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Rüdenhausen
Ukraine-Krieg und gestörte Lieferketten: Warum mainfränkisches Bier teurer wird
Steigende Energie- und Rohstoffpreise machen den mainfränkischen Privatbrauereien Sorgen. Es gibt aber auch Grund zu Optimismus.
In der kleinen Brauerei Wolf in Rüdenhausen wird Bier noch nach alter Handwerkstradition gebraut und das meiste davon im eigenen Gasthof getrunken. Im Bild (von links) die Brauerei-Chefs Jacob Pritzl, Dietrich Oechsner, Peter Michael Himmel, Martin Rank, Karl Wolf und Karl-Heinz Pritzl.
Foto: Gerhard Meißner | In der kleinen Brauerei Wolf in Rüdenhausen wird Bier noch nach alter Handwerkstradition gebraut und das meiste davon im eigenen Gasthof getrunken.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:04 Uhr

Traditionell ist der "Tag des Bieres" am 23. April für die Brauereien ein Tag zum Feiern. Doch nach feiern ist den Privatbrauern aus der Region schon länger nicht mehr zumute. Nach zwei Jahren Pandemie, in denen Wirtshäuser geschlossen und zahllose Veranstaltungen abgesagt werden mussten, verderben nun hohe Energie- und Rohstoffpreise die Laune - und die offene Frage, wie weit die Verbraucher die nötigen Preiserhöhungen akzeptieren wollen. Die Stimmung der Brauerei-Chefs beim Treffen in der Brauereigaststätte Wolf in Rüdenhausen ist deshalb eher gedämpft.

Peter Michael Himmel von der Brauerei Kesselring in Marktsteft sitzt am Tisch mit den Inhabern der beiden Ochsenfurter Brauereien, Karl-Heinz und Jacob Pritzl von der Kauzen-Bräu und Dietrich Oechsner von der Oechsner-Brauerei, mit Martin Rank von der Brauerei Düll in Gnodstadt und mit dem Hausherrn Karl Wolf. Um die Gunst der Biertrinker stehen die Brauereien normalerweise im Wettbewerb, was sie jedoch eint, sind die aktuellen Probleme. "Wir hatten gedacht, dass wir endlich wieder ein normales Jahr haben werden", sagt der Seniorchef der Kauzen-Bräu, Karl-Heinz Pritzl, "jetzt ist uns der Ukraine-Krieg dazwischen gekommen."

Welche Auswirkungen der Ukraine-Krieg hat

Die Privatbrauer setzen auf Regionalität und haben Erfolg damit. "Gerade in der Pandemie ist die Wertschätzung für regionales Bier deutlich größer geworden", sagt Peter Michael Himmel. Auch die Braugerste stammt aus regionalem Anbau. Doch der Preis werde von den internationalen Märkten beeinflusst, sagt Karl-Heinz Pritzl – und sei deshalb seit Beginn des Kriegs in der Ukraine in die Höhe geschnellt,weil das Land weltweit zu den größten Getreideexporteuren zählt. Hinzu komme, dass zur Herstellung von Braumalz viel Energie nötig ist, die sich durch den Krieg ebenfalls erheblich verteuert hat. Der Preis für eine Tonne Malz sei deshalb von knapp 400 Euro vor Corona inzwischen auf 650 bis 700 Euro gestiegen.

Obwohl regionales Bier vorwiegend regional getrunken wird, macht sich der Exportstopp nach Russland auch für die hiesigen Privatbrauereien bemerkbar. "Für die Großbrauereien waren Russland  und die Ukraine ein wichtiger Markt", sagt Karl-Heinz Pritzl. Nach Angaben des Bayerischen Brauerbundes seien bisher 17 Prozent des bayerischen Bierexports in die beiden Länder gegangen. "Das Bier, das sie dorthin nicht mehr verkaufen können, drückt jetzt auf den inländischen Markt", so Pritzl weiter.

Wie die Brauereien noch immer unter gestörten Lieferketten leiden

"Es gibt nichts, was nicht knapp wird", sagt Jacob Pritzl. Kronkorken, Gläser, Hilfsstoffe und sogar der Leim für die Etiketten seien inzwischen zu einem raren und damit teuren Gut geworden. "Das geht durch alles hindurch, was wir brauchen", bestätigt Dietrich Oechsner. "Bierdeckel kosten heute 30 Prozent mehr als vor einem Jahr", sagt Peter Michael Himmel. "Wenn du dich darüber beschwerst, sagt man dir, du kannst den Auftrag ja auch stornieren", ergänzt Karl-Heinz Pritzl.

Doch nicht nur Rohstoffe und Verbrauchsmaterialen sind betroffen, auch bei Investitionsgütern gibt es Engpässe. "Wir haben letztes Jahr eine neue Steuerung gekauft und können sie nicht in Betrieb nehmen, weil wegen des Chipmangels noch immer ein Bauteil fehlt", sagt Jacob Pritzl. Und für einen Lkw, den die Brauerei im vergangenen Herbst bestellt hat, sei die Lieferzeit nachträglich von einem halben auf ein ganzes Jahr verlängert worden. Selbst Handwerker zu bekommen, sei inzwischen schwierig geworden, ergänzt Karl-Heinz Pritzl. Zum Glück würden die Brauer dabei von ihren langjährigen und vertrauensvollen Beziehungen zu örtlichen Unternehmen profitieren.

Um wieviel das Bier teurer wird

"Es wird schwierig, die gestiegenen Kosten an die Verbraucher weiterzugeben", sagt Peter Michael Himmel. Um durchschnittlich fünf Prozent haben die regionalen Brauereien ihre Preise in den vergangenen Monaten bereits erhöht. "Eigentlich müssten wir die nächste Bierpreiserhöhung jetzt schon ankündigen", so Himmel. Fraglich bleibt, wie die Verbraucher auf einen erneuten Preisanstieg reagieren. "Auch die Wirte müssen die höheren Kosten wieder reinholen", gibt Dietrich Oechsner zu bedenken.

In den Gasthäusern habe die Corona-Pandemie nachhaltig Spuren hinterlassen, sagt Martin Rank, dessen Bier fast ausschließlich in der eigenen Brauereiwirtschaft in Gnodstadt getrunken wird. "Die Stammtische waren komplett tot", so Rank. "Die Leute haben sich dran gewöhnt, zu Hause zu bleiben", sagt Jacob Pritzl. Auf den Absatz von Flaschenbier hatte dies durchaus einen positiven Effekt. "Aber der Zuwachs macht nur einen Bruchteil von dem aus, was wir beim Fassbier verloren haben", meint Peter Michael Himmel.

Worauf die Privatbrauereien ihre Hoffnung setzen

"Es scheint wieder eine Saison mit Festen zu geben", hofft Karl-Heinz Pritzl. Das bestätigt auch Dietrich Oechsner: "Man merkt eine Aufbruchstimmung bei Veranstaltern und bei Kunden." Nach Einschätzung von Peter Michael Himmel, hat sich die regionale Karte, die Privatbrauereien seit Jahren spielen, erneut als Trumpf erwiesen. Dabei profitiere die hiesige Brauwirtschaft inzwischen auch stark vom Tourismus und habe es geschafft, Mainfranken neben dem Wein als Biergegend bekannt zu machen. "Wir bekommen Anfragen aus Regionen, wo wir früher überhaupt nicht dran gedacht hätten, Bier zu verkaufen", sagt Himmel.

Es gibt also doch Gründe für vorsichtigen Optimismus. "Wir hoffen, aber wir wissen es nicht", sagt Karl-Heinz Pritzl und fügt scherzhaft hinzu: "Da sind wir froh, dass wir mit Bier ein positives Produkt haben, das optimistisch macht, wenn du ein paar davon trinkst."

Tag des Bieres

Der "Tag des Bieres" am 23. April erinnert an die Verkündung des Reinheitsgebots durch Bayernherzog Wilhelm IV. am 23. April 1516. Es schreibt vor, dass zum Bierbrauen nur Malz, Hopfen, Wasser und Hefe verwendet werden darf und gilt als ältestes noch gültiges Verbraucherschutzgesetz.
Quelle: meg
 
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  • Meinungsvertreter
    Statt mit feuchten Augen auf steigende Butter- und Bierpreise zu schauen, sollten wir lieber mal realisieren, dass unser Wohlstand hauptsächlich auf viel zu günstigen Importen von Rohstoffen und Energie beruht. Ökonomisch ist es sinnvoll, dort zu produzieren, wo Rohstoffe und Energie günstig sind. Und wir wissen, was das für uns bedeutet - nämlich nicht (nur), dass die Kiste Bier teurer wird. Muttern hätte gesagt: Jung, du lebst über deinen Verhältnissen!
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  • klafie
    tja, das wird wohl lange nicht die fahnenstange mit dem "teurer" werden. egal ob bier, lebensmittel, klamotten, besonders auch benzin und öl haben in den letzten wochen höhen gezeigt, wo man nur mit den ohren schlackern konnte. hinzu kommt ja auch noch china mit dem verbot von lieferungen/ausfuhr von gütern zwecks angeblich ihrer so hohen coronainfizenz. todgesagte städte, chang hy kein auto, kein mensch, wie weit soll das noch führen? denke mal die welt ist momentan so weit, dass es bald einen kolabs in der menschheit gibt, der ungeahnte maße trifft. ende der menschheit absehbar? bilder im 1. haben heute wieder gezeigt, wie ohnmächtig der mensch ist ob ukraine oder corona. der mensch kommt halt so langsam an seine grenzen. apokalypse pur?
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  • Lebenhan1965
    Wenn Genussmittel

    wie Bier und Wein teurer werden ist das per se nicht schlecht.

    Schließlich soll gegen Durst Wasser getrunken werden und diese Mittel zum Genuss und da reicht auch eine kleine Menge pro Tag. Und die kann sich noch fast jeder leisten.

    Fürs Gesundheitssystem ist es auch gut, wenn weniger Alkohol konsumiert wird.
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  • Arcus
    Was uns Putin da eingeschenkt hat, betrifft noch nur die Brauereien. Es gibt keine Branche, die davon nicht betroffen ist. Umso weniger ist zu verstehen, dass es im Land immer noch Menschen gibt, die Verständnis bis hin zu Sympathie für Putin zeigen.
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  • Barbara
    man könnte den Anschein bekommen, dass Bier ein lebenswichtiges Nahrungsmittel ist....wenn die se Menschen keine anderen Probleme haben ?
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  • Horst R
    Bier soll teurer werden, Wein soll teurer werden, alles soll teurer werden.
    Liebe Bierbrauer, liebe Winzer, denkt dran, was ihr produziert sind Genuss Produkte und die braucht man bei der aktuellen Kriese nicht unbedingt.
    Ich denke ihr macht euch mit der Preiserhöhung selbst kaputt...
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  • rasputin32
    Seit Jahren wird schon gejammert und Preiserhöhungen angekündigt, sogar das Kartellamt hat wegen Preisabsprachen nachgeforscht.
    Und immer noch gibt es den Kasten Pils um die 10 Euro.
    Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bier vom Schloßberg oder von der Nordsee kommt.
    Macht weiter so.
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  • Mainkommentar
    "Es gibt nichts, was nicht knapp wird". Arbeitet eigentlich noch jemand in Deutschland oder in einem anderen Land der der Welt in irgendeiner Produktion für irgendwelche Produkte? Oder sind alle in einen 1000 jährigen Anti Produktionsschlaf gefallen?
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  • Barbara
    mal ehrlich....die Politiker schieben doch seit Kriegsbeginn das ganze Desaster auf den Ukrainekrieg....in Wirklichkeit war die Preiserhöhung in allen Bereichen längst angekommen
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