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Mein Bier schmeckt besser
In Konkurrenz vereint: Karl-Heinz Pritzl (links) und Dietrich Oechsner stehen für zwei traditionsreiche Ochsenfurter Privatbrauereien. Berührungsängste gibt es für die beiden Wettbewerber nicht.
Foto: GERHARD MEISSNER | In Konkurrenz vereint: Karl-Heinz Pritzl (links) und Dietrich Oechsner stehen für zwei traditionsreiche Ochsenfurter Privatbrauereien. Berührungsängste gibt es für die beiden Wettbewerber nicht.
Von unserem Redaktionsmitglied GERHARD MEISSNER
 |  aktualisiert: 27.04.2016 03:29 Uhr

Zwei traditionsreiche Privatbrauereien sind eine Besonderheit Ochsenfurts. Zum 500. Geburtstag des Reinheitsgebots erzählen Karl-Heinz Pritzl von der Kauzen-Brauerei und Dietrich Oechsner von der Oechsner-Brauerei, wie sie mit der Konkurrenz-Situation umgehen und wie zeitgemäß das Reinheitsgebot heute noch ist.

Frage: Es ist ja ungewöhnlich, dass es in einer unterfränkischen Kleinstadt gleich zwei Brauereien gibt. Wie lästig ist Ihnen dieser Wettbewerb?

Karl-Heinz Pritzl: Wir haben uns arrangiert und respektieren uns gegenseitig. Für den Konsumenten ist es schön, dass es Wettbewerber gibt. Du wirst oft genug ausgespielt. Da heißt's: Für unsere Veranstaltung brauchen wir Freibier und vom Dietrich Oechsner haben wir fünf Kisten gekriegt. Aber der Wettbewerb hält dich auch mehr auf Trab. Du musst dich vor Ort mehr bemühen.

Dietrich Oechsner: Und es ist auch so, dass beide Brauereien seit über 200 Jahren in Ochsenfurt sind. Aber klar, Wettbewerb spornt an, und er hält auch wachsam gegenüber den Konzernen und Großbrauereien.

Also merkt man dem Ochsenfurter Bier an, dass es unter einem besonderem Wettbewerbsdruck entstanden ist, was die Qualität angeht?

Oechsner: Das wäre zu weit hergeholt. Man merkt den Ochsenfurter Bieren an, dass sie ausgezeichnet sind. Und das ist die beste Abwehr gegen weltweit agierende Braukonzerne.

Was ist an dem Bier, das die machen, anders?

Pritzl: Wir machen Bier für die hiesige Bevölkerung. Es gibt ja den schönen Spruch: Wo der Wein gut ist, muss das Bier besser sein. Die Ansprüche eines Weintrinkers an ein Bier sind viel höher. Die Frische, die Hopfenbetonung, muss ganz anders ausgeprägt sein als bei einem Bier, das in Flensburg und Garmisch den gleichen Massengeschmack erreichen muss. Das Bier für die Region kannst du nur hier brauen.

Das heißt, ein Ochsenfurter Bier käme in anderen Landesteilen gar nicht an?

Pritzl: Nicht zwingend. Es ist halt kein Massengeschmack, kein Krombacher oder Warsteiner.

Oechsner: Und Bier ist nach wie vor ein Frischeprodukt. Kurze Wege bedeuten frisches Bier. Und frisches Bier ist besseres Bier.

Zunehmend machen der privaten Brauwirtschaft auch die Billigbiere im Discounter zu schaffen. Was unterscheidet solche Biere von einem handwerklich gemachten Produkt?

Pritzl: Es sind zum einen die billigeren Rohstoffe, die im Großen eingekauft werden. Es sind die Bierfabriken wie etwa in Frankfurt /Oder, . . .

Oechsner: . . . die zum Teil mit Subventionen gebaut wurden.

Pritzl: Dort wird das Bier im Schnellverfahren produziert. Das kann letztlich gar nicht die Qualität haben. Es ist natürlich trinkbar, wenn es kalt ist . . .

Oechnser: . . . eiskalt. Die gleiche Frage ist, warum Sie zum Italiener gehen und dort eine Pizza essen. Eine Tiefkühlpizza tut's auch und ist viel billiger. Wir lassen uns Zeit und brauen handwerklich.

Apropos Zeit: Wie lange dauert es, um ein gutes Bier zu brauen, vom Sudhaus bis zur Flasche?

Oechsner: Das ist ganz einfach: sieben Wochen in der Brauerei, sieben Minuten von der Bestellung im Gasthaus bis zur Lieferung und sieben Sekunden zum Trinken.

Für gut Trainierte mag Letzteres zutreffen. Aber wie schmeckt denn überhaupt ein gutes fränkisches Bier?

Pritzl: Sie können über nichts mehr streiten als über Geschmack. Die Frage ist nicht zu beantworten. Man kann natürlich sagen, es muss so schmecken wie mein Bier, oder wie seines. Der eine will es etwas hopfenbetonter, der andere will es etwas süßer.

Pils ist hierzulande ja die Nummer eins.

Pritzl: In Unterfranken ja, aber das liegt eben auch an der Weingegend, wo man schlanke, gehopftere Biere bevorzugt und nicht das kräftig-süße.

Oechnser: Das hört schon in Uffenheim auf. Weiter raus ist Hellbier-Gegend.

Gibt es etwas, was Ochsenfurter Bier von anderen hiesigen Bieren unterscheidet?

Pritzl: (lacht) Es ist besser.

Oechsner: Es ist spritzig, es ist frisch, es hat kurze Wege hinter sich, es ist handwerklich gebraut. Es ist für die Menschen hier gebraut. Und deshalb trifft's ihren Geschmack.

Viele mittelständische Brauereien haben in den letzten Jahrzehnten geschlossen. Dafür gibt es immer mehr Haus- und Kleinstbrauereien.

Oechsner: Man hat in Deutschland die Konzentration auf die wirklich Großen. Fünf Prozent der Brauereien machen 80 Prozent der Biermenge. Und auf der anderen Seite sind die Kleinstbrauereien entstanden.

Pritzl: Die sind für uns natürlich auch eine Konkurrenz, weil das Biere sind, die auch individuell gebraut sind. Der Preiswettbewerb im Handel mit den Konzern- und Billigbieren ist für uns aber der gefährlichere.

Oechnser: Wobei der Verbraucher insgesamt offener ist für Neues. Wir sehen da auch Chancen. Heimat und Region sind wieder viel wert. Das war vor 20 Jahren noch anders. Da konnte die Welt nicht groß genug sein.

Profitieren die Privatbrauereien nicht auch von der Fernsehwerbung der Braukonzerne.

Oechsner: Die Werbeausgaben der Brauwirtschaft steigen insgesamt, es wird aber nicht mehr Bier getrunken. Die Zuwächse kommen über den Export.

Und da sind Sie ja eher schwach repräsentiert.

Pritzl: Das Exportgeschäft ist für die Großbrauereien leichter, weil sie die Fachleute haben. Wir müssen alles selber machen, das ist beschwerlich . . .

Oechnser: . . . aber nicht unmöglich.

Wie hoch ist Ihre Exportanteil?

Pritzl: Umsatzmäßig ungefähr fünf Prozent.

Oechsner: Die Musik spielt hier. Hier haben wir die Nähe zur Kundschaft, den direkten Brauerei-Service, der uns auch im Wettbewerb von den Konzernen abhebt.

In welche Länder exportieren Sie?

Pritzl: Nach Italien, die Niederlande und Weißbier nach China, wobei dieses Geschäft im Moment etwas stockt.

Oechsner: Wir liefern nach Italien, Frankreich und Großbritannien. Wenn man vor Ort jemand hat, der sich für das Haus engagiert, lässt sich schon was bewegen.

Zum Thema Werbung. Es gibt ja Leute, die fordern, dass Werbung für Alkohol genauso verboten wird wie Tabakwerbung. Wie stehen Sie als Brauer dazu?

Oechsner: Weniger Werbung bedeutet nicht weniger Alkoholmissbrauch. Wer Alkohol missbraucht, lässt sich durch Werbung nicht beeinflussen. Bier hat im Vergleich zu anderen Alkoholika den geringsten Alkoholgehalt. Deshalb können wir diese Argumentation nicht nachvollziehen. Im Gegenteil: Bier steht für Genuss und hat durchaus positive Eigenschaften auf die Gesundheit, wenn man Maß hält. Alles was übermäßig ist, ist schlecht. Mit der Gängelei der Verbraucher sind wir auf dem Weg zum Nanny-Staat.

Pritzl: Das stimmt genau. Ich hätte es noch drastischer gesagt. Das ist das Typische, dass man den erwachsenen Menschen gar nichts mehr zutraut und alles regeln will.

Regeln gab's früher schon. Siehe Reinheitsgebot.

Oechsner: Das hat man damals erlassen, weil im Mittelalter Dinge zum Bierbrauen verwendet hat, die den Menschen nicht bekommen sind, etwa Bilsenkraut, das heute unter das Betäubungsmittelgesetz fallen würde, oder Rindergalle anstelle von Hopfen.

Pritzl: Ein Ziel war, den Weizen fürs Brotbacken zu schützen. Deshalb hat man die Gerste genommen.

An Rindergalle oder Bilsenkraut würde heute niemand mehr denken. Andererseits sehen Kritiker im Reinheitsgebot ein Gesetz, das den Wettbewerb und die Kreativität der Brauer behindert. Ist es denn nach 500 Jahren noch zeitgemäß?

Pritzl: Es sind die süßesten Früchte an denen die Wespen nagen. Fragen Sie mal die fränkischen Winzer. Die wären froh, sie hätten ein Reinheitsgebot. Alles was erfolgreich ist, wird attackiert. Da kann man sich wichtig machen. Wenn jemand Schokolade oder was weiß ich reintun will, dann darf er das ja manchen, aber es ist halt kein Bier mehr. Gerade durch das Jubiläum bekommt man viel Aufmerksamkeit, wenn man das Reinheitsgebot angreift und schlecht macht.

Wenn sich ein Gesetz, nach dem man die unterschiedlichsten Biere brauen kann, sich so lange bewährt hat, warum soll man das aufgeben.

Oechsner: Wenn ich sehe, welche Rohstoffe wir nehmen können, die Vielzahl der Malze, und des Hopfens, die Vielzahl der Hefen. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, Bier zu brauen. Da ist es falsch zu sagen, das Reinheitsgebot engt ein. Im Gegenteil: Das Reinheitsgebot ist Garant dafür, dass der Verbraucher immer ein gutes, reines Bier kauft, ohne Chemie. Ich sehe die Diskussion ums Reinheitsgebot positiv. Das zeigt, dass sich die Menschen damit beschäftigen. Natürlich gibt es Dinge, die im Moment hip sind. Aber es gibt für mich kein vernünftiges Argument, zum Beispiel mit Chili Bier zu brauen.

Pritzl: Aber du kriegst natürlich die Aufmerksamkeit, wenn du sagst, ich brau' jetzt Chili-Bier.

Welche Bedeutung haben ihre Brauereien denn für Ochsenfurt und die Region.

Pritzl: Die ist schon groß. Unsere Mitarbeiter kommen von hier. Wir geben den örtlichen Handwerkern Arbeit. Und das meiste Geld, das hier verdient wird, wird auch hier wieder ausgegeben.

Oechsner: Und besonders wichtig ist, dass das, was aus Ochsenfurt hinausgeht, auch wieder zurückkommt, weil Ochsenfurt in unserer Gegend als Bierstadt angesehen wird.

Herr Pritzl, wie oft trinken Sie Oechsner-Bier?

Pritzl: Auf jeden Fall beim Bratwurstfest. Und bei anderen Veranstaltungen sind, bei denen Oechnser-Bier ausgeschenkt wird.

Also keinerlei Berührungsängste?

Pritzl: Nein, ich trinke auch immer demonstrativ ein Bier, weil die Leute sehen sollen, dass man gerne Bier trinkt.

Die gleiche Frage an Sie, Herr Oechsner: Wie oft trinken Sie Kauzen-Bier?

Oechsner: Zum Beispiel beim Bratwurstfest, und immer, wenn es sich ergibt und ich irgendwo eingeladen bin. Wir sind zwei Brauereien am Ort und es ist ja auch wichtig zu wissen, was der Wettbewerber macht und wie sein Bier schmeckt.

Aber jetzt natürlich die entscheidende Frage: Welches Bier ist denn nun das bessere?

Pritzl: Das hab ich doch schon gesagt: unseres. Und jetzt fragen Sie noch den Herrn Oechsner.

Oechsner: Natürlich unseres, das ist doch ganz einfach.

 
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