Einer badet drin, ein anderer bietet die Maß "to go", ein dritter rechnet damit, demnächst viele Hektoliter in den Kanal schütten zu müssen - die Frage eint alle Bierbrauer der Gegend: Wohin mit dem Fassbier, das während des Lockdowns nicht verkauft werden konnte und dessen Mindesthaltbarkeitsdatum in den nächsten Wochen ablaufen wird?
Am vergangenen Freitag Nachmittag hat die Oechsner-Brauerei in Ochsenfurt ihre Bier-Tankstelle eröffnet. In mitgebrachte Gefäße konnten Kunden ihr Bier zapfen lassen. Natürlich nur zum Mitnehmen. Wohl auch wegen des kühlen Wetters fiel die Resonanz bescheiden aus. Am kommenden Freitag will Brauerei-Chef Dietrich Oechsner die Aktion wiederholen. Die Bestände werden sich dadurch nicht nennenswert verringern lassen.
Wie viel Fassbier er noch auf Lager hat? "Mehr als genug", antwortet Dietrich Oechsner lakonisch. Abgefüllt wurde es Ende Oktober, kurz vor der Zwangsschließung der Gastronomie. Wie die meisten handwerklichen Privatbrauereien garantiert Oechsner seinen Kunden eine Mindesthaltbarkeit von sechs Monaten. Die seien in ein paar Wochen um, das Bier danach nicht mehr verkäuflich. "Ich weiß zwar, dass unsere Biere auch nach Ende des Mindeshaltbarkeitsdatums noch gut sind, aber unsere Kunden sollen ein gutes Gefühl haben, wenn sie es trinken", sagt Dietrich Oechsner.
Peter-Michael Himmel hat vor wenigen Tagen mit einem originellen Foto in den sozialen Netzwerken auf die Misere aufmerksam gemacht. Dafür stieg der Chef der Kesselring-Brauerei in Marktsteft in der Badehose in ein Planschbecken voll schäumenden Gerstensafts. Der Ehrlichkeit halber: Das Bier war auf erträgliche 20 Grad vorgewärmt.
Drei Hektoliter Pils hat Himmel für die Aktion geopfert, ein verschwindend kleiner Anteil dessen, was die Brauerei derzeit auf Lager habe. Im Oktober waren zuletzt Fässer gefüllt worden, seit Anfang November haben allenfalls eine Handvoll kleiner Zehn-Liter-Gebinde für den Hausgebrauch die Brauerei verlassen, erzählt Himmel. Erst recht nicht die ausschließlich für die Wirtshäuser und Feste bestimmten 30- und 50-Liter-Fässer. Normalerweise habe Fassbier einen Anteil am Ausstoß zwischen 25 und 30 Prozent.
Großbrauereien hätten dieses Absatzproblem nicht, so der Brauerei-Chef. In der Regel würden Biere dort pasteurisiert und bleiben deshalb länger haltbar. "Dabei gehen aber auch Geschmacksstoffe verloren", so Himmel, "das ist nicht unser Anspruch." Auf der Suche nach einer Verwertungsmöglichkeit hat er deshalb bereits Kontakt zu einer Brennerei aufgenommen, die Bier zu einem Bierbrand destillieren will. Doch gerade für diesen Zweck sei das beliebte Pils aufgrund seiner Bitterstoffe am wenigsten geeignet. "Brenner wollen malzige, alkoholreiche Bier wie den Bock", sagt Peter-Michael Himmel.
Auch für Karl-Heinz Pritzl, Chef der Ochsenfurter Kauzen Bräu, ist die Destillation keine Alternative, obwohl die Kauzen-Brauerei sogar über eine eigene Brennerei verfügt. Dort dürfen pro Jahr 300 Liter Alkohol gewonnen werden. Diese Menge reiche gerade aus für den Whisky, den Kauzen seit ein paar Jahren mit Erfolg produziert. Die Maische dafür werde eigens eingebraut.
Warum das Fassbier dann nicht verschenken? Da macht die Steuergesetzgebung den Brauern einen Strich durch die Rechnung, sagt Karl-Heinz Pritzl. "Jeder Liter, der die Brauerei verlässt, muss versteuert werden." Aktuell beträgt die Biersteuer 7,50 Euro pro Hektoliter. Wenn er das Bier verschenkt, müsse er also noch draufzahlen. "Es ist schon sehr bitter, aber wir werden wohl viel vernichten müssen", sagt Pritzl deshalb.
"Alles Bier in den Kanal kippen zu müssen, ist die schlimmste Alternative", sagt Peter-Michael Himmel und will deshalb die Suche nach einer anderen Verwertung noch nicht aufgeben. Karl-Heinz Pritzl hofft darauf, dass die Corona-Inzidenzwerte niedrig bleiben und die Außengastronomie in zwei Wochen öffnen darf. Dann könnte wenigstens ein Teil des gelagerten Biers noch vor Ende der Mindesthaltbarkeit bestimmungsgemäß verbraucht werden.
Damit rollt aber gleich ein neues Problem auf die Brauereien zu. In vielen Gasthäusern stehen noch volle Fässer, die erst noch geleert werden müssen oder möglicherweise bereits abgelaufen sind und deshalb an die Brauereien zurückgeben werden. Zur Rücknahme sei er nicht verpflichtet, sagt Peter-Michael Himmel. Aber die persönlichen Kontakte zu den Gastwirten seien eng und vertrauensvoll, die Rücknahme deshalb kein Thema. "Wir werden in jedem Fall faire Lösungen finden", so Himmel.
Den staatlichen Umgang mit der Gastronomie kritisieren Karl-Heinz-Pritzl und Dietrich Oechsner gleichermaßen. "Ich finde es unverhältnismäßig dass die Außengastromonie geschlossen wurde, obwohl es sich dort, anders als am Würzburger Mainufer, um einen kontrollierten Raum handelt und es nachweislich kaum zu Ansteckungen gekommen ist", sagt Oechsner. "Die Gastronomie wurde sehr schlecht behandelt, obwohl sie gute Hygienekonzepte hatte", meint Pritzl.
Deshalb will Karl-Heinz Pritzl die Vorbereitung auf die Biergarten-Saison erst mal verhalten angehen - "weil man nichts genaues weiß." In den Tanks liege genug Bier, um kurzfristig auf die Nachfrage nach Fassbier reagieren zu können, sagt auch Peter-Michael Himmel. Dabei geht er davon aus, dass der Run ohnehin ausbleiben wird. Die meisten Gastwirte würden vermutlich zunächst bevorzugt Flaschenbier verkaufen, weil sie nicht riskieren wollen, bei einer erneuten Schließung wieder auf ihren halbvollen Fässern sitzen zu bleiben.
wenig wie ein nochmals aufgearbeitetes bier. weiß auch gar nicht, ob das den brauvorschriften rechnung trüge.
bayern haben wir ja noch gott sei dank das reinheitsgebot!
3 x 1000 = 3000 oder? Es war ja auch nur eine geschätzte summe!
ganz meiner meinung
aufhören mit dem jammern auf hohem niveau! es gibt möglichkeiten, das bier noch einmal im prozess aufzunehmen und aufzubereiten, ohne zu pfuschen, mogeln oder panschen!
so wäre es nicht für den gully. das ändert aber natürlich nichts am fehlenden absatz. hier wäre der kunde gefragt. wobei man auch niemanden zum saufen zwingen kann und sollte.
brennen wäre noch eine möglichkeit. uns wenns nur des alkohls wegen wäre.
mit der notwendigkeit der vernichtung zu "drohen" sehe ich als falsch an!
zwischen 2,5 und 3 euro, das nur mal 1000 gerechnet gebe schon einen verlust von 2.500 - 3000 euro. und dann noch die vielen hektoliter, die weggeschüttet werden oder anderweitig verbraucht, ergäbe sich dies eine unvorstellbare summe, was allein in der berufssparte der brauer verloren gegangen ist. wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt?
so singt man in einem faschingslied! wie kann dies die politik jemals wieder gut machen?