auch andere Stimmen. Während der Berichterstattung dieser Redaktion über die Rodungen in Thüngersheim wiesen Leser in Zuschriften und Online-Kommentaren darauf hin, dass der heimischen Muschelkalk ein wichtiger regionaler Baustoff sei. "Ja, wir brauchen diese Rohstoffe", sagt auch Höfner. Aber, "die Baustoffe müssen sinnvoll eingesetzt werden", fordert er. "Es darf nicht sein, dass uns der unglaubliche Bauboom die ganzen Wälder wegfrisst." Die Initiative "Kein Hektar mehr" denkt dabei auch an Mädelhofen, wo vielleicht mit der nächsten Steinbrucherweiterung zu rechnen sei. Auch hier könnten Waldflächen gerodet werden, fürchtet Höfner.

Mahnwache in Thüngersheim
Unter dem Motto "Rodungen stoppen, Klima schützen" steht die einwöchige Mahnwache in Thüngersheim. Sie beginnt mit einer Demonstration am Freitag, 27. September um 14.30 Uhr am Stutel vor dem Tor des Steinbruchs der Firma Benkert. Im Anschluss beginnt die Mahnwache auf dem Schwimmbadparkplatz. Um 20 Uhr startet das Willkommensplenum. In der Woche darauf folgen zahlreiche Aktionen. Darunter ein Waldspaziergang am Sonntag, 29. September um 10 Uhr, Waldbaden und Baummeditation am Montag, 30. September ab 10 Uhr und Yoga am Donnerstag, 3. Oktober um 13 Uhr. Weitere Informationen unter www.facebook.com/keinhamehr
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Thüngersheim
Thomas Fritz
Aktivistinnen und Aktivisten
Baustoffe
Demonstranten
Demonstrationen
Eberhard Nuß
Gerät
Kritik
Kritiker
Mädelhofen
Wald und Waldgebiete
Öffentliche Behörden
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • georg-ries@web.de
    Lieber Herr Benkert, nicht klein beigeben, auch wenn Herr Fritz wieder mal die Werbetrommel rührt. Alle wollen bauen, dazu werden Rohstoffe gebraucht. Die muss man da abbauen, wo es sie gibt. Es wird mit alternativen Fakten gearbeitet auf Seiten der Gegner, das ist echt unmöglich! Und von Herrn Fritz wirds unterstützt!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten