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Würzburg
Trauer, Kerzen und Tränen nach dem tödlichen Messerangriff in Würzburg: Türsteher und Freunde sind fassungslos
Die Trauer in Würzburg ist groß. Ein 28-Jähriger verlor bei einer Messerattacke sein Leben. Was die Türsteher des Clubs, in dem er Stammgast war, von der Nacht berichten.
Am Sonntagabend haben sich zahlreiche Menschen am Haugerkirchplatz in Würzburg versammelt, um Abschied von ihrem Freund, Familienmitglied und Bekannten zu nehmen.
Foto: Silvia Gralla | Am Sonntagabend haben sich zahlreiche Menschen am Haugerkirchplatz in Würzburg versammelt, um Abschied von ihrem Freund, Familienmitglied und Bekannten zu nehmen.
Gina Thiel
 |  aktualisiert: 21.09.2023 02:59 Uhr

Der Kreisverkehr vor Stift Haug ist zum Trauerplatz geworden. Blumen, Kerzen und ein kleiner Teddybär markieren hier in der Würzburger Innenstadt die Stelle, an der wenige Stunden zuvor ein junger Mann durch eine Messerattacke sein Leben verlor und zwei weitere Personen schwer verletzt wurden. Am Sonntagabend stehen mehrere Menschen an einem Bauzaun, klopfen sich ermutigend auf die Schulter oder halten sich in den Armen.

Die Menschengruppe teilt sich, vier Personen laufen auf den Kreisverkehr zu. Sie haben Sonnenblumen in der Hand, knien sich auf den Bordstein, halten inne, weinen. Immer mehr Menschen kommen am Trauerort dazu, begrüßen einander mit langen Umarmungen. Und versuchen, das Geschehene gemeinsam zu verarbeiten. 

Das Einsatzfahrzeug der Feuerwehr, das auf der anderen Seite des Kreisverkehrs steht, scheinen die Trauernden nicht zu beachten. Feuerwehrleute steigen aus, bewässern den Gehweg und beseitigen mit großen Kehrbesen beinah routinemäßig die restlichen Spuren der Tatnacht. 

An der Tür abgewiesen: Messerangreifer war vor der Tat nicht im Club

Während vor Stift Haug die ersten Kerzen angezündet werden und die Sonne langsam untergeht, sitzen im Hof des nahen Bürgerspitals mehrere Türsteher des Clubs "Studio" an einem Tisch zusammen – auch sie lassen die Ereignisse der Nacht Revue passieren. Zwei von ihnen haben die Tat unmittelbar erlebt.

"Es ist alles so schnell passiert. Das waren nur wenige Sekunden, und dann war er schon weg", erinnert sich einer der beiden. Der mutmaßliche Täter habe auf der Straße unvermittelt plötzlich eine junge Frau angegriffen und ins Gesicht geschlagen. Als Passantinnen und Passanten, darunter auch Gäste des Clubs, ihr zur Hilfe eilten, habe der 22-Jährige ein Messer gezückt. Die beiden Türsteher sehen, wie er drei Personen mit Stichen und Schnitten schwer verletzt – und dann flieht. 

Seinem Kollegen fällt es wesentlicher schwerer, Worte für das zu finden, was in der Nacht zum Sonntag passiert ist. Auch er war an dem Abend im Dienst und hat die Tat miterlebt. Er hat die Hände auf dem Tisch gefaltet, den Blick gesenkt und schweigt. Bis das Gespräch auf den mutmaßlichen Täter fällt und die Frage im Raum steht, ob er in der Nacht Gast im Club war.

"Nein, wir haben ihn definitiv nicht reingelassen", sind sich die Türsteher einig. Die Überwachungsvideos aus dem Club, die aktuell der Polizei vorliegen, würden dies beweisen. Warum sie dem 22-Jährigen den Zutritt verweigert haben? Bei dieser Frage herrscht Stille am Tisch, keiner sagt etwas. Erst bei wiederholter Nachfrage ergreift der schweigsame Türsteher das Wort. "Wer sich so verhält, kommt bei uns nicht rein. Er war schon vorher aufmüpfig", sagt er - leicht aufgebracht und mit Tränen in den Augen. 

Trauer am Kreisverkehr: Am Sonntagabend versammeln sich mehrere Menschen in der Würzburger Innenstadt, um Kerzen und Blumen am Tatort niederzulegen.
Foto: Silvia Gralla | Trauer am Kreisverkehr: Am Sonntagabend versammeln sich mehrere Menschen in der Würzburger Innenstadt, um Kerzen und Blumen am Tatort niederzulegen.

Es sei häufig eine Entscheidung aus dem Bauch heraus, die man aufgrund jahrelanger Erfahrung treffe, wirft "Studio"-Geschäftsführer Christian Reitlinger ein. Rational erklären könne man solche Entscheidungen kaum. Beim Treffen im Bürgerspital wirkt er ruhig und versichert seinen Mitarbeitern, dass sie richtig gehandelt hätten. Er würde auch hinter ihnen stehen, wenn sie den 22-Jährigen nicht abgewiesen hätten, versichert er den Türstehern.

Freundinnen und Freunde organisieren Trauerfeier für Dienstagabend

Das Opfer kannten die Türsteher alle. Auch für Reitlinger war der 28-Jährige ein bekanntes Gesicht, ein Stammgast im Club. "Er war immer gern gesehen bei uns. War kaum von der Tanzfläche wegzubekommen und immer nüchtern", berichtet einer der Mitarbeiter und drückt seine Zigarette in den immer voller werdenden Aschenbecher vor ihm aus. Das bestätigen auch Freunde des Opfers, die mit dem 28-Jährigen am Wochenende im Studio gefeiert hatten. Wie Hanna Geiger: "Er hat sich mit jedem verstanden, den er getroffen hat", sagt die junge Würzburgerin. 

In der Würzburger Clubszene sei der 28-Jährige bekannt gewesen, habe immer gute Laune verbreitet und viele Freunde gehabt. "Er hatte nie Probleme mit irgendwem, sondern war immer die Person, die Streit geschlichtet hat", sagt Hanna Geiger. Sie selbst sei in der Tatnacht früher nach Hause gefahren. "Wir sind gegen drei Uhr ins Taxi gestiegen." Von der Tat habe sie erst Stunden später erfahren.

'In Gedanken immer bei dir', steht mit Edding auf dem Bordstein am Kreisverkehr vor Stift Haug geschrieben. Daneben haben Trauernde zahlreiche weitere Botschaften hinterlassen.
Foto: Silvia Gralla | "In Gedanken immer bei dir", steht mit Edding auf dem Bordstein am Kreisverkehr vor Stift Haug geschrieben. Daneben haben Trauernde zahlreiche weitere Botschaften hinterlassen.

Für diesen Dienstagabend haben Geiger und enge Freunde des Opfers eine Trauerfeier geplant. "Wir wollen, dass alle die Möglichkeit haben, sich von ihm zu verabschieden, egal wie gut sie ihn kannten", sagt Geiger. Um 19 Uhr könnten alle Trauernden zu dem Kreisverkehr am Haugerkirchplatz kommen, Blumen niederlegen und Abschied von dem 28-Jährigen nehmen. Auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigt Georg Wagenbrenner, Sprecher der Stadt Würzburg, dass die Veranstaltung angemeldet wurde.

 
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  • Fabian König
    Es ist wirklich schlimm. Mein tiefes Beileid den Angehörigen! Wenn es überhaupt einen Trost für so einen furchtbaren Tod in noch so jungen Jahren geben kann, dann vielleicht der, dass er sein Leben gab, um einen anderen Menschen zu retten bzw zu helfen. Das ist das größte und edelmütigste Opfer, das ein Mensch nur geben kann!

    Wenn die Zeit gekommen und der Tathergang genau aufgeklärt ist, wäre es angebracht zu überlegen, an dieser Stelle am Kreisverkehr eine Gedenkstele o. ä. zu errichten und/oder diesen bzw. den Platz nach dem Opfer zu benennen - nicht weil er Opfer geworden ist, sondern weil er selbstlos für jemand Anderen eingeschritten ist und dort Mut und Zivilcourage gezeigt hat, wo Andere wegsehen.

    Meine besten Genesungswünsche auch an die beiden schwerverletzten weiteren Opfer und all diejenigen, die durch die Tat traumatisiert wurden! Hoffentlich kommen sie bald über den Berg.
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